In der Nacht zum 8. Januar waren in Castrop-Rauxel zwei iranische Brüder festgenommen worden. Das BKA hatte Hinweise auf ein mögliches Anschlagsszenario mit hochgiftigem Rizin erhalten.
Vereitelter Anschlag in NRWInnenminister Reul verteidigt Vorgehen bei Terrorfall

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat im Fall des vereitelten Giftanschlags von Castrop-Rauxel den Vorwurf des fahrlässigen Umgangs mit frühzeitigen Hinweisen aus dem Bundeskriminalamt (BKA) zurückgewiesen.
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NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hat im Fall des vereitelten Giftanschlags von Castrop-Rauxel den Vorwurf des fahrlässigen Umgangs mit frühzeitigen Hinweisen aus dem Bundeskriminalamt (BKA) zurückgewiesen. Es habe am Silvestertag noch keinen Hinweis auf NRW als geplanten Tatort gegeben. „Den gab es nicht. Den gab es zum 6. Januar und keine Stunde früher“, sagte Reul (Foto) am Freitag in einer Sondersitzung des Innenausschusses im Landtag.
In der Nacht zum 8. Januar waren in Castrop-Rauxel zwei iranische Brüder festgenommen worden. Hinweise auf ein mögliches Anschlagsszenario mit hochgiftigem Rizin hatte das BKA am 30. Dezember aus den USA erhalten. Die Opposition im Landtag wurde zuletzt hellhörig, als herauskam, dass bereits am Silvestertag an die Sicherheitsbehörden in Düsseldorf die Information weitergeleitet wurde, dass ein möglicher Tatort in NRW liegen könnte.
SPD-Innenexpertin Christina Kampmann äußerte am Freitag Unverständnis, dass weder Reul persönlich über die etwaige Spur nach NRW in Kenntnis gesetzt noch die allgemeine Sicherheitsbewertung für die Feierlichkeiten zum Jahreswechsel verändert wurde: „Es geht nicht in meinen Kopf, dass Sie bei einem solchen Hinweis nicht informiert werden und nichts veranlasst wurde“, sagte Kampmann. FDP-Fachpolitiker Marc Lürbke kritisierte, dass nicht einmal Krankenhäuser für den Rizin-Verdachtsfall sensibilisiert wurden.
Identifizierung der Verdächtigen gelang erst am 6. Januar
Eine Vergiftung mit dem Stoff führt zu multiplem Organversagen, ist für einen Arzt aber auf Anhieb nicht leicht zu erkennen. Alle Ermittlungsmöglichkeiten, die am 31. Dezember ergriffen werden konnten, seien „vom BKA geprüft, gecheckt, ergriffen worden“, entgegnete Reul. „Da war nicht mehr möglich.“ Die Identifizierung der Tatverdächtigen in Castro-Rauxel gelang erst am 6. Januar, weil ein Telekommunikationsanbieter die entsprechende IP-Adresse freiwillig eine Woche lang gespeichert hatte.
Die von den Amerikanern abgefangenen Informationen ließen bis dahin nur den Schluss, dass ein Anschlag auf eine größere Menschenmenge verübt werden solle. Tatort, Täter und Tatziel seien zum Jahreswechsel aber noch nicht einzugrenzen gewesen. Ein ungeheuerlicher Verdacht werde sich laut Reul möglicherweise auch gar nicht erhärten: „Wie wir heute wissen, war es ja wahrscheinlich gar nicht das Thema Rizin, über das wir jetzt hier breit diskutieren, sondern es waren andere Stoffe, die da in Kleinstmengen gefunden worden sind.“
Auch Landeskriminaldirektor Johannes Hermanns verteidigte den defensiven Umgang mit ersten Spuren nach NRW: „Es gab keine vernünftige Information für eine Sensibilisierung der Bevölkerung oder von Krankenhäusern.“ Deshalb habe es auch keine neue Lagebewertung für die Silvesternacht gegeben. „Sensibilisierungen haben den großen Nachteil, dass man damit natürlich auch Täter, die noch nicht bekannt sind, warnt“, so Hermanns. (tb)