Bundesinnenministerin Faeser stößt mit ihren Plänen zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts auf heftigen Widerstand der Union. Aber auch FDP-Politiker erhoben am Montag Bedenken. Ist das Ministerium mit der geplanten Reform auf dem richtigen Weg?
Fragen & AntwortenWas man jetzt zur erleichterten Einbürgerung wissen muss

Bald einfacher zu haben? Der Weg zum deutschen Pass soll nach den Plänen der Bundesregierung vereinfacht werden.
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Die Bundesregierung will das Staatsangehörigkeitsgesetz reformieren und schnellere Einbürgerungen ermöglichen. Die Eckpunkte des Gesetzvorhabens stellten Bundeskanzler Olaf Scholz und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (beide SPD), am Montag zum Start der Dialogreihe „Deutschland. Einwanderungsland: Dialog für Teilhabe und Respekt“ in Berlin vor. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Plänen der Ampel im Überblick:
Warum soll es ein neues Gesetz zur Staatsangehörigkeit geben?
Eine Reform zum Staatsbürgerschaftsrecht gilt als ein zentrales Vorhaben der Bundesregierung und war auch im Koalitionsvertrag der Ampel schon vereinbart. Ein Ziel ist, in Deutschland lebenden Ausländern eine Einbürgerung zu erleichtern, wenn sie dies wünschen. Das Bundesinnenministerium formulierte das zugrundeliegende Ziel so: Es gehe darum, die Integration von Zugezogenen zu fördern, ihnen mehr politische Teilhabe zu ermöglichen und die Wertschätzung ihnen gegenüber zu steigern. „Wir werden künftig stärker auf die Qualifikation und Berufserfahrung der Zuwanderer schauen und weniger auf Formalia“, erklärte Bundeskanzler Scholz dazu.
Was beinhaltet das geplante Staatsangehörigkeitsgesetz? Grundsätzlich soll es leichter als bisher sein, neben der deutschen auch eine andere Staatsangehörigkeit zu haben. Damit könnte die Einbürgerung auch dann möglich sein, wenn der Betreffende seine bisherige Staatsangehörigkeit behalten will. Bislang gilt dies nur für Menschen aus anderen EU-Staaten, der Schweiz sowie aus den Staaten, die ihren Bürgern die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit verweigern. Dazu zählen derzeit etwa Afghanistan, Iran, Libanon und Syrien. Auch Deutsche, die sich in einem anderen Land einbürgern lassen wollen, müssten dann künftig nicht mehr ihre deutsche Staatsbürgerschaft abgeben.
Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für eine Vereinfachung des Staatsbürgerschaftsrechts.
Zudem sollen die Hürden für die Einbürgerung nach dem Willen der Bundesregierung gesenkt werden. Diese könnten Migranten dann schon nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland erlangen. Bislang lag die Grenze bei acht Jahren. Bei „besonderen Integrationsleistungen“ wie herausragenden beruflichen oder schulischen Leistungen oder einem ehrenamtlichen Engagement könne sich die Frist den Plänen sogar auf drei Jahre reduzieren. Zudem soll bei Migranten über 67 Jahren der schriftliche Test zum Sprachnachweis durch einen mündlichen ersetzt werden.
Wann soll über das Gesetz entschieden werden?
Aktuell liegt der Referentenentwurf im Bundesinnenministerium zur weiteren Beratung und Bearbeitung vor. Am Mittwoch wird er dann dem Kabinett vorgelegt. Bereits im Lauf des kommenden Jahres könnte das Gesetz dann in Kraft treten.
Wer kritisiert das Gesetzesvorhaben?
Zum Beispiel Teile der Opposition im Bundestag. Die Union wirft der Bundesregierung vor, die Staatsbürgerschaft zu „verramschen“. CDU-Generalsekretär Mario Czaja sagte der „Rheinischen Post“: „Es muss auch weiter gelten: Erst Integration, dann Staatsbürgerschaft.“ Faktoren wir Straffreiheit, Deutschkenntnisse und Erwerbstätigkeit der betreffenden Personen müssten stärker berücksichtigt werden. Vorbehalte kommen aber auch aus den Parteien der Ampel-Koalition. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai etwa sagte, jetzt sei nicht der Zeitpunkt für eine Vereinfachung des Staatsbürgerschaftsrechts. „Es gibt bisher keinerlei Fortschritte bei der Rückführung und Bekämpfung der illegalen Migration.“
Wie viele Migranten lassen sich in Deutschland einbürgern?
Die Einbürgerungsquote in Deutschland ist in den vergangenen Jahren beständig niedrig gewesen. In der Bundesrepublik leben derzeit rund 10,7 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit; 5,7 Millionen von ihnen sind schon seit mindestens zehn Jahren hier. Im vergangenen Jahr nahmen dennoch nur rund 132 000 der anspruchsberechtigten Ausländer die Einbürgerung in Anspruch. Das waren weniger als 2,5 Prozent. (kna)
Paul: Pläne überfällig
NRW-Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) hat die geplante Reform des Staatsbürgerschaftsrechts als „überfällig“ begrüßt. Der vorgeschlagene Abbau gesetzlicher Hürden bei der Einbürgerung sei „ein guter und richtiger Schritt für ein modernes Einwanderungsland“, sagte Paul unserer Redaktion am Montag. Mit der Möglichkeit einer schnelleren Einbürgerung gegenüber der derzeitigen achtjährigen Aufenthaltsdauer sende man ein Signal der Offenheit und des Aufnahmewillens an alle Menschen mit Einwanderungsgeschichte. Gleichzeitig werde mit der Reform ein Anreiz zur weiteren und zügigen Integration gesetzt, so Paul weiter.
Innerhalb der schwarz-grünen Koalition in NRW zeichnet sich damit – wie schon zuletzt beim Bürgergeld – ein Dissens ab. CDU-Landtagsfraktionsvize Gregor Golland hat die Reformpläne scharf kritisiert: „Damit wird die deutsche Staatsbürgerschaft entwertet und praktisch verschenkt“, hatte Golland bei SAT.1 erklärt. Der Chef des CDU-Sozialflügels, Dennis Radtke, mahnte dagegen am Montag in seiner Partei bei der Debatte über notwendige Zuwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt „Maß und Mitte in der Kommunikation“ an. (tobi)