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Altkanzlerin sorgt für JubelMerkel hebt sich von Merz ab und verrät Rat von Papst Franzikus

Lesezeit 4 Minuten
Altkanzlerin Angela Merkel steht bei ihrem Besuch des 39. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Hannover auf der Bühne.

Altkanzlerin Angela Merkel steht bei ihrem Besuch des 39. Deutschen Evangelischen Kirchentages in Hannover auf der Bühne.

Angela Merkel war beim evangelischen Kirchentag in Hannover zu Gast. Die Altkanzlerin sprach über Merz, Migration und ihr Gottvertrauen.

Altkanzlerin Angela Merkel steht gut zehn Jahre nach der Flüchtlingsbewegung von 2015 weiter zu ihrem Satz „Wir schaffen das“. Der Satz sei ihr oft um die Ohren gehauen worden, sagte die CDU-Politikerin beim evangelischen Kirchentag in Hannover. Bei dem Protestantentreffen bekam sie für ihre Haltung in der Migrationspolitik hingegen großen Applaus.

Insbesondere als Merkel ihr berühmtes Zitat „Wir schaffen das“ wiederholte, brandete im Publikum Jubel auf. Die ehemalige SPD-Politikerin Lilly Blaudszun, jüngstes Mitglied im Präsidium des Kirchentags, zeigte sich ebenfalls erfreut. „Komplett Gänsehaut“ kommentierte sie die Szene auf der Plattform X. 

In der kommenden Woche will eine von Friedrich Merz (CDU) geführte neue Bundesregierung deutliche Verschärfungen zur Begrenzung der Migration nach Deutschland umsetzen.

Angela Merkel: „Ich habe damals nicht gesagt, ich schaffe das“

„Ich habe damals nicht gesagt, ich schaffe das“, betonte Merkel. „Das war mein Vertrauen darin, dass es viele Menschen in Deutschland gibt, die in einer solchen Notsituation helfen. Und die gab es, und darauf können wir stolz sein. Lassen wir uns das nicht nehmen.“

Sie habe auch gewusst, dass man nicht jeden Tag 10.000 neue Menschen aufnehmen könne, und man müsse bis heute besser werden darin, dass die, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben, das Land wieder verlassen. „Aber die, die bei uns vor der Tür standen sozusagen, an der Grenze, die haben wir eben nicht abgewiesen, sondern aufgenommen.“

Neue Bundesregierung will illegale Einreisen verhindern

Mit ihren Äußerungen hebt sich Merkel vom Migrationskurs ihres designierten Nachfolgers Merz ab. Der CDU-Chef hat angekündigt, von Tag eins der neuen Bundesregierung würden die Staatsgrenzen noch besser kontrolliert und Zurückweisungen in größerem Umfang durchgeführt werden. Auch in der EU werde man einen sehr viel restriktiveren Kurs unterstützen.

„Jeder, der illegal nach Deutschland einzureisen versucht, muss vom 6. Mai an damit rechnen, dass an der deutschen Grenze Schluss ist“, sagte der designierte Kanzleramtsminister Thorsten Frei den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Merkel wünscht Friedrich Merz „viel Fortune und auch viel Kraft“

In einem Interview mit dem TV-Sender Phoenix äußerte sich Merkel am Rande des Kirchentags dann noch einmal zu Merz und wünschte ihrem Parteikollegen „viel Fortune und auch viel Kraft und gute Mitstreiter“. Die Altkanzlerin ging im Interview auch auf grundsätzliche Fragen ein. Zum Umgang mit der AfD sagte Merkel etwa, es helfe nicht, „die Rhetorik der AfD zu übernehmen“.

Das Credo der CDU sei immer „Maß und Mitte“ gewesen, erklärte die Altkanzlerin weiter. Diesem eigenen Kompass müsse man weiterhin folgen, erklärte Merkel und benannte drei Wurzeln, die für die CDU stets maßgeblich gewesen seien: „Liberal, christlich-sozial, konservativ.“

Angela Merkel wünscht sich „Maß und Mitte“ bei der CDU

Die Partei sei dann am stärksten, „wenn alle drei Wurzeln sich gut repräsentiert fühlen“, erklärte Merkel. Die Christdemokraten müssten sich möglichst breit aufstellen, denn „die CDU will immer ein Angebot für alle Menschen im Land sein“, forderte die Altkanzlerin.

Merkel hat sich in Hannover auch zu religiösen Fragen und dem Tod von Papst Franziskus geäußert. Insbesondere im Umgang mit Krisen habe ihr „ein gewisses Gottvertrauen“ auch als Kanzlerin geholfen, erklärte die 70-Jährige.

01.05.2025, Niedersachsen, Hannover: Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht auf dem 39. Deutschen Evangelischen Kirchentag, der vom 30.04. bis 04.05.2025 in Hannover stattfindet. Foto: Moritz Frankenberg/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht auf dem 39. Deutschen Evangelischen Kirchentag.

Ein Vertrauen in Gott und die Menschen hätten ihr ihre Eltern mitgegeben, so Merkel. „Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich dieses Gemüt beibehalten konnte.“ Merkels Vater war evangelischer Pfarrer in der DDR. Der evangelische Kirchentag hatte die frühere Kanzlerin zur Bibelarbeit eingeladen.

Wie Papst Franziskus Angela Merkel „total inspiriert“ hat

In einer dieser Krisensituationen habe Papst Franziskus „total inspiriert“, offenbarte die Kanzlerin mit Blick auf das verstorbene Oberhaupt der Katholischen Kirche. Sie Franziskus kurz vor dem G20-Gipfel im Jahr 2017 besucht, nachdem der damals frisch gewählte US-Präsident Donald Trump angekündigt hatte, aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aussteigen zu wollen, erinnerte sich Merkel am Donnerstag.

Damals habe sie den Pontifex gefragt, was man machen solle, wenn 19 Staaten wollten, einer aber nicht. „Er hat dann ganz spontan zu mir gesagt: biegen, biegen, aber aufhören, bevor es bricht.“ Den Rat habe sie sich zu Herzen genommen, erklärte Merkel nun und blickte selbstkritisch auf ihre eigene Klimapolitik zurück.

Altkanzlerin blickt selbstkritisch auf eigene Klimapolitik zurück

Tatsache bleibe, dass die Welt trotz aller Mühen dieser Menschheitsaufgabe bis heute nicht gerecht werde, sagte die Altkanzlerin. Die Frage, „ob wir genug tun“, um Entscheidungen für das eigene Überleben rechtzeitig zu treffen, bleibe leider unbeantwortet, führte Merkel aus.

„Sind wir dazu willens und in der Lage?“, fragte die CDU-Politikerin. Bis jetzt sei der Beweis dafür noch nicht erbracht, das laste schwer auf ihr. „Es bedarf noch größeren Mutes, noch mehr Stärke, noch mehr Beherztheit von jedem von uns, um wirklich der Bewahrung der Schöpfung und des Überlebens der Menschheit gerecht zu werden.“ (das/dpa/kna)