Kommentar zum KoalitionsvertragWie lange hält die Einigkeit der Ampel-Partner?

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Der  Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien wurde vorgestellt. 

Es war der Tag der staatsmännischen Versprechen. Zur Geburtsstunde der Ampel-Koalition ging es am Mittwoch bei der Vorstellung des Programms wortreich um Verantwortung in der Krise, die Vereinbarkeit von Wohlstand und Klimaschutz, die Überwindung von Gegensätzen und um Zeichen der Zuversicht. Gekrönt von der an Willy Brandt erinnernden Überschrift „Mehr Fortschritt wagen“. Soweit die Prosa, die zur Beschwörung des Gemeinsamkeit gehört. Aber was steckt dahinter?

Einen Pluspunkt schreiben sich die Ampel-Partner zu Recht selbst zu. Sie haben es geschafft, ein gemeinsames Verständnis vom Regierungsauftrag zu entwickeln und den Willen, Deutschland zu modernisieren, allem vorangestellt. Unter dieser Prämisse verliefen die Verhandlungen ungewöhnlich diskret, es sickerte kaum etwas durch, und es ging, zumindest nach außen, unaufgeregt um die Sache. Eine Atmosphäre von Respekt und Vertrauen umweht das Bündnis – keine Selbstverständlichkeit im Politikbetrieb.

Die kaschierten Sollbruchstellen

Aber wie weit wird das reichen? Manches in dem Koalitionsvertrag wirkt so, als seien die Sollbruchstellen nur kaschiert. Stichwort: Schuldenbremse. Die gegensätzlichen Auffassungen zur Staatsverschuldung schienen von Anfang an unüberwindbar, jetzt ist der Konflikt auf ein Nebengleis geschoben. Der Haushalt bleibt zwar ausgeglichen, dafür sollen bundeseigene Gesellschaften wie die hochverschuldete Bahn Kredite aufnehmen. Diese Art der Umweg-Finanzierung wahrt die harmonische Fassade, wirkt aber weder seriös noch ehrlich.

Wohl auch um den Preis der Einigkeit blieben andere Punkte unkonkret. Das Rentenniveau sei gesichert, so das Ampel-Versprechen, doch weiter als bis zum Ende der Legislaturperiode hat Rot-Grün-Gelb nicht gerechnet. Eine langfristige Perspektive? Fehlanzeige. Erwartungsgemäß zurückhaltend sind die Ankündigungen zur Steuerpolitik, in denen sehr allgemein von Subventionsabbau die Rede ist.

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So steht über dem fundamental wichtigen Thema Klimaschutz weiterhin das große Fragezeichen der Finanzierung. Es klingt zwar gut, wenn im Vertrag dafür zusätzliche Mittel „in einem nie dagewesenen Umfang“ in Aussicht gestellt werden. Aber woher? Was, wenn die Wirtschaft nicht so anzieht, dass man – wie Christian Lindner sagt – „privates Kapital entfesseln kann“? Ambitioniert auch das Ziel, bis 2030 den Anteil an erneuerbaren Energien auf 80 Prozent zu verdoppeln, obwohl die dafür dringend benötigten Stromtrassen erst noch gebaut werden müssen.

Diese Lücken im Programm werden sich nicht von alleine schließen. Und das traute Miteinander könnten dann auch sehr schnell in zersetzenden Konflikten enden.

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