Katzen genervt, Hunde fröhlich?Wie sich der Lockdown auf unsere Haustiere auswirkt

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Wie fühlen sich Hunde und Katzen im Lockdown? (Symbolfoto)

Köln – Forscher haben herausgefunden, was viele Tierhalter schon längst wissen: Haustiere sind für ihre Besitzerinnen und Besitzer eine emotionale Stütze in der Corona-Krise. In einer Studie wurde das im ersten Lockdown in Großbritannien untersucht. Die tierischen Kumpanen können sogar psychische Schäden in der Pandemie abmildern. Doch wie ist die aktuelle Situation für Hunde und Katzen? Denken sich die eigensinnigen Samtpfoten womöglich: „Was macht denn mein privater Dosenöffner den ganz Tag hier? Echt anstrengend, wenn er mich die ganze Zeit streicheln will!“ Und freut sich des Menschen bester Freund dagegen: „Endlich muss ich nicht mehr alleine sein!“

Rund um den Globus schildern Tierhalter, dass sich ihre Katzen oder Hunde merkwürdig verhalten: Katzen, die Wände hochspringen, gegen sie laufen, aggressiv werden oder gar depressiv wirken. Hunde hingegen, die plötzlich jammern, wenn ihr Besitzer im Homeoffice kurz aufsteht, um auf die Toilette zu gehen. 

Verhaltensauffällige Tiere leiden unter instabilen Besitzern

Forscher haben die Auswirkungen des Lockdowns in Spanien auf Haustiere untersucht. Das Ergebnis: Hunde und Katzen, die schon vor der Pandemie ein auffälliges Verhalten zeigten, können unter der emotionalen Instabilität der Besitzer leiden. Nadja Affenzeller von der Universitätsklinik für Kleintiere an der Veterinärmedizinischen Universität Wien erklärt, dass es in der Lockdown-Situation mit Ausgangsbeschränkungen vermehrt zu Spannungen und Streits gekommen ist, was sich negativ auf die Haustiere auswirken könne. Die veränderte Situation könne zu Verhaltensauffälligkeiten wie vermehrtem Bellen bei Hunden und dem heischen nach Aufmerksamkeit führen oder die Tiere sind nervös und reagieren gestresst und frustriert. „Diese Auffälligkeiten können als Ausdruck von Überforderung mit der Lebenssituation interpretiert werden. Die Bewältigungsstrategien der Tiere sind überschritten und dies spiegelt sich in Verhaltensänderungen wider“, erklärt die Wiener Verhaltensexpertin.

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Celina del Amo, Tierärztin und Verhaltensexpertin

„Psychische Instabilität der Besitzer kann sich bei Tieren, die eng an sie gebunden sind, immer als Stressor auswirken“, sagt die Neusser Tierärztin und Verhaltensexpertin Celina del Amo. In ihrer Praxis kann sie aber seit Beginn der Corona-Krise diesbezüglich keine Zunahme von Patienten mit Verhaltensauffälligkeiten feststellen.

„Wenn sie vorher auch ein gutes Verhältnis zu ihrem Besitzer hatten, genießen es Hunde und Katzen häufig, dass ihre Menschen mehr Zeit zu Hause verbringen. Für Hunde ist es während der Lockdown-Zeit vorteilhaft, dass sie nicht alleine sein müssen.“ Isolation ist für Hunde als Rudeltier sehr schlimm. Die Zeit im Lockdown sollte deshalb zum Üben genutzt werden: „Wenn man mit Hunden trainiert, dass sie alleine bleiben, muss man in kleinen Schritten trainieren. Ganz am Anfang geht es da um Sekunden oder wenige Minuten der Trennung“, sagt del Amo.

Hunde und Katzen benötigen unterschiedlich viel Struktur

Bei der Studie in Spanien haben über die Hälfte der Befragten angegeben, dass sich die Lebensqualität ihrer Katzen verbessert habe. Bei rund der Hälfte der Besitzer habe sich sogar die Beziehung zum Tier verbessert. Die Neusser Tierverhaltensexpertin sagt: „Katzen sind nicht genervt, wenn Menschen häufiger vor Ort sind. Sie mögen es nur nicht, wenn Menschen sich ihnen aufdrängen, sie ständig gestreichelt oder getragen werden. Es steht ihrer Selbstbestimmtheit entgegen. Hunde tolerieren das grundsätzlich eher als Katzen, solange der Kontakt nicht übermäßig aufdringlich ist.“ Es entspreche absolut nicht dem Katzen- oder Hundenaturell, die Tiere ständig herumzutragen.

Vielen Menschen setzt es im Lockdown zu, dass sich ihr Tagesablauf und etablierte Routinen verändert haben. Wie viel Struktur im Alltag für einen Hund oder eine Katze wichtig ist, hänge von ihrer Persönlichkeit ab. „Katzen mögen weniger Chaos – speziell im Sinne von viel Trubel oder einem hohen Lautstärkepegel“, sagt del Amo. Große Veränderungen, laute Geräusche und viele Besucher zählen aber eher nicht zum Alltag im Homeoffice.

Verhalten sich Hunde im Lockdown auffällig, könne es ihnen unter Umständen helfen, gewohnte Gassizeiten einzuhalten. Halter sollten auf die individuellen Bedürfnisse ihrer Katze oder ihres Hundes eingehen, rät die Expertin der Uni Wien. „Verschlechtert sich das Problemverhalten des eigenen Tieres durch vermehrte emotionale Nähe, sollte man auf die Bedürfnisse seines Vierbeiners Rücksicht nehmen und ihm Rückzugsmöglichkeiten bieten“, empfiehlt Nadja Affenzeller.

Viele Hunde werden nach dem Lockdown leiden

Celina del Amo sieht auf Haustiere einige Probleme nach dem Lockdown zukommen: „Es steht vielen Hunden Trennungsstress ins Haus, wenn für die Menschen der normale Alltag zurückkehrt.“ Das würden viele Besitzer nicht bedenken, meint die Tierverhaltensexpertin. Vor allem die Halter, die sich erst während der Krise einen Vierbeiner zugelegt haben, sind mit derlei Problemen häufig noch nicht vertraut.

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„Es steht zu befürchten, dass es Tausenden von Hunden nach der Pandemie nicht gut ergehen wird und dass es viele Abgaben geben wird, weil viele Menschen nicht darüber nachgedacht haben, dass sie den Hund nach der Krise nicht in ihren Alltag integrieren können. “Problematisch sei auch, dass durch die enorme Nachfrage an Hunden in der Pandemie der Markt an unseriösen Aufzuchtsstätten viel größer geworden ist.

Pandemiefolgen für Hund und Katzen bei der Spanischen Grippe

Übrigens scheinen sich schon bei der Spanischen Grippe im 20. Jahrhundert Besitzerinnen und Besitzer Gedanken darüber gemacht zu haben, ob das Virus auch ihren Tieren schaden kann oder ob diese Menschen damit anstecken können. Auf manchen Fotos – wie auf einem des „City of Dublin California Heritage Center“ – scheinen sogar Hunde oder Katzen eine Maske zu tragen. Die Frage nach der Übertragung des Coronavirus durch Hunde oder Katzen wurde auch in dieser Pandemie aufgeworfen und gilt als eher unwahrscheinlich.

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