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Experte im InterviewDie Bundeswehr bekommt ein Kommando für den Weltraum

Lesezeit 3 Minuten

Ein Teleskop der Luftwaffe auf dem Uedemer Paulsberg: Hier ist das neue Weltraumkommando der Bundeswehr angesiedelt. 

  1. Die Bundeswehr bekommt an diesem Dienstag ein Weltraumkommando. Soll sie künftig Krieg im All führen können?
  2. Thomas Ludwig hat beim Präsidenten der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Ekkehard Brose, nachgefragt.

Herr Brose, warum braucht die Bundeswehr ein Weltraumkommando?

Beim Weltraum denken viele an den ersten Raumflug Juri Gagarins oder Neil Armstrongs ersten Schritt auf dem Mond. Das geht auch mir so. Doch seit den 60er-Jahren ist im Weltraum viel geschehen. Für Deutschland ist es wichtig, ein Bewusstsein seiner hohen Abhängigkeit von einem „funktionierenden“ Weltraum und die damit einhergehende Verwundbarkeit zu entwickeln.

Zur Person

Ekkehard Brose (63) ist seit 2019 Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) in Berlin. Sie ist

auf ihrem Gebiet die zentrale Weiterbildungsstätte der Bundesregierung für Spitzenbeamte und Führungskräfte. (thl)

Was meinen Sie mit Verwundbarkeit genau?

Vor allem Satelliten haben sich zu unverzichtbaren Begleitern in der globalisierten Welt entwickelt. Die schnelle Banküberweisung oder das Navigationsgerät im Auto wären ohne sie nicht möglich. Auch für das Militär sind Satelliten enorm wichtig, um sich zu orientieren, Informationen zu übermitteln oder Truppenbewegungen zu beobachten. Es ist eng geworden dort oben. Insgesamt kreisen heute über 3300 Satelliten um die Erde – und es werden stetig mehr. Hinzu kommen hunderttausende Teile Weltraumschrott. Aber nicht nur das erhöhte Verkehrsaufkommen im Orbit bedroht unsere Satelliten.

Welche Risiken gibt es noch?

Rivalisierende Staaten betrachten den Weltraum zunehmend als mögliches Feld zukünftiger Auseinandersetzungen. Deshalb besteht auch für Deutschland eine ernste Notwendigkeit, ein aktuelles Lagebild im Weltraum zu gewinnen. Seit 2009 geschieht das im Weltraumlagezentrum in Uedem. Mit dem Weltraumkommando geht die Bundeswehr nun einen Schritt weiter. Die Nato hat bereits 2019 den Weltraum als eigene operative Dimension neben Land, Luft, See und dem Cyberraum benannt. Es geht zum Beispiel darum, Satelliten zu schützen, welche für die Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses wichtig sind. Auch die Bundeswehr braucht diese Fähigkeit zum eigenen Agieren und zur Zusammenarbeit mit unseren Verbündeten im Weltraum.

Haben Sie ein Beispiel?

Stellen Sie sich vor, einem wichtigen Satelliten für sichere Kommunikationskanäle nähert sich plötzlich ein unbekannter Satellit im Orbit an. Ist das Absicht? Woher stammt er? Welche Ausweichmanöver braucht es, um eine Kollision zu vermeiden? Solche Fragen müssen schnell und international abgestimmt beantwortet werden.

Ist das Kommando vergleichbar mit der Raumfahrtabteilung der US-Streitkräfte, der United States Space Force?

Eine eigene Truppe innerhalb der Bundeswehr ist nicht geplant. Verantwortlich für den Weltraum bleibt hier die Luftwaffe – natürlich im Zusammenspiel mit anderen Teilen der Bundeswehr, insbesondere den Kräften für den Cyber- und Informationsraum. Mit der Einrichtung einer Operationszentrale für Luft- und Weltraum wird die Führungsfähigkeit entscheidend gestärkt. Wie der Tower auf jedem zivilen Flughafen den Überblick behalten und jedes an- und abfliegende Flugzeug instruieren muss, kommt auch im militärischen Bereich einem detaillierten Lagebild, sicherer Kommunikation und koordinierter Führung entscheidende Bedeutung zu. Für die Bundeswehr ist das also ein bedeutsamer Schritt.

Es heißt, die Nato, Russland und China rüsteten den Weltraum auf. Wie ist der Stand?

Russland und China entwickeln nach westlichen Erkenntnissen militärische Fähigkeiten, die gegen Satelliten eingesetzt werden können. China hat bereits 2007 eine Anti-Satellitenrakete getestet. Russland entwickelt und testet ebenfalls eine Anti-Satellitenrakete und experimentiert außerdem mit hochmanövrierfähigen Satelliten, die auch gegen fremde Satelliten eingesetzt werden könnten. Zentrales Anliegen der Nato ist es, ein kritisches Bewusstsein der Mitgliedsstaaten zur Sicherheitslage im Weltraum zu fördern. Auch die EU beschäftigt sich mit Bedrohungen aus dem Weltraum und bezieht diese in die laufenden Arbeiten an ihrem Strategischen Kompass ein.