Ab sofort verpflichtendWelche Vorteile das E-Rezept Patienten bringen kann

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Auf einem Bildschirm in einer Apotheke sind Hinweise zu E-Rezepten angezeigt.

Ab dem 1. Januar ist das E-Rezept verpflichtend. Das bringt einige Probleme mit sich. Aber auch viele Vorteile.

Der Jahreswechsel hat die Umstellung aufs E-Rezept in Praxen und Apotheken mit sich gebracht. Wie gut diese funktioniert und wo es noch hakt.

Seit dem 1. Januar ist das E-Rezept verpflichtend. Das heißt, die Arztpraxen müssen nun Rezepte für verschreibungspflichtige Medikamente elektronisch ausstellen – statt auf den gewohnten rosa Zetteln.

Die Apotheken waren darauf schon im vergangenen Jahr eingestellt. Bei den Ärzten wurde die verpflichtende Einführung wegen technischer Probleme jedoch immer wieder verschoben. Zwei Jahre später als geplant ist es nun da.

E-Rezept: So geht‘s

Und so funktioniert das E-Rezept: Verordnet der Arzt oder die Ärztin ein Medikament, wird das Rezept auf einem zentralen Server gespeichert. Von dort kann die Apotheke es abrufen – autorisiert wird sie mit dem Einstecken der Karte in das Lesegerät. Daneben können E-Rezepte auch ohne Karte eingelöst werden: über einen ausgedruckten QR-Code oder über eine spezielle App, bereitgestellt von der Gematik, der Nationalen Agentur für Digitale Medizin.

Erklärgrafik

Der gewählte Zeitpunkt für den Start ist heikel: Verschiedene Infekte, RSV, Grippe und ein hoher Krankenstand belasten die Praxen und Apotheken ohnehin, viele Ärzte haben Anfang Januar noch geschlossen, andere streiken. Wie klappt es also bislang mit dem E-Rezept? Was bringt es und welche Vorteile hat es für Patienten?

So läuft das E-Rezept bislang

Es wird bereits gut angenommen, jedoch kommt es noch häufig zu Problemen, berichtet der Apothekerverband Nordrhein eine Woche nach dem Start. Er hat eine Blitzumfrage unter den Mitgliedern gemacht. 450 Apotheken beteiligten sich. In der ersten Woche habe es noch bei jedem fünften E-Rezept erhebliche Probleme bei der zügigen Versorgung der Patienten gegeben. Schwierigkeiten gab es demnach vor allem, weil E-Rezepte in der Arztpraxis fehlerhaft ausgestellt wurden. Konkret wurden erheblich verzögerte oder gar nicht signierte E-Rezepte kritisiert, vereinzelt habe die Unterschrift 24 Stunden gedauert.

Die Apotheken beklagten außerdem, es sei zu Problemen mit den Servern der Gematik und der Krankenkassen gekommen. Etwa, weil die erforderlichen Daten nur langsam geladen wurden. Auch die Apothekensoftware selbst hat bei einem kleinen Teil der Mitglieder zu Schwierigkeiten geführt.

Karte einlesen nicht nötig – das kann die App

Und trotzdem: Am Ende der ersten Woche sind mehr als die Hälfte aller Rezepte bereits E-Rezepte, im Gegensatz dazu waren es im Dezember nur 10 Prozent. Ein Großteil der E-Rezepte wird laut Befragung über die Gesundheitskarte eingelöst: in der ersten Woche sind es 80 Prozent. Den QR-Code auf Papier nutzen 18 Prozent. Nur 1 Prozent probiert laut Befragung bereits die Gematik-App aus.

Mit der App ist es zum Beispiel möglich, das E-Rezept an eine Apotheke zu senden, ohne selbst vor Ort die Karte einlesen zu lassen. Die Apotheke kann vorab prüfen, ob das Medikament vorrätig ist und es bei Bedarf bestellen. Hat die Apotheke einen Botendienst oder Versand, bekommt man das verschreibungspflichtige Medikament, ohne selbst das Bett verlassen zu müssen. Neben der telefonischen Krankschreibung oder der Video-Sprechstunde etwa ist das ein weiterer Schritt, um auf lange Sicht die Praxen zu entlasten und Patienten unnötige Wege zu ersparen.

Wie die App eingerichtet wird und was sie kann, zeigt etwa die Verbraucherzentrale NRW in einem Onlinekurs mit Videoanleitungen. Der nächste Termin ist der 12. Februar, die Anmeldung ist ab sofort möglich.

Folgerezept: Kein Arztbesuch nötig

Trotz der erwartbaren Startschwierigkeiten könnte das E-Rezept vieles vereinfachen und ein gefährliches Medikamenten-Durcheinander verhindern. Besonders profitieren könnten Menschen, die Medikamente dauerhaft einnehmen müssen, etwa für den Blutdruck oder die Schilddrüse. Das betrifft vor allem Menschen mit chronischen Erkrankungen, für die die Dauermedikation Normalität ist. Zum anderen kommen auch mit dem Alter langfristige Therapien bei vielen Menschen hinzu.

Bislang ist es so: Wenn man ein Medikament dauerhaft einnimmt, braucht man jedes Mal ein neues Rezept. Selbst wenn man es seit zehn Jahren täglich einnimmt. Die Ärztin oder der Arzt muss es immer wieder neu verschreiben. Ein Arzttermin ist in der Regel nicht nötig. Bei mehreren Menschen und mehreren Tabletten kommt einiges zusammen. Der Facharzt verschreibt das eine Medikament nicht, der Hausarzt dafür etwas anderes nicht. Und schon verbringt man viel Zeit in Arztpraxen, nur um Anschlussrezepte zu besorgen. Damit soll nun Schluss sein.

Welche Vorteile bringt das E-Rezept für Patienten?

„Folgerezepte könnten digital ausgestellt werden, ohne dass man noch mal zur Praxis muss“, erklärt Lucas Auer die Vorteile des E-Rezepts. Er ist Fachreferent beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Die neue Packung Blutdrucksenker könnte dann einfach in der Apotheke abgeholt oder geliefert werden. Auch nach Videosprechstunden können Patienten sich ein E-Rezept ausstellen lassen.

Die Verbraucherschützer sehen weitere Vorteile für Patientinnen und Patienten. Zum Beispiel sollte das E-Rezept weniger fehleranfällig sein, denn unleserliche Hinweise sind nicht mehr möglich. Vielleicht müssen Patienten sich dann nicht mehr ärgern, wenn sie am Ende den falschen Hersteller oder eine kleinere Packungsgröße bekommen haben und schon bald ein neues Rezept brauchen werden.

Den größten Vorteil sehen Patientenschützer im besseren Überblick, welche Medikamente der Patient bereits einnimmt und ob es dadurch Kontraindikationen gibt, Umstände, unter denen ein Medikament nicht eingenommen werden darf. In dem Fall wären gefährliche Wechselwirkungen möglich. Bislang fehlt eine Übersicht, was ein Patient von verschiedenen Ärzten verschrieben bekommt. Ärzte müssen sich allein auf die Aussagen eines Patienten verlassen, wenn sie ein neues Rezept ausstellen. Die digitale Erfassung aller Medikamente ermögliche einen leichten Überblick über Wechselwirkungen, erklärt Auer.

E-Rezept bislang nur für Arzneien

Neben bisherigen Schwierigkeiten mit Ladezeiten, Servern und verspäteten Signaturen gibt es ein weiteres Manko: Das E-Rezept gilt vorerst nur für Arzneimittel. Das heißt, Verordnungen für Therapien oder Hilfsmittel werden weiterhin auf Formularzetteln ausgestellt. Doch gerade Verordnungen für Therapien sind fehleranfällig: Steht dort exakt die Therapieform, die die Praxis gerade anbieten kann? Und ist die wöchentliche Stundenanzahl korrekt angegeben?

Stimmt etwas nicht, muss eine neue oder korrigierte Version her. Der Weg in die Arztpraxis ist also weiterhin sicher.

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