Kommentar zum KohleausstiegFahrlässig viel Zeit gelassen

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Kohle

Welzow: Die Abraumförderbrücke F60 steht im Tagebau Welzow-Süd. (Symbolbild)

  • Am 26 Januar jährt sich der Beschluss zum Kohleausstieg.
  • Dennoch herrscht in der Bundesrepublik kein Konsens zu der Thematik.
  • Das stellt die Bundeskanzlerin erneut vor schwere Aufgaben. Ein Kommentar.

Wer geglaubt hatte, die Empfehlungen der Kohlekommission vor einem Jahr hätten einen Konsens zum Kohleausstieg herbeigeführt, wird in diesen Tagen eines Besseren belehrt: Ost und West streiten um den Stilllegungs-Zeitplan für ihre Kohle-Kraftwerke, um die milliardenschweren Strukturhilfen des Bundes und neue Bundeseinrichtungen – und alle berufen sich auf den Beschluss der Kommission. Von Einigkeit ist keine Spur.

Wieder einmal muss die Bundeskanzlerin in dieser Woche unter Beweis stellen, dass sie ihre Fähigkeit zur Kompromiss-Findung in harten Konfliktlagen noch nicht verloren hat. Solche Kompromisse werden in der Regel teuer – für die Steuerzahler, für die Stromverbraucher. Allein die 40 Milliarden Euro an Strukturhilfen für die Kohle-Länder, die die Kohlekommission für die Jahre bis 2038 empfohlen hatte und die auch fließen sollen, werden die Steuerzahler rund 200.000 Euro für jeden einzelnen der derzeit noch 20.000 Kohle-Kumpel kosten.

Schwelle für Subvention überschritten

Für Ökonomen ist damit die Schwelle einer gerade noch zu verantwortenden staatlichen Subvention deutlich überschritten. Und der Kohleausstieg ja noch mehr kosten. Hinzu kommen noch hohe Entschädigungen für die Braunkohle-Konzerne, ein Anpassungsgeld für die Kumpel, Kompensationsforderungen anderer Bundesländer. Es rächt sich, dass sich die Bundesregierung viel zu lange Zeit gelassen hat mit den Verhandlungen über die Details des Kohleausstiegs.

Vor allem war es fahrlässig von Wirtschaftsminister Altmaier, die Entschädigungsverhandlungen mit den Konzernen erst spät im vergangenen Jahr zu beginnen. Je länger sich die Verhandlungen hinziehen, desto stärker geriet die Regierung unter Druck, den Forderungen der Unternehmen nachzugeben – und desto teurer wird der Ausstieg für den Steuerzahler. Schließlich wäre es nicht für die Konzerne, sondern für die Bundesregierung ein PR-Fiasko, wenn sie auch nach dem Jahrestag des Kohleausstiegs-Beschlusses am 26. Januar 2019 immer noch nicht liefern könnte. 

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In den Verhandlungen, die in dieser Woche in die entscheidende Phase gehen, sollte der Klimaschutz an oberster Stelle stehen. Denn die schnelle Reduktion des CO2-Ausstoßes ist das gesamtgesellschaftliche Ziel Nummer eins, nicht die Entschädigung der Konzerne und auch nicht die Befriedigung der Länderinteressen. Insofern macht es durchaus Sinn, ein modernes, klimafreundlicheres Gas-Kraftwerk wie Datteln 4 in Nordrhein-Westfalen ans Netz gehen zu lassen, als fünf weniger klimafreundliche Kohle-Kraftwerke noch längere Zeit laufen zu lassen. Den Zorn der Ost-Länder darüber zu besänftigen, ist die Hauptaufgabe Merkels in dieser Woche. 

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