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PorträtDieser Bonner ist einer der engsten Vertrauten von Armin Laschet

Lesezeit 5 Minuten

Nathanael Liminski ist Armin Laschets enger Vertrauter in Düsseldorf.

Düsseldorf – Mit 22 hat Nathanael Liminski seinen ersten großen Auftritt. Als Mitbegründer der katholischen Jugendbewegung „Generation Benedikt“ sitzt er 2007 in der Talk-Sendung von Sandra Maischberger und erklärt im Angesicht der Deutsch-Rapperin Lady Bitch Ray, die ihn mit anzüglichen Bemerkungen piesackt, warum er keinen Sex vor der Ehe haben möchte. Dass er damit keine Position vertritt, die bei der Mehrheit seiner Generation auf Beifall trifft, kümmert ihn erkennbar nicht.

Oft wird die Szene von damals jetzt als Beleg für Liminskis erzkonservative Grundhaltung herangezogen. Wie er heute tickt, ist nämlich plötzlich von übergeordnetem Interesse. Der 35-jährige Vater von vier Kindern, dessen erstes Kind dann doch vor der Eheschließung das Licht der Welt erblickte, ist einer der engsten Mitarbeiter von Armin Laschet. Als Chef der Staatskanzlei ist er der Koordinator der Regierungszentrale von Nordrhein-Westfalen. Doch Liminski ist auch Laschets Vertrauter und „Spin-Doktor“, wie man die politischen Strategen hinter den Kulissen nennt.

Interviews gibt Liminski seinem Rollenverständnis entsprechend keine, aber man kann ihn treffen in seinem Büro in Düsseldorf, wo vor dem Fenster der Rhein in seiner ganzen majestätischen Breite vorbeifließt. Den Laschet-Erklärer gibt er gern. Und dass er selbst einen Anteil hat an dessen Weg vom Oppositionsführer in NRW zum CDU-Ministerpräsidenten und aussichtsreichen Nachfolger von Angela Merkel, das dementiert er zumindest nicht.

Bei Laschets Personal lässt sich ein Muster erkennen

Dabei scheinen die beiden auf den ersten Blick so gar nicht zusammen zu passen. Hier der liberale Rheinländer Laschet, da der strenge Katholik, der die reine Glaubenslehre vertritt. Doch es lässt sich ein Muster erkennen bei Laschets Personalauswahl. Gerade erst hat der Kanzlerkandidat der Union die frühere „Bild“-Chefin Tanit Koch zu seiner Wahlkampf-Strategin gemacht. Der Boulevard-Journalistin wird nachgesagt, sie könne an jenen Stellen Schwung in Laschets bisher eher schleppende Kampagne bringen, wo der Chef schwächelt. Etwa in den Sozialen Netzwerken.

Wenn es stimmt, dass Laschet ein „Integrator“ ist, der sich gern mit Menschen umgibt, die anders ticken als er selbst, könnte Liminski wohl ein Beispiel dafür sein. Laschet wird nachgesagt, eher fahrig und nicht so gut sortiert zu sein, Liminski gilt als „Aktenfresser“ mit Überblick. Er stammt aus Sankt Augustin und wuchs mit neun Geschwistern in einem katholisch geprägten Elternhaus auf. Der – jüngst verstorbene – Vater Jürgen war Journalist beim Deutschlandfunk und Mitglied der ultrakonservativen katholischen Laienvereinigung Opus Dei. Der Sohn wurde früh eine Art Sekretär für den Vater, schrieb auch selbst Texte, in denen er sich gegen Abtreibung aussprach und Angela Merkel kritisierte.

Sein Lebenslauf liest sich wie die Bilderbuch-Karriere eines Konservativen. Abi-Schnitt: 1,1. Studium der Geschichte, Politikwissenschaft und Staatsrechtslehre in Bonn und Paris, mit 25 Jahren Redenschreiber des damaligen hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, Wechsel nach Berlin, wo er für Ursula von der Leyen, Karl-Theodor zu Guttenberg und für Thomas de Maizière arbeitete.

Wechsel nach Düsseldorf überraschte

Liminski standen in Berlin die Türen offen, doch er wechselte 2014 überraschend nach Düsseldorf. Armin Laschet, Oppositionsführer der CDU gegen die beliebte SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, war auf den damals 28-Jährigen aufmerksam geworden. Liminski war zunächst skeptisch, doch Laschet ließ nicht locker. „Er hat mich als Person überzeugt.“ Außerdem habe Laschet Humor.

Liminski ist ein gewinnender Typ. Schnell lässt er sich auf einen Gesprächspartner ein, was er sagt, wirkt nicht aufgesetzt. In Texten über ihn wird oft vermutet, dass er, der dafür sorgt, dass Laschets Regierung in NRW reibungsarm funktioniert, eigentlich eine eigene, wertkonservative politische Agenda hat, die nicht unbedingt Laschets Linie entspricht. Aber wenn man mit Liminski spricht, hat man eher den Eindruck, zwischen beide passe kein Blatt Papier.

Der lange für unwahrscheinlich gehaltene Wahlsieg 2017 gegen Hannelore Kraft geht, wie es heißt, mit auf Liminskis Konto. Damals hatte Laschet etwa kurz vor der Wahl noch den konservativen Promi Wolfgang Bosbach in sein Team geholt. „Bosbach hat bei dem Thema innere Sicherheit eine große Glaubwürdigkeit, und Laschet kann führend integrieren“, erklärt Liminski das Prinzip.

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Viele hätten Laschet geraten, im Wahlkampf in NRW auf Islam- und Identitätsthemen zu setzen, doch Laschet winkte ab. „Er sagte: Dieses Land ist fast überall Schlusslicht. Was die Leute umtreibt, ist, warum sie den ganzen Nachmittag im Stau stehen, warum so oft in Wohnungen eingebrochen wird und warum die Schule ihrer Kinder nicht auf der Höhe der Zeit ist.“ Liminski nennt das eine „dezidierte Richtungsentscheidung“, keine Symboldebatten zu führen, „die gefühlt, aber nicht faktisch sind“.

Tagelang hagelte es gerade erst Kritik an Laschet, weil die türkische Religionsbehörde Ditib bei der Planung eines islamischen Religionsunterrichts in NRW mit am Tisch sitzt. Der Ministerpräsident ließ die Debatte laufen. Liminski sagt: „Armin Laschet fragt bei jedem Thema immer erst nach dem sachlichen Kern.“ In der Sache gehe es um einen einzigen Ditib-Vertreter, der in einer Kommission mit fünf Vertretern anderer Verbände sitzt. Diese Kommission schicke weder die Lehrer, noch besorge sie die Materialien.

Ziemiak ist Patenonkel eines seiner vier Kinder

Liminski arbeitet mit Laschet an solchen Fragen der Tagespolitik, aber auch an den großen Linien. Als Gründer der Schüler-Union in seiner Heimatstadt hat Liminski schon früh mit der Kontaktpflege in der CDU begonnen. Generalsekretär Paul Ziemiak ist Patenonkel eines seiner Kinder. Daran, dass aus Laschet und Jens Spahn ein Team für den Parteivorsitz wurde, soll Liminski einen entscheidenden Anteil gehabt haben.

Aber allzu tief lässt er sich dann auch nicht in die Karten schauen. Wer Laschets fulminante Rede beim jüngsten Parteitag geschrieben hat? Das ist Betriebsgeheimnis. Liminski rät seinem Chef dazu, er selbst zu bleiben. Nicht immer ist der CDU-Kanzlerkandidat damit populär. In der Corona-Krise wurde sein abwägender Kurs als wankelmütig und unentschlossen wahrgenommen. Doch Liminski sagt: „Ich glaube, dass es nachhaltig trägt, diesen Kurs aus Maß und Mitte auch in Extremsituationen zu halten.“

Vielleicht sind sich Chef und Berater doch ähnlicher, als es auf den ersten Blick wirkt. Der 35-Jährige spricht oft von „wir“ oder „uns“. Längst wird er als künftiger Chef des Bundeskanzleramts gehandelt. Wenn Laschet nach der Wahl im September Kanzler würde, könnten sie dann im Bund zusammen weitermachen wie bisher.