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Zum 80. GeburtstagNeuer Film mit der Schauspiellegende Senta Berger erscheint

6 min
Senta Berger Grimme Preis

Schauspielerin Senta Berger freut sich über den Grimme-Preis.

Köln – Jetzt muss sie wieder überall lesen, sie sei die „Grande Dame“ des deutschen Films. Genau das aber wollte Senta Berger nie sein. „Grauenhaft“ fand sie diesen Begriff immer: „Das ist doch so etwas von daneben“. Und auch gegen ein anderes Etikett wehrte sie sich stets vehement: „Eine Diva bin ich nicht, das ist so furchtbar langweilig.“ Bei einer Diva witterte sie stets viel Einsamkeit – und „das ist nicht die Idee, die ich von meinem Leben habe“. Nein, Senta Berger ist sicher ein Filmstar. Einer der größten, die es in Deutschland gibt. Aber die Exzentrik ist nicht ihr Charakteristikum. Sondern die Herzenswärme.

Gegen die „Grande Dame“ und die „Diva“ kann sie Einspruch erheben. Gegen eins aber kann sie sich nicht wehren: Den Lauf der Dinge. An diesem Donnerstag wird Senta Berger 80 Jahre alt. Die Filmfestspiele, die ihr das deutsche Fernsehen dazu ausrichtet, sind auf 3sat, Arte und in deren Mediatheken schon in vollem Gange. Heute gibt's im ZDF mit „An seiner Seite“ eine Erstausstrahlung.

Kein Empfang mehr von Journalisten

Vor zehn Jahren machte sie noch Dinge, die sie heute nur noch in seltenen Ausnahmefällen tut: Sie empfing Journalisten gelegentlich in der Traumvilla, die sie mit ihrem Mann, dem Regisseur, Produzenten und Arzt Michael Verhoeven im Münchner Nobel-Vorort Grünwald teilt und in der sie ihre Söhne Simon und Luca aufzog. Ein Anwesen, das bei den heutigen Immobilienpreisen nahezu unbezahlbar wäre. Von dessen Terrasse aus man das Ende des herrlichen Gartens nicht sieht. Das im angenehmen Sinne von Wohlstand erzählt, aber nicht von Prunk und Protz.

Damals, 2011, erzählt sie einmal an der üppig gedeckten Kaffeetafel, wie sie an ihren Vornamen kam, der bei ihrer Geburt ähnlich außergewöhnlich war wie er es heute noch ist: „Zwar hatten sich meine Eltern wohl eher einen Knaben gewünscht, aber dennoch hatte mein Vater für ein Mädchen einen symbolischen Namen, der alles verkörpern sollte, was er an Tugenden bei einer Frau sah. Die Senta in Wagners „Fliegendem Holländer“ ist die weibliche Tugend schlechthin – sie wartet, dass der Holländer nach Hause kommt, ohne Fragen zu stellen und ihm Vorwürfe zu machen.“

Der Vorname komme aus dem Finnischen

Eigentlich aber, so klärt Senta Berger damals auf, komme ihr Vorname aus dem Finnischen und bedeute „Das Mädchen, das in den Krieg zieht“ - „also das Gegenteil von dem, was mein Vater sich gewünscht hat“. Er habe wohl auch nicht bedacht, dass sie sehr unter diesem Namen leiden würde. „Denn in den Nachkriegsjahren gab es einen sehr berühmten Jugendroman von Paul Eipper, der sich hauptsächlich an Jungs richtete: „Die gelbe Dogge Senta“. Das führte dazu, dass hinter meinem Rücken tüchtig gejault und gebellt wurde. Ich musste mich damals ganz schön wehren, aber das konnte ich auch.“

So ist sie, die selbstbewusste, talentierte, wehrhafte, schöne Handwerkertochter aus Wien. Die immer schon wusste, dass sie gut aussieht, es als „angenehme Beigabe“ empfand und spürte, „da kann ich mich drauf verlassen“. Und im selben Atemzug betont: „Aber ich möchte doch für was Anderes auf der Welt sein, ja?“ Mit 15 war sie „vollkommen hingerissen“ von Sophia Loren und „ein bisschen verliebt“ in Marcello Mastroianni. Über ihrem Bett hingen „Bravo“-Fotos von Kirk Douglas, James Dean und Alain Delon - alle drei wurden später ihre Filmpartner.

Mit 20 nach Hollywood

Denn das Mädchen Senta zog zwar nicht in den Krieg, wohl aber nach Hollywood. Gerade mal 20, hatte sie mit der Simmel-Verfilmung „Es muss nicht immer Kaviar sein“ den großen Durchbruch geschafft – bei den Dreharbeiten habe der damalige Superstar O.W. Fischer versucht, sie zu vergewaltigen, sie geschlagen und verletzt, schrieb Senta Berger schon 2006 in einem Buch und erzählte sie kürzlich noch einmal der „Zeit“.Erst in diesem Jahr sorgten die Vorwürfe für Aufsehen.

In Sie flüchtete vor solchen Übergriffen und vor der Vereinnahmung von „Opas Kino“ in die USA, drehte mit Superstars wie Richard Widmark, Kirk Douglas, Charlton Heston, Yul Brunner und John Houston. Und machte auch in Hollywood die Erfahrung, dass man als Schauspielerin vor sexuellen Anmaßungen männlicher Kollegen und Regisseure nicht sicher ist. Senta Berger kehrte Hollywood den Rücken, eroberte sich den französischen und italienischen Film, drehte mit Alain Delon und ihrem einstigen Idol Marcello Mastroianni, der später über sie sagte: „Eine wie sie gibt es nur einmal.“

Sie war kein Star in Deutschland – vorerst

Nur in deutschen Filmen tauchte sie eine halbe Ewigkeit nicht auf. Den Grund dafür verrät sie vor zehn Jahren am Kaffeetisch: „In Deutschland hatte ich mit O.W. Fischer gedreht, der stand für Opas Kino. Und als ich dann mit diesen amerikanischen Opas wie Charlton Heston oder Kirk Douglas drehte, war das für das Feuilleton unannehmbar. (…) Es hat mich nicht besonders beeindruckt, aber es hat dazu geführt, dass ich jahrzehntelang in Deutschland nichts gespielt habe.“ Ende der Sechziger war es so weit.

Villa in Grünwald, Produktionsfirma mit ihrem Mann

Berger bezieht mit ihrem Mann die Villa in Grünwald, baut mit ihm eine Produktionsfirma auf, spielt unter seiner Regie in Filmen wie „Der Graben“ und erobert langsam, aber stetig das deutsche wie das österreichische Publikum zurück. Bei den Salzburger Festspielen ist sie im berühmten „Jedermann“ von 1974 bis 1982 die Buhlschaft - an der Seite von Stars wie Curd Jürgens und Maximilian Schell und so lange wie keine Schauspielerin jemals zuvor oder danach.

Die folgenden Glanzrollen und Auszeichnungen aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Textes sprengen, der kein Wikipedia-Eintrag sein will. Serien und Reihen wie „Kir Royal“, „Die schnelle Gerdi“ und „Unter Verdacht“ sowie der preisgekrönte Film „Frau Böhm sagt Nein“ seien deshalb nur stellvertretend genannt. „Die schnelle Gerdi“ sei ihre Lieblingsrolle gewesen, erzählte sie gerade der „Süddeutschen Zeitung“. „Die war alles, was ich auch hätte sein wollen, können, wenn ich nicht so domestiziert gewesen wäre. Die Gerdi hat ihren Jähzorn ausleben dürfen. Und fluchen.“

Politischer Kopf

Doch Senta Berger ist nicht nur eine große Künstlerin, sondern auch ein durch und durch politischer Kopf und seit Jahrzehnten aktiv. Sie kämpft für die Wahl Willy Brandts zum Bundeskanzler, für das Recht der Frauen auf Abtreibung, für Abrüstung, Umweltschutz und das Asylrecht. Und sie unterstützt bis heute das internationale Kinderhilfswerk „Plan“.Sie hat viele gute, großartige Jahre erlebt. Welches waren die besten?

„Die besten Jahre waren die, in denen die Kinder klein waren und mein Leben sehr konzentriert auf ein Ziel war,“ sagt Senta Berger vor zehn Jahren am Kaffeetisch. „In dieser Zeit ist mir sehr viel Kraft zugewachsen. Was ich privat so eindrücklich empfunden habe, konnte ich in meinem Beruf auch ausdrücken.“ Der Superstar ein Familienmensch - in diesem Jahr feiert sie mit ihrem Mann den 55. Hochzeitstag.

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Ein anderer Mann ist es in ihrem neuen Film „An seiner Seite“, den das ZDF am Montagabend um 20.15 Uhr ausstrahlt. Senta Berger spielt Charlotte, die Ehefrau des berühmten Dirigenten Walter Kler (Peter Simonischeck), die ihren Mann jahrzehntelang selbstlos durch die Welt begleitet und unterstützt hat. Und nun zum Ende seiner Karriere hin mit ihm die Verabredung getroffen hat, dass die beiden sich fortan in München niederlassen und sich mehr um Tochter und Enkelin kümmern. Was so natürlich nicht funktioniert.

Ein ruhig erzählter, sehenswerter Film mit hervorragenden Darstellern. Fast eine Nummer zu klein anlässlich eines solchen Geburtstags. Aber weit entfernt vom Auftritt einer einer „Grande Dame“ oder „Diva“. Das dürfte ihr gefallen.An seiner Seite. ZDF, heute, 10. Mai 2021, 20.15 Uhr.