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Streit um Panzer-LieferungenPutin kann sich „auf die Schenkel klopfen“ – Strack-Zimmermann sauer auf SPD

Lesezeit 4 Minuten
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschuss des Bundestags, nimmt am "Frauen100x Politics-Dinner" im Berliner Luxushotel Adlon teil.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat Olaf Scholz scharf kritisiert.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat Olaf Scholz wegen der vertagten Entscheidung über die Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine scharf kritisiert.

Die weiter vertagte Entscheidung über die Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine hat zu harscher Kritik selbst innerhalb der Ampel-Koalition geführt. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte am Freitagabend im ZDF-„heute journal“: „Die Geschichte schaut auf uns, und Deutschland hat leider gerade versagt.“ Der russische Präsident Wladimir Putin könne sich angesichts der ausgebliebenen Panzer-Entscheidung „heute Abend auf die Schenkel klopfen“.

Die Kommunikation insbesondere von Kanzler Olaf Scholz (SPD) in dieser Frage sei eine „Katastrophe“, denn einerseits unterstütze Deutschland die Ukraine massiv, durch die ausbleibende Entscheidung bei den Kampfpanzern entstehe aber ein anderer Eindruck. Scholz bleibe Erklärungen dafür schuldig.

Verteidigungsminister Boris Pistorius kündigt Überprüfung der Verfügbarkeit der Leopard-Panzer an

Trotz erheblichen Drucks aus der Ukraine und der sie unterstützenden Staaten hat die Bundesregierung noch keine Entscheidung über die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern an Kiew getroffen.

Am Freitag hatten sich die Verbündeten zu einer Ukraine-Konferenz in Ramstein getroffen, bei der weitere Milliardenhilfen für das von Russland überfallene Land vereinbart wurden. Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kündigte am Rande des Treffens eine Überprüfung der Verfügbarkeit und Stückzahl der Leopard-Panzer an.

Zumindest wäre ein Signal richtig gewesen, den Partnern schon mal grünes Licht zu geben.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP)

„Zumindest wäre ein Signal richtig gewesen, den Partnern schon mal grünes Licht zu geben“, sagte Strack-Zimmermann. Damit meinte sie den Wunsch von Ländern wie Polen, eigene Leopard-2 aus deutscher Produktion an die Ukraine zu liefern. Dazu benötigen sie eine Genehmigung aus Berlin. Pistorius liege wiederum aus ihrer Sicht „an der Kette“, sagte Strack-Zimmermann. Sie sei sich allerdings sicher, dass die Leopard-2-Panzer am Ende an die Ukraine geliefert würden.

Auch Katrin Göring-Eckardt findet deutliche Worte

Auch die grüne Bundestags-Vizepräsidenten Katrin Göring-Eckardt zeigte sich enttäuscht. „Ich hätte mir gewünscht, dass bereits in dieser Woche die deutsche Regierung den Weg für die Lieferung von Leopard-Panzern freigemacht hätte“, sagte sie der Funke Mediengruppe (Sonntag). „Diese werden in der Ukraine dringend gebraucht. Die Ukraine verteidigt nicht nur ihr eigenes Land, sondern auch unsere Freiheit.“

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in seiner am Freitagabend in Kiew verbreiteten allabendlichen Videobotschaft, er habe bei den Gesprächen in Ramstein viel Verständnis für die Erfordernisse seines Landes gehört. „Ja, wir werden noch kämpfen müssen um die Lieferung moderner Panzer, aber mit jedem Tag machen wir es noch offenkundiger, dass es keine Alternative gibt zu der Entscheidung für Panzer.“

Union: „Bärendienst“ für die Ukraine

Die Union befürchtet nun einen schweren außenpolitischen Schaden. „Deutschland hat der Ukraine und sich selbst für die künftige Position einen Bärendienst erwiesen“, sagte der CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter der „Augsburger Allgemeinen“ (Samstag). „Das Ergebnis des Ramstein-Treffens ist für Deutschland leider eine weitere Isolierung“, kritisierte Kiesewetter.

Es mache ihn zudem sprachlos, dass erst der neue Verteidigungsminister eine Bestandsaufnahme der verfügbaren Leopard 1 und 2 in Bundeswehr- und Industriebeständen in Auftrag gegeben habe. „Es ist peinlich und erschreckend, dass Deutschland dies knapp ein Jahr nach Kriegsbeginn offenbar erst einfällt.“

Strack-Zimmermann und SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich lieferten sich einen öffentlichen Schlagabtausch mit gegenseitigen Schuldzuweisungen. Strack-Zimmermann bezeichnete Mützenich auf Twitter als „das Sinnbild aller zentralen Verfehlungen deutscher Außenpolitik“.

Mützenich sagte: „Frau Strack-Zimmermann und andere reden uns in eine militärische Auseinandersetzung hinein. Dieselben, die heute Alleingänge mit schweren Kampfpanzern fordern, werden morgen nach Flugzeugen oder Truppen schreien.“

Strack-Zimmermann entgegnete, es wäre völkerrechtswidrig, wenn Deutschland Truppen entsenden würde. „Insofern ist das überhaupt kein Thema.

Panzer-Lieferung: Rolf Mützenich betont Gleichklang mit den USA

Mützenich hatte betont, es sei bei dem Thema wichtig, im Gleichklang mit den USA zu handeln. „Es kommt darauf an, dass wir wichtige Schritte immer gemeinsam gehen“, sagte Mützenich der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ (Samstag). „Gemeinsam heißt: auch und vor allem mit den USA. Die Lieferung von Kampfpanzern ist so ein Schritt.“

SPD-Außenpolitiker Nils Schmid betonte am Samstagmorgen im Deutschlandfunk, es sei ja nicht so, dass Pistorius nun anfangen müsse, Panzer zu zählen, sondern es gehe darum, für die Unterstützung der Ukraine sinnvolle Pakete in Abstimmung mit Partnern zu schnüren. Und das müsse vorbereitet werden. „Der Eindruck, der gelegentlich entstanden ist, es gebe eine geschlossene Koalition und Deutschland stehe im Weg - dieser Eindruck ist falsch.“ Es gebe gute Gründe für die Lieferung, es gebe gute Gründe dagegen.

Schmid betonte, eine sorgfältige und umsichtige Abwägung der Eskalationsrisiken und Abstimmung mit den Verbündeten sei nötig. Offensichtlich gebe es noch kein einheitliches Meinungsbild, „das heißt aber nicht, dass eine solche Waffenlieferung nicht kommen kann. Es wird weiter daran gearbeitet.“

Zuletzt hatte es Berichte gegeben, wonach Scholz die Lieferung des US-Kampfpanzers vom Typ Abrams zur Bedingung für eine mögliche Entsendung deutscher Kampfpanzer gemacht habe. Pistorius hatte jedoch auch nach Aussage von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin klargemacht, dass es einen solchen Zusammenhang nicht gebe. (dpa, red)

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