An NRW-Schulen soll die Zahl der Klausuren reduziert werden, um die Lehrkräfte zu entlasten - aber was bedeutet das für die Schüler?
Weniger Klassenarbeiten"Einen Ausrutscher kann man sich nicht erlauben"

Gut vorbereitet für die Klassenarbeit. Foto: Florian Schuh/dpa
Copyright: dpa-tmn
Die geplante Reduzierung von Klassenarbeiten in den Jahrgangsstufen 7 und 8 wird nach Einschätzung der Landesregierung zu keinem Nachteil für die Schüler führen. „Neben den schriftlichen Arbeiten werden weiterhin auch die sonstigen Leistungen im Unterricht angemessen berücksichtigt“, erklärte das Schulministerium auf Anfrage.
In den Klassen 7 und 8 können künftig nur fünf statt sechs Klassenarbeiten pro Schuljahr geschrieben werden. Das gilt für die Fächer Mathe, Deutsch und Englisch. Davon verspricht sich Schulministerin Dorothee Feller (CDU) wegen des geringeren Korrekturaufwands eine Entlastung der Lehrkräfte.
Skepsis bei Eltern und Schülern
Für Schulen in NRW sei die Reduzierung von Klassenarbeiten grundsätzlich nichts Neues, hieß es. Spielräume habe es auch schon zuvor in den Jahrgangsstufen 9 und 10 gegeben. Zugleich stellte die Landesregierung klar, dass am Ende allein die Fachkonferenz entscheide, also eine Runde aus Fachlehrern an der jeweiligen Schule. Dies sei in Paragraf 70, Absatz 4 des Schulgesetzes so geregelt. Zuletzt hatte es vereinzelt Verwirrung darüber gegeben, ob nicht sogar die Schulkonferenz – und damit auch Eltern- und Schülervertretungen – befasst werden müsse.
Eltern und Schüler sehen die Pläne skeptisch. Einige fürchten, dass der ohnehin schon hohe Leistungsdruck noch einmal steigen könnte. In einer Prüfung müssten entsprechend mehr Themen bearbeitet werden, heißt es etwa aus der Landeselternschaft der Realschulen in NRW. Außerdem sei es dann schwieriger, schlechte Noten auszugleichen. „Einen Ausrutscher nach unten kann man sich nicht mehr erlauben“, sagte Landeselternschaft-Vorsitzender Ismail Sönmez.
Schülervertreter stellen derweil das gesamte Konzept von Klassenarbeiten und Klausuren infrage. Ob eine Prüfung mehr oder weniger geschrieben wird, sei am Ende weniger relevant als die Frage, ob man individuelle Fähigkeiten überhaupt anhand von Noten messen sollte. „Wir plädieren für Prüfungsmodelle, die auf individuellen Stärken basieren und nicht alle Schülerinnen und Schüler in eine Form pressen“, sagte Thaddäus Hildemann von der Landesschüler*innenvertretung NRW, der die 13. Klasse einer Gesamtschule in Mönchengladbach besucht.
Philologenverband NRW begrüßt neuen Spielraum
In der Lehrerschaft wird vor einer Überbewertung des Themas gewarnt. „Schule ist viel mehr als das Lernen für die nächste Klassenarbeit, und Bewertung hat mehr als sechs Kategorien – gerade in den Klassen 7 und 8“, sagte der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung, Stefan Behlau. Für individuelle Leistungsrückmeldungen bliebe wegen des Lehrkräftemangels zu wenig Zeit.
Der Philologenverband NRW begrüßt den neuen Spielraum. „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung“, sagte die Vorsitzende Sabine Mistler. Der Philologenverband hält auch eine Abschaffung der zentralen Abschlussprüfungen am Ende der zehnten Klasse an Gymnasien für sinnvoll. Die sogenannte ZP 10 muss ab 2024 wieder absolviert werden, obwohl die wenigsten Schüler nach der zehnten Klasse das Gymnasium verlassen. Michelle Kox