WuppertalWarum der Prozess um die „Scharia-Polizei“ neu aufgerollt wird

Der Fall um die „Scharia-Polizei“ wird neu aufgerollt.
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- Die Empörung über die selbst ernannte „Scharia-Polizei“ in Wuppertal war groß. Vor fünf Jahren zogen Islamisten durch die Stadt.
- Vom Landgericht wurden sie freigesprochen, doch heute beginnt die vom Bundesgerichtshof angeordnete Neuauflage des Prozesses.
- Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Prozess.
Wuppertal – Die Empörung über die selbst ernannte „Scharia-Polizei“ in Wuppertal war groß. Vor fünf Jahren zogen Islamisten in Warnwesten mit der Aufschrift „Shariah Police“ durch die Stadt. Damals kursierten gelbe Flyer mit der Aufschrift „Shariah Controlled Zone“ (Scharia-kontrollierte Zone). Vom Landgericht wurden sie freigesprochen, doch heute beginnt die vom Bundesgerichtshof angeordnete Neuauflage des Prozesses.
Wann geht die Neuauflage des Prozesses los?
Der Prozess um die sogenannte Scharia-Polizei wird ab dem 20. Mai vor dem Landgericht Wuppertal neu aufgerollt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte ein Urteil des Gerichts in dem Fall aufgehoben. Das neue Verfahren gegen sieben Angeklagte finde diesmal vor der 6. Großen Strafkammer statt, teilte das Landgericht mit. Die Männer sollen im September 2014 in Wuppertal nachts Warnwesten mit der Aufschrift „Shariah Police“ getragen haben, um junge Muslime davon abzuhalten, Spielhallen, Bordelle oder Gaststätten aufzusuchen sowie Alkohol zu trinken.
Wie argumentierten die Richter 2016 im ersten Prozess?
Sieben Angeklagte landeten danach vor Gericht – wegen Verstoßes gegen das Uniformverbot oder Beihilfe dazu – und wurden im November 2016 freigesprochen. „Ein Gesetz, das hier gegriffen hätte, gibt es nicht“, hatte der Vorsitzende Richter des Landgerichts gesagt.
Was sagte der Bundesgerichtshof zum ersten Urteil?
Doch der Bundesgerichtshof hob die Freisprüche des Landgerichts auf und verwies den Fall zur Neuverhandlung an das Landgericht zurück. Die beginnt an diesem Montagmorgen. Vier Verhandlungstage hat das Landgericht angesetzt.
Als entscheidenden Mangel rügte der BGH, dass das Gericht darauf abgehoben hatte, dass sich keiner der Zeugen des Geschehens eingeschüchtert gefühlt hatte und einer den Auftritt sogar mit einem feuchtfröhlichen Junggesellenabschied verwechselte. Es genüge, wenn die Aktion grundsätzlich dazu geeignet gewesen sei, Muslime einzuschüchtern, so der BGH.
Was sagten die Verteidiger der Wuppertaler Angeklagten?
Warnwesten würden in der Dunkelheit von verschiedenen Gruppen getragen, etwa von Gewerkschaftern, hatten die Verteidiger argumentiert. Die Islamisten hatten ihren Auftritt selbst gefilmt und ins Internet gestellt.
Was stand auf den Flyern der selbst ernannten Scharia-Polizei?
Auf den Flyern in Wuppertal hatten die Beschuldigten Verhaltensregeln der radikalen Muslime festgehalten: Kein Alkohol, kein Glücksspiel, keine Musik und Konzerte, keine Pornografie und Prostitution, keine Drogen. Dabei beriefen sie sich auf die Scharia, das islamische Recht. Vertreter von Bundes- und Landesregierung hatten dafür die Härte des Gesetzes eingefordert.
Welche Rolle spielt Sven Lau in der Prozessneuauflage?
Am zweiten Tag des neu aufgelegten Prozesses soll kommenden Freitag ein prominenter einstiger Islamistenführer als Zeuge aussagen: Sven Lau gilt als Initiator der Patrouille, doch dieses Verfahren war wegen des schwerwiegenderen Vorwurfs der Terrorhilfe eingestellt worden.
Welche Strafe drohen den Anklagten?
Seinen einstigen Gefolgsleuten drohen maximal zwei Jahre Freiheitsstrafe. Die Männer waren im September 2014 nachts durch die Wuppertaler Innenstadt gezogen. Initiator Sven Lau war, als die Aktion Wellen schlug, zurückgerudert: „Der Name war vielleicht sehr provokant. Vielleicht war es auch ein Fehler von uns“, sagte er damals in einer Video-Botschaft. (dpa)
Warum Sven Lau jetzt entlassen wird
Der ehemalige Salafistenprediger und als Terrorhelfer verurteilte Sven Lau hat zwei Drittel seiner Haftstrafe verbüßt und kommt auf Bewährung frei. Der zuständige Senat gehe davon aus, dass der 38-Jährige keine Straftaten mehr begehe, sagte ein Sprecher des Düsseldorfer Oberlandesgerichts. Von seiner einstigen radikal-islamischen Haltung habe er sich deutlich distanziert. Wann Lau freigelassen werde, teilte das Gericht nicht mit. Der ehemalige Feuerwehrmann aus Mönchengladbach war 2017 als Terrorhelfer zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Lau hatte laut Gericht die islamistische Terrorgruppe Jamwa unterstützt und Islamisten als Kämpfer vermittelt. Die Gruppe hatte sich später dem Islamischen Staat (IS) angeschlossen. Ein als Terrorist verurteilter Islamist hatte im Prozess gegen Lau ausgesagt, dieser sei in den Reihen der Jamwa in Syrien ein „gern gesehener Gast“ gewesen. Die Bewährungszeit für die vorzeitige Freilassung beträgt nach Gerichtsangaben fünf Jahre. In dieser Zeit müsse Lau strenge Auflagen erfüllen. (dpa)
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