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Nach ZitteranfallWie steht es um Angela Merkels Gesundheit?

Lesezeit 3 Minuten
Angela Merkel

Bundeskanzlerin Angela Merkel ist inzwischen beim G2-Gipfel in Osaka

Berlin. Angela Merkel greift kurz nach dem Glas, aber sie nimmt es nicht. Gerade hat sie den Fotografen und Kameraleuten noch einen prüfenden Blick zugeworfen. Sie weiß, dass wie immer jede ihrer Bewegungen im Bild festgehalten wird. Von einer politischen Schwäche kann man wissen, aber man kann sie äußerlich schwer erkennen. Körperliche Schwächen sieht man und – aus nächster Nähe aufgezeichnet – können sie schockierend wirken.

Vor allem, wenn es sich um die Bundeskanzlerin handelt, die zwar auch nur ein Mensch ist, aber trotzdem funktionieren soll wie eine Maschine. Vielleicht auch muss. Zumindest ist das Merkels Amtsverständnis. So lächelt die 64-Jährige am Donnerstag im Schloss Bellevue dem herbeigeeilten Bediensteten kurz zu und schüttelt dann mit dem Kopf. Er nimmt das Glas wieder mit. Vermutlich hätte Merkel das Wasser verschüttet. Denn sie zittert wieder am ganzen Körper. Die Regierungschefin mit einem Glas in der Hand, das sie nicht sicher zum Mund führen kann, wirkt noch schlimmer als eine Kanzlerin in einem vibrierenden Körper, mit zusammengepressten Lippen und der Suche nach Halt, indem sie sich an ihren eigenen Armen festhält.

Hitze kann nicht Ursache gewesen sein

Merkel steht neben Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der gerade Katarina Barley die Entlassungs- und ihrer Nachfolgerin Christine Lambrecht als Justizministerin die Ernennungsurkunde überreicht. Im Saal herrschen angenehme Temperaturen. Die Vermutung, die Hitze könnte Schuld gewesen sein, trifft diesmal also nicht zu. Was dann? Es gibt Außenstehende, die neurologische Ursachen für möglich halten oder auch psychische. Es gibt interne Hinweise, es sei nichts Schlimmes. Welches gesundheitliche Problem die Kanzlerin hat, wird nicht erklärt. Als sie sich im Schloss Bellevue aus dem starren Stand löst und wieder bewegt, fängt sie sich. Regierungssprecher Steffen Seibert teilt mit: „Der Bundeskanzlerin geht es gut.“ Alles finde statt wie geplant.

„Alles“ bedeutet in diesem Fall ein langer Flug nach Japan, ein Höllenprogramm beim dortigen G20-Gipfel mit Widersachern wie US-Präsident Donald Trump und Krisenthemen wie Handelskrieg und Spannungen zwischen dem Iran und den USA sowie ein anschließender EU-Sondergipfel in Brüssel mit Verhandlungen über die Besetzung der Top-Posten.

Wer Schwäche zeigt, verliert

Wenige Stunden nach der Rebellion des Körpers steigt Merkel in den Flieger nach Osaka. So wie die Deutschen sie kennen, wird sie, solange sie im Amt ist, niemals einen Ton dazu sagen, ob es ihr schlecht geht. Wer Schwäche zeigt, verliert. Einen längeren Ausfall kann sich Merkel nicht leisten. Die große Koalition hängt am seidenen Faden, in einem Jahr übernimmt Deutschland die EU-Ratspräsidentschaft. Die Liste, die die Kanzlerin noch abarbeiten will, ist lang und schwierig.

Auszeiten kennt Merkel nicht. Nachsicht auch nicht. Als ihr Vater 2011 starb, sagte sie Termine ab, musste als CDU-Vorsitzende aber wenig später Stellung zu einer Landtagswahl beziehen und wurde vor der Kamera auf ihre Trauer angesprochen. Eine Kanzlerin weint nicht, auch wenn ihr so zumute wäre. Sie reißt sich zusammen, so wie es vermutlich eine gehörige Portion Kopfsache ist, den zitternden Körper doch wieder zu beherrschen.