Laut der Gaza-Gesundheitsbehörde sollen erneut viele Menschen von Schüssen nahe einer Verteilungsstelle getötet worden sein. Israels Armee untersuche den Vorfall.
Krieg in Gaza27 Tote bei Beschuss nahe Verteilungszentrum für Hilfsgüter

Erneut soll es nahe eines Verteilungszentrums im südlichen Gazastreifen zu einem israelischen Beschuss gekommen sein. Laut der Gaza-Gesundheitsbehörde sollen 27 Menschen getötet worden sein.
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Israelische Soldaten sollen im Gazastreifen palästinensischen Angaben zufolge erneut viele Menschen in der Nähe eines Verteilungszentrums für humanitäre Hilfe erschossen haben. Mindestens 27 Palästinenser seien nahe der südlichen Stadt Rafah getötet und rund 90 weitere verletzt worden, teilte die von der islamistischen Terrororganisation Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde mit.
Israels Armee bestätigt Schüsse nahe Verteilungszentrum
Israels Armee teilte dazu am Morgen mit, Soldaten hätten rund einen halben Kilometer von der Verteilungsstelle entfernt Verdächtige ausgemacht, die sich ihnen genähert und eine Bedrohung für sie dargestellt hätten. Sie seien von den vorgesehenen Wegen zum Hilfszentrum abgewichen, während sich zugleich eine große Menschenmenge auf den regulären Wegen bewegt habe. Soldaten hätten zunächst Warnschüsse abgegeben. Da die Verdächtigen aber nicht zurückgewichen seien, hätten die Einsatzkräfte zusätzlich auf einzelne Verdächtige geschossen.

Die neu gegründete Gaza Humanitarian Foundation, eine von Israel anerkannte und von den USA unterstütze Stiftung, verteilt die Lebensmittel und humanitären Hilfspakete an vier Zentren.
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Der israelischen Armee seien Berichte über Opfer bekannt, hieß es weiter. Die Einzelheiten des Vorfalls würden untersucht. Die Armee hindere Zivilisten nicht daran, die Verteilungszentren zu erreichen, betonte die Armee.
Nach Beschuss am Sonntag: UN fordert unabhängige Untersuchung
Am Sonntag waren bei demselben Verteilzentrum ebenfalls Schüsse abgegeben worden. Nach Angaben des Zivilschutzes wurden dabei 31 Menschen getötet und 176 weitere verletzt. Die israelische Armee wies die Vorwürfe zurück. UN-Generalsekretär António Guterres forderte eine unabhängige Untersuchung des Vorfalls und erklärte, es sei „nicht hinnehmbar, dass Palästinenser für Lebensmittel ihr Leben riskieren“.
Auch der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, forderte in Genf eine prompte und unparteiische Untersuchung der Zwischenfälle. „Angriffe, die auf Zivilisten zielen, sind ein schwerer Verstoß gegen das internationale Recht und ein Kriegsverbrechen“, teilte Türk mit.
Die Vereinten Nationen werfen Israel vor, die humanitäre Hilfe zu behindern. Sie lehnen den Einsatz der umstrittenen neuen Stiftung GHF ab. Türk sprach von „Israels militarisiertem humanitärem Hilfsmechanismus“, der Menschenleben gefährde. Die Stiftung antwortet nicht auf Fragen, wer sie finanziert und woher das Geld für die Nahrungsmittelpakete stammt. Die wenigen GHF-Verteilzentren werden von bewaffneten Sicherheitskräften bewacht. Bedürftige sind gezwungen, kilometerweit zu laufen, um sie zu erreichen.
Neue Stiftung meldet keine Zwischenfälle direkt an Verteilstellen
Die Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF), die über die Zentren Mahlzeiten verteilt, sagte, die Hilfsverteilung in Rafah selbst sei „sicher und ohne Zwischenfälle“ verlaufen. Ihr sei bekannt, dass Israels Armee untersuche, ob Menschen verletzt worden seien, die den ausgewiesenen Sicherheitskorridor verlassen und ein militärisches Sperrgebiet betreten hätten. „Dies war ein Gebiet weit außerhalb unserer sicheren Verteilungsstelle und unseres Einsatzgebietes“, hieß es in einer Mitteilung.
Die Angaben lassen sich derzeit allesamt nicht unabhängig überprüfen.
Ein in sozialen und palästinensischen Medien verbreitetes Video soll die Leichen mehrerer junger Männer sowie Verletzte in einer Klinik zeigen. Die Echtheit der Aufnahmen konnte zunächst nicht verifiziert werden. (dpa, afp)