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RechtskolumneBestellte Ware kommt nicht – Kann ich vom Kaufvertrag zurücktreten?

3 min
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Nicht nur Käufer von Neuwagen müssen momentan oft lange auf ihr neues Auto warten.

  1. In unserer Serie „Recht und Ordnung“ befassen wir uns mit juristischen Themen aller Art – und verschaffen Ihnen mehr Durchblick im Paragrafen-Dschungel.
  2. Eine Staatsanwältin, ein Rechtsanwalt und zwei Rechtsanwältinnen erläutern regelmäßig aktuelle Rechtsfragen.
  3. Diesmal geht es um die Frage, ob Kunden bei einer verzögerten Lieferung, vom Kaufvertrag zurücktreten können.

Köln – Wer sich aktuell den Wunsch nach einem E-Bike, einer modernen Küchenzeile oder einem neuen Auto erfüllen möchte, braucht nicht nur Geld, sondern auch Geduld. Rohstoffe wie Halbleiter für Mikrochips, Holz oder Stahl sind derzeit Mangelware. So kommt es, dass immer mehr Menschen sehr lange und teils sogar vergeblich auf bestellte Ware warten müssen. Oft sind Betroffene unsicher, welche Rechte sie dann gegenüber dem Händler haben. Viele gehen fälschlicherweise davon aus, sie könnten sofort vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn nicht pünktlich geliefert wird. So einfach ist es jedoch nicht.

Entscheidend ist, wann der Händler laut Vertrag liefern muss

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Helga Zander-Hayat leitet bei der Verbraucherzentrale NRW den Bereich Markt und Recht.

Grundsätzlich gilt: Pacta sunt servanda, Verträge sind einzuhalten. Anbieter müssen ihrer Lieferungspflicht nachkommen, genauso wie Abnehmer den vereinbarten Preis pünktlich zahlen müssen. Doch wo beginnt der Vertragsbruch? Ab wann muss eine verzögerte Lieferung nicht mehr hingenommen werden? Entscheidend ist, wann der Händler laut Vertrag liefern muss und ab wann er sich in „Verzug“ befindet. Einfach festzustellen ist das, wenn im Kaufvertrag ein konkreter Liefertermin vereinbart wurde. Dann gerät der Händler automatisch mit Ablauf dieses Termins in Verzug. Allerdings enthalten Verträge meist nur eine ungefähre Angabe wie „in circa drei Wochen“ oder „Lieferung erwartet in Kalenderwoche 32“.

Der Rücktritt vom Vertrag sollte wohl überlegt sein

In diesen Fällen müssen Verbraucher zunächst beim Händler die Lieferung anmahnen und ihm so die Chance geben, den Vertrag doch noch zu erfüllen. Hierbei ist unbedingt eine angemessene Frist für die Nachlieferung zu setzen – aus Beweisgründen am besten schriftlich oder im Beisein von Zeugen. Die Frist sollte in der Regel die Hälfte der ursprünglich vereinbarten Lieferfrist betragen – jedoch nie weniger als 14 Tage. Bei einer ursprünglichen Lieferzeit von drei Monaten wären also sechs Wochen angemessen. Verstreicht auch die Nachfrist, ohne dass die Lieferung erfolgt, können Verbraucher vom Vertrag zurücktreten und bereits geleistete Anzahlungen zurückfordern.

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Wer genau weiß, dass er nach Ablauf der Nachfrist kein Interesse mehr an der bestellten Ware hat, kann den Rücktritt auch schon zusammen mit der Mahnung androhen. Juristen nennen dies „Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung“. Wenn dann die Ware nur zu einem höheren Preis bei einem anderen Händler bestellt werden kann, ist zusätzlich auch Schadensersatz in Höhe der Preisdifferenz möglich. Fraglich ist allerdings, ob man dann von einem anderen Anbieter tatsächlich schneller beliefert wird. Der Rücktritt vom Vertrag sollte daher wohl überlegt sein. Ansonsten beginnt die Warterei bei einem anderen Händler von vorne.

Im Kleingedruckten verbergen sich häufig Preisanpassungs- klauseln

Nach langer Wartezeit kann sich ein weiteres Ärgernis anbahnen. Das neue Auto wird endlich nach fünf Monaten geliefert, doch der Händler verlangt nun einen höheren Preis. Kann das rechtens sein? Schließlich wurde im Vertrag doch ein bestimmter Kaufpreis festgelegt. Für diese Fälle lohnt sich vor Vertragsabschluss ein Blick in die Geschäftsbedingungen. Im Kleingedruckten verbergen sich häufig Preisanpassungsklauseln. Sie ermöglichen – allerdings unter strengen Vorgaben – eine nachträgliche Preiserhöhung bei Lieferzeiten von mehr als vier Monaten.

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Haben auch Sie eine Frage an unsere Experten? Schreiben Sie per Mail an:

recht-und-ordnung@dumont.deoder per Post an:„Kölner Stadt-Anzeiger“z.Hd. Joachim FrankStichwort „Recht und Ordnung“Neven DuMont Haus, 50590 Köln.

Entscheidend ist nicht der tatsächliche Lieferzeitpunkt, sondern die vereinbarte Lieferfrist. Beträgt diese weniger als vier Monate, kann der Händler sich keinesfalls auf die Klausel berufen. Zudem haben viele dieser Klauseln einer gerichtlichen Überprüfung nicht standgehalten. Eine solche Prozedur kostet aber Zeit und Nerven, und häufig ist rechtlicher Beistand vonnöten. Verbraucherzentralen können dabei eine Hilfe sein.