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Folter und grausame „Bestrafungen“Erstmals Details über Hamas-Geiselhaft von 27-jährigem Israeli veröffentlicht

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Die israelische Geisel Andrey Kozlov nach seiner Befreiung aus dem Gazastreifen im Sheba Tel-HaShomer Medical Centre. Nach Angaben seiner Familie war der 27-Jährige Folter und grausamen Strafen ausgesetzt.

Die israelische Geisel Andrey Kozlov nach seiner Befreiung aus dem Gazastreifen im Sheba Tel-HaShomer Medical Centre. Nach Angaben seiner Familie war der 27-Jährige Folter und grausamen Strafen ausgesetzt. 

Die Eltern von Andrey Kozlov schildern schreckliche Details aus der Gefangenschaft ihres Sohnes, der 246 Tage in Geiselhaft verbrachte.

Nach seiner Befreiung aus dem Gazastreifen sind Details über Andrey Kozlovs Zeit dort bekanntgeworden. Der 27-Jährige sei während seiner Geiselhaft zwei Monate lang gefesselt gewesen, sagte seine Mutter in einem Interview des israelischen Kan-Senders am Mittwoch. Zuvor hatte bereits die 26-jährige Noa Argamani Details über ihre monatelange Gefangenschaft im Gazastreifen geschildert.

Am Samstag (9. Juni) waren Kozlov, Aragamani und zwei weitere Geiseln in einem dramatischen Militäreinsatz befreit worden. Laut Armee kam es dabei zu heftigen Gefechten mit bewaffneten Palästinensern. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden 274 Palästinenser getötet. Unabhängig überprüfen lässt sich diese Angabe nicht.

Israelische Hamas-Geisel war zwei Monate lang gefesselt

Kozlovs Mutter berichtete nun, ihm seien zunächst die Hände hinter seinem Rücken gefesselt worden. Als er schließlich mit den Händen vor seinem Oberkörper geknebelt worden sei, sei ihm dies wie ein Geschenk vorgekommen. Der aus Russland stammende Mann war am 7. Oktober vom Nova-Musikfestival entführt worden. Dort war er israelischen Medien zufolge als Sicherheitsmitarbeiter tätig.

Die Eltern des Mannes sprachen in dem Interview auch von Folter und Bestrafungen ihres Sohnes. Er sei etwa an sehr heißen Tagen mit vielen Decken zugedeckt worden. Besonders einen Wächter habe er als grausam beschrieben.

Der israelischen Nachrichtenseite „ynet“ sagte die Mutter Kozlovs weiter, ihr Sohn habe ihr gesagt, dass er und seine beiden Mitgefangenen Dinge erlebt hätten, die er ihr nicht alle erzählen werde. Alles, was er aus seiner Geiselhaft preisgebe, berichtet er demnach aus Mitleid mit seinen Eltern mit Humor.

Monatelange Hamas-Geiselhaft: Folter, Bestrafungen und grausame Wächter

Sein Vater sagte dem Bericht zufolge, dass sein Sohn bei seiner Rettung zunächst gefürchtet habe, dass die israelischen Spezialkräfte die Geiseln töten würden. Mehrere Medien berichteten unter Berufung auf Kozlovs Eltern, den Männern sei eingeredet worden, dass Israel den Tod der Geiseln wolle.

Die israelischen Geiseln Andrey Kozlov (weißes T-Shirt) und Almog Meir Jan (schwarzes Shirt) bei ihrer Ankunft in Israel nach ihrer Befreiung aus dem Gazastreifen.

Die israelischen Geiseln Andrey Kozlov (weißes T-Shirt) und Almog Meir Jan (schwarzes Shirt) bei ihrer Ankunft in Israel nach ihrer Befreiung aus dem Gazastreifen.

„Ihm wurde gesagt, dass Israel ihn töten will. Er verstand nicht, warum die IDF gekommen war. Er hatte Angst, dass die IDF gekommen waren, um ihn zu töten. Es dauerte eine Weile, bis ihm klar wurde, dass sie gekommen waren, um ihn zu retten“, erklärte Mikhail Kozlov gegenüber dem US-Sender CNN.

Dem 27-Jährigen habe es seinen Eltern zufolge sehr geholfen, mit zwei weiteren Geiseln zusammen gewesen zu sein. Die beiden Männer wurden ebenfalls am Samstag befreit. Zeitgleich wurde auch Noa Argamani aus einem Gebäude in der Nähe gerettet.

Vater schildert Wiedersehen mit Sohn: „Er kniete nieder und brach in Tränen aus“

Kozlovs Freundin berichtete dem israelischen Sender Channel 12, die drei Männer seien über den Zeitraum in vier verschiedenen Wohnungen gefangen gehalten worden. Im Oktober und November vergangenen Jahres hätten sie kaum zu essen gehabt. Kozlov habe einmal in der Woche duschen dürfen. Die drei Geiseln waren nach Angaben der Frau schweren psychischen Misshandlungen ausgesetzt.

Das Wiedersehen mit seinem Sohn beschrieb Mikhail Kozlov unterdessen als sehr emotional. „Das erste Treffen war sehr berührend … Wir hatten ein lebhaftes Treffen und Freude erwartet, aber stattdessen kniete er nieder und brach in Tränen aus. Das hat uns sehr bewegt.“ Dmitry Kozlov Bruder schilderte die Gefühlswelt seines Bruders nach der Rettung aus dem Gazastreifen. „Er sagt, er verstehe nicht, was er getan habe, um diese Großzügigkeit ihm gegenüber zu verdienen, denn er habe nichts getan.“

Die vier befreiten Geiseln befänden sich alle in einem gesundheitlich schlechten Zustand, erklärte derweil der israelische Arzt Dr. Itai Pessach dem US-Sender. „Es gab Zeiten, in denen sie fast überhaupt nichts zu essen bekamen“, so der Mediziner. „Alles in allem hat die Kombination aus psychischem Stress, Unterernährung, medizinischer Vernachlässigung, räumlicher Einschränkung, fehlender Sonne und all den anderen Dingen erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit.“ (mit dpa)