Ungelöste KonflikteKommentar zum SPD-Parteitag

Norbert Walter-Borjans, Bundesvorsitzender der SPD und Saskia Esken, Bundesvorsitzende der SPD, halten beim SPD-Bundesparteitag die Stimmkarten bei der Abstimmung gegen den Ausstieg aus der Groko hoch.
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- Der neue SPD-Vorstand wurde auf dem Parteitag mit einem achtbaren Ergebnis ins Amt gewählt.
- Trotzdem ist für unseren Autor von Aufbruchsstimmung nichts zu spüren.
- Für ihn ist das neue Spitzenduo nicht gestaltungsfähig, machtlos und auch nicht besonders charismatisch.
Die SPD hat es geschafft. Der neue Vorstand ist im Amt, sein Wahlergebnis ist achtbar. Der Parteitag macht deutlich, wie groß das Bedürfnis der Sozialdemokraten nach Normalität ist. Endlich nicht mehr nur um sich selbst kreisen.
Aber so leicht wird es nicht gehen. Von Aufbruchstimmung war in Berlin keine Spur. Eher das Bemühen, nicht noch mehr Schaden anzurichten. Ein Vorstand ohne einen Menschen, der über seinen Landesverband hinaus bekannt ist und vielleicht schon mal eine bedeutendere Wahl gewonnen hat, wenigstens Minister war: Beinahe hätte die SPD auch noch diesen Fehler gemacht. Bei überraschend vielen neuen Vorstandsleuten hört man den Namen das erste Mal.
Neue Parteiführung ist nicht gestaltungsfähig
Es setzt sich fort, was schon das monatelange Wahlverfahren bestimmte: Die politischen Schwergewichte tauchen weg. Sie überlassen den Neuen und Unbekannten die Bühne. Offenbar glauben sie nicht mehr an diese SPD. Wenn Norbert Walter-Borjans von 30 Prozent Wähleranteil träumt, dann ist das eine der Visionen, die Helmut Schmidt so gar nicht schätzte.
Hat sich das aufwändige Verfahren der Regionalkonferenzen und der Urwahl für die SPD gelohnt? Das Ergebnis ist dürftig. Noch nicht einmal die Partei selbst ließ sich mobilisieren. Die Wahl hat keine gestaltungsfähige Parteiführung gebracht. Für Esken und Walter-Borjans beginnt die mühsame Arbeit, im Machtgeflecht der SPD überhaupt eine Position zu finden. Beide sind weit davon entfernt, Politik zu bestimmen.
Machtlos und wenig charismatisch
Saskia Esken träumt davon, dass die SPD Minister umsetzen, was die Partei beschließt. Dass Mandatsträger selbst entscheiden, auch weil es das Grundgesetz so vorsieht, sollte ihr doch schon mal aufgefallen sein. Ihr Gedanke zeigt die ganze Hilflosigkeit des neuen Spitzenduos.
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So waren in Berlin wieder viele Appelle zu hören: Man möge fairer miteinander umgehen. Intrigen müssten endlich aufhören. Dabei ist die neue Situation mit zwei weitgehend machtlosen und wenig charismatischen Menschen an der Parteispitze der Türöffner für diese Form des Streits.
Ungelöst ist der Grundkonflikt der SPD: Es gibt keinen Konsens mehr über die Mitarbeit in der Regierung. Die Groko-Gegner werden keine Ruhe geben, bis die Regierung platzt. Wenn das geschafft ist, wird die SPD auf Jahre in der politischen Bedeutungslosigkeit verschwinden. Der Berliner Parteitag war ein weiterer Schritt in diese Richtung.