Freie Träger im Nachteil?Streit um die Kita-Reform in NRW

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Düsseldorf – Wohlfahrtsverbände, Kirchen und Elterninitiativen fordern in den laufenden Nachverhandlungen über die Kita-Reform in NRW entscheidende Verbesserungen. „Die Verhandlungen sind schwierig, weil schon der Anfang völlig verkorkst war“, sagte Helga Siemens-Weibring, Beauftragte für Sozialpolitik beim Diakonischen Werk Rheinland-Westfalen-Lippe unserer Redaktion. Eine auskömmliche Finanzierung der Kitas sei mit den von der Landesregierung vorgestellten Eckpunkten so nicht möglich. Der Dachverband der Freien Wohlfahrtspflege NRW sieht die geplante Reform des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) ebenfalls kritisch: „Wir bezweifeln, dass damit – wie behauptet – die Auskömmlichkeit der Finanzierung sichergestellt ist.“ In NRW sind rund 75 Prozent aller Kitas in den Händen freier Träger wie etwa der Awo, Diakonie, Kirchen oder Elterninitiativen.
1,3 Milliarden Euro zusätzlich für Kitas
NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP) hatte Anfang Januar die Eckpunkte der geplanten Kita-Reform vorgestellt. Demzufolge sollen den Kitas ab 2020/21 jährlich rund 1,3 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung stehen. Die für die Kinderbetreuung aufgewendete Gesamtsumme im Land liegt damit künftig bei 6,8 Milliarden Euro jährlich. Gleichzeitig soll ein zweites Kita-Jahr für die Eltern beitragsfrei sein. Möglich wird die zusätzliche Finanzspritze des Landes auch durch das Gute-Kita-Gesetz des Bundes, der im kommenden Jahr allein 430 Millionen Euro beisteuert. Von Land und Kommunen kommen 870 Millionen Euro, etwa die Hälfte davon von den Städten und Gemeinden.
Eigenanteil der Kommunen sinkt
Die Kritik der freien Träger entzündet sich insbesondere daran, dass der Eigenanteil der Kommunen an der Finanzierung der städtischen Kitas deutlich abgesenkt wird – von über 19 Prozent auf gut zwölf Prozent. Der Eigenanteil der Kirchen zur Finanzierung ihrer Kitas geht hingegen nur von zwölf auf gut zehn Prozent zurück, bei den freien Trägern von neun auf acht Prozent und bei den Elternverbänden sogar nur von vier auf 3,6 Prozent. Weil sich damit die Unterschiede zwischen den Trägeranteilen anglichen, sinke für die Kommunen nun der Anreiz, künftig noch viele Kitas in freier Trägerschaft zu haben, lautet die Befürchtung der freien Träger. „Es stellt sich die Frage: Lohnt es sich für die Kommunen überhaupt noch, freie Kita-Träger zu haben oder sagen sie künftig: Dann kann ich diese Kitas gleich selbst führen“, sagte Siemens-Weibring.
Streitpunkt Qualität
Antonius Hamers vom Katholischen Büro in NRW fordert daher, dass das neue Kita-Gesetz eine Klausel enthält, damit nach einer gewissen Zeit überprüft wird, ob die Vielfalt der Träger weiter gegeben ist und ob die Finanzierung ausreicht. Daran hat auch die SPD-Opposition im Landtag ihre Zweifel: „Wenn es in den Nachverhandlungen nicht zu Verbesserungen zugunsten der freien Träger kommt, liegt es in der Hand der Kommunen, wie viele freie Kita-Träger es künftig noch gibt“, sagte der familienpolitische Sprecher Dennis Maelzer.
Ein weiterer Streitpunkt in den Verhandlungen ist die Frage der Qualität in den Kitas, etwa im Hinblick auf Leitungsfreistellungen, Weiterbildung und flexiblere Randzeiten.