Stolz präsentiert Moskaus Staats-TV eine Doku über eine Drohnenfabrik, in der auch Schüler für den täglichen Terror zum Einsatz kommen.
Schüler basteln für Putins TerrorRussland prahlt mit „weltgrößter“ Drohnenfabrik – und schießt ein Eigentor

Arbeiter transportieren „Shahed“-Drohnen in der Fabrik in Jelabuga. Russland prahlt in einer Dokumentation mit seiner Produktionsstätte für Kampfdrohnen.
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Die Einblicke sind so selten wie erschreckend: Das russische Staatsfernsehen hat mit einem Dokumentarfilm über die Massenproduktion von Angriffsdrohnen mit den Fähigkeiten von Moskaus Rüstungsindustrie geprahlt. Bei der Fabrik in der Nähe von Jelabuga in der russischen Teilrepublik Tatarstan handele es sich um die „weltgrößte Fabrik zur Herstellung unbemannter Kampfflugzeuge – und um die geheimste“, sagte Fabrikdirektor Timur Schagiwalejew, der von den USA mit Sanktionen belegt ist, in der am Sonntag im Sender Swesda ausgestrahlten Dokumentation.
Zu sehen ist dort eine große Fabrikhalle mit unterschiedlichen Produktionsstationen. Arbeiter mit verpixelten Gesichtern werden beim Zusammenbau der dreieckigen schwarzen Drohnen gezeigt, mit denen Russland nahezu jede Nacht für Terror in der Ukraine sorgt. „Hunderte Maschinen, tausende Arbeiter und wohin man auch schaut, junge Menschen. Jungen und Mädchen arbeiten hier und studieren außerdem an einer Hochschule“, heißt es in dem 40-minütigen Film.
Schüler kommen für russische Drohnenproduktion zum Einsatz
Wie das russische Oppositionsmedium „Meduza“ berichtete, handelte es sich dabei um Schüler der polytechnischen Hochschule in Jelabuga, auch Jugendliche kämen in der Drohnenfabrik zum Einsatz, heißt es dort weiter. Wer die neunte Klasse absolviert habe, könne in der Fabrik zum Einsatz kommen, erklärte „Meduza“. Verdienen können die Jugendlichen den Recherchen zufolge dabei zwischen 330 und 440 Euro.
„Tausende Drohnen“ würden mithilfe der Schulkinder in Jelabuga hergestellt, heißt es in der Dokumentation weiter. „Sie laden Schulkinder nach der 9. Klasse hierher ein, und nach der Schule rufen sie sie in die Fabrik“, erklärt der Sprecher des Films.
Russland überzieht Ukrainer nahezu jede Nacht mit Drohnen-Terror
Gleichzeitig versuchen die Behörden in Tatarstan offenbar auch die Gesetze entsprechend anzupassen: In Zukunft sollen auch Schüler ab 14 Jahren an einem „Beschäftigungsförderprogramm“ teilnehmen dürfen, das bisher laut russischem Arbeitsgesetz den Einsatz von Jugendlichen in „schädlichen und gefährlichen Branchen“ erst ab 16 Jahren erlaubt.
Der Zweck der in Jelabuga produzierten „Geran“-Drohnen, die eine russische Weiterentwicklung iranischer „Shahed“-Kampfdrohnen sind, ist unterdessen klar. Nahezu in jeder Nacht überzieht Russland die Ukraine mit massiven Luftangriffen, bei denen hunderte der schwarzen Kamikaze-Drohnen auch gegen zivile Ziele wie Wohnhäuser oder Schulen zum Einsatz kommen. Das Ziel scheint offensichtlich: Tod und Terror in der Ukraine zu verbreiten.
Russische Drohnen attackieren Luftschutzbunker in der Ukraine
Zuletzt unterstrich Moskau diese Motivation erneut eindrucksvoll – und attackierte den Eingangsbereich der U-Bahn-Station Lukianivska in Kyjiw mit Drohen und Raketen. Die U-Bahn-Station dient den Bewohnern der ukrainischen Hauptstadt bei Luftalarm als Schutzraum – auch derartige Ziele nimmt Russland nun offenbar bewusst unter Beschuss. Aufnahmen aus dem provisorischen Luftschutzbunker zeigten Rauch in der Station, in der nach der Attacke eine gespenstische Stimmung herrschte.

Auf diesem vom ukrainischen Rettungsdienst zur Verfügung gestellten Handout brennt ein Wohnhaus nach einem russischen Luftangriff.
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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Russland unterdessen nach dem jüngsten Drohnenangriff einen „Angriff auf die Menschlichkeit“ vor. „Es ist wie die Hölle auf Erden. Tagsüber ist es okay. Wenn die Nacht beginnt, ist es immer richtig hart“, zitierte der britische „Guardian“ einen Anwohner nahe der U-Bahn-Station. „Wenn jetzt der Rauch in den Untergrund vordringen kann, wo sollen wir uns dann verstecken?“
Schrecken in Kyjiw: „Wenn die Nacht beginnt, ist es richtig hart“
Die Militärverwaltung in Kyjiw teilte derweil mit, neben dem Eingangsbereich des Schutzraumes seien auch Geschäfte und ein Kindergarten von russischen Drohnen getroffen worden. Die ständigen Angriffe auf die Zivilbevölkerung sorgen immer wieder für Empörung – und dürften ein Grund für den Kurswechsel sein, den US-Präsident Donald Trump im Umgang mit Kremlchef Wladimir Putin vollzieht.
Russland scheint die internationale Kritik an dem täglichen Terror gegen die Zivilbevölkerung jedoch nicht zu beeindrucken – die Dokumentation über die angeblich „weltgrößte“ Drohnenfabrik wurde von Swesda ausgestrahlt, dem offiziellen Sender des russischen Verteidigungsministeriums.
„Kurtschatow, Koroljow und Stalin leben in Eurer DNA“
Auch ideologisch bleiben bei der Drohnenproduktion kaum Fragen offen. „Kurtschatow, Koroljow und Stalin leben in Eurer DNA“ ist in der Dokumentation auf einem riesigen Bildschirm über dem Eingang zur Fabrikhalle zu lesen – offenbar als Erinnerung für die Arbeiter. Zu sehen waren dazu die Porträts des sowjetischen Diktators Josef Stalin, des Atomphysikers Igor Kurtschatow und des Vaters des sowjetischen Raketen- und Raumfahrtprogramms, Sergei Koroljow.
Die Anspielung auf die prominenten Figuren der russischen Rüstungsindustrie wirkt allerdings zumindest in einem Fall wie ein historisches Eigentor. „Koroljow kam aus Schytomyr und hat an der polytechnischen Hochschule in Kyjiw studiert – er wäre entsetzt darüber, dass die Menschen, die seine Heimatstädte bombardieren, stolz auf seinen Namen verweisen“, schrieb etwa Yaroslav Trofimov, Korrespondent des „Wall Street Journal“, auf der Plattform X.
Selenskyj kündigt „Langstreckenangriffe“ an
Der Historiker und Russland-Experte Matthäus Wehowski merkte unterdessen an, dass auch der Heldenstatus in Russland nicht vor mitunter brutalen Konsequenzen schützt. „Koroljow wurde von Stalin übrigens ins Gulag gesteckt und gefoltert“, schrieb der Historiker bei X. „Er wäre fast verhungert und verlor fast alle Zähne.“
Aus der Ukraine kommen derweil Drohungen. „Jede derartige Welle russischer Angriffe erinnert uns an zwei Dinge“, erklärte Präsident Selenskyj. „Zum einen an die Luftabwehr: Wir brauchen mehr Systeme“, führte der Staatschef aus und drohte Russland schließlich indirekt mit Gegenschlägen. „Wenn Putin beim Thema ‚Shahed‘ und Terror derartig durchdreht, sollten wir ihnen die Logistik entziehen“, sagte Selenskyj und sprach dabei explizit von „Langstreckenangriffen“ auf Ziele in Russland.