Zum WeltbienentagWie man Wildbienen im eigenen Garten ein gutes Insektenhotel baut

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Ein Mauerbienen-Männchen schaut aus der Bienen-Unterkunft.

Leverkusen – Lässt die Sonne die Temperaturen im Frühjahr klettern, wagen sich die ersten Wildbienen aus ihren Nisthilfen hinaus. Doch nicht jedes im Baumarkt angebotene Bienenhotel, nicht jede Bastelanleitung ist den Tieren wirklich dienlich. Der Leiter des Naturgut Ophofen in Leverkusen Hans-Martin Kochanek erklärt zum Weltbienentag am 20. Mai, was gute Nisthilfen ausmacht und wie man sie selbst bauen kann.

Ein weißes Gesicht und zwei vorwitzige Fühler lugen vorsichtig heraus in die Welt. Das Mauerbienen-Männchen zögert. Ganz überzeugt ist es noch nicht, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist, sein kurzes Freiluft-Leben zu beginnen. Zu wenig Sonne, ganz eindeutig. Es zieht sich zurück in sein geschütztes Heim. Einige Artgenossen sind mutiger. Sie kommen heraus aus ihrer Bienen-Unterkunft auf dem Naturgut Ophofen in Leverkusen, krabbeln gemächlich herum, auch auf menschlichen Kinderfingern, und wagen schließlich sogar einen kleinen Flug.

Zuhause für immer statt Bienenhotel 

Das Wort „Bienenhotel“ nutzt Hans-Martin Kochanek, Biologe, Naturschützer und Leiter des Guts, nicht so gern. In einem Hotel zu wohnen, sei ja eine kurzfristige Angelegenheit: „Aber für die Bienen ist es das Zuhause für ihr ganzes Leben.“ In Leverkusen haben Kochanek und seine Mitarbeiter mit verschiedensten Unterkünften ein Paradies für Wildbienen geschaffen und sich zum Ziel gesetzt, darüber zu informieren, was die für unser Ökosystem so wichtigen Tierchen brauchen. Denn die Häuser, die in jedem Baumarkt angeboten werden, sind oft nicht optimal konzipiert. Und viele Bastelanleitungen sind nicht richtig durchdacht.

Das ist schade. Denn die Bienen sind darauf angewiesen, dass wir uns ihrer Bedeutung erinnern und ihnen brauchbaren Lebensraum zurückgeben. Und nicht nur die Bienen sind es, sondern wir auch. Ohne Bienen, keine Blüten. Und „ohne Blüten, kein Leben“, sagt Kochanek. Wildbienen, die im Gegensatz zu Honigbienen allein und nicht in Staaten leben, erledigten einen Großteil der Bestäubungsarbeit, erklärt der Biologe. Gefährlich sind sie nicht, sie stechen kaum, ihre Stachel sind nicht stabil genug, um menschliche Haut zu durchdringen. Rund 585 Arten gibt es in Deutschland. Sie sorgen dafür, dass unsere Obstbäume und unser Gemüse bestäubt werden, aber sie halten auch die Artenvielfalt aufrecht. Werden die Bienen weniger, sterben Pflanzenarten aus. Und das schadet unserem Ökosystem.

Bienen finden kaum Unterkünfte in Gärten der Stadt

Bienenmamas legen ihre Eier in löchrigem Altholz ab oder in sandig-lehmigem Boden. Aber beides ist knapp geworden in den stark besiedelten Ballungsräumen unserer Städte. Selbst in unseren Gärten finden die Bienen kaum noch natürliche Unterkünfte. „Es ist zu aufgeräumt“, sagt Kochanek. Alte Äste werden geschreddert, jedes Fleckchen Erde wird bepflanzt oder mit Schotter bedeckt. Aber „Totholz ist das Benzin des Gartens, es hält ihn am Leben“, sagt Kochanek. „Hunderttausende Jahre gab es Massen davon. Dann haben wir das Angebot in sehr kurzer Zeit drastisch reduziert, daran kann sich die Natur so schnell nicht gewöhnen.“

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So geht's richtig: Nesthilfe mit Röhre

Wer jetzt eine Bienenunterkunft in seinem Garten installiert, hat gute Chancen, dass sie in den nächsten Wochen bezogen wird. Dass die Bienenweibchen in den Röhren der Nisthilfe ihre Nester anlegen. Und das funktioniert so: Am Ende der Röhre wird aus Lehm eine Rückwand gebaut. Danach bringt die Biene Pollen und Nektar in die Röhre und legt ein Proviantlager für ihren Nachwuchs an. Schließlich legt sie ein Ei darauf ab und verschließt die Kammer mit einer weiteren Lehmwand. Dann geht es wieder von vorn los. So werden in einer Röhre mehrere Kammern hintereinander angelegt, und am Ende wird die Röhre mit Lehm verschlossen. Daran kann man gut erkennen, dass eine Nisthilfe bewohnt ist.

Aus den Eiern schlüpfen nach wenigen Tagen die Larven und machen sich über das bereitgestellte Futter her. Sie häuten sich mehrmals, verpuppen sich dann und spinnen sich ein. In einem braunen Kokon entstehen im Spätsommer die Bienen. Den ganzen Winter über sind sie also schon voll entwickelt und harren Kammer an Kammer in ihren Röhren aus. Erst wenn es im Frühjahr warm wird, kommen sie heraus. Die ersten sind dann die Mauerbienen, deren Männchen so auffallend weiße Gesichtshaare haben. Weitere Arten folgen in den Wochen danach. „Von März bis Juli hat man da Stimmung“, sagt Kochanek.

Besonders die Männchen sind allerdings nicht zu beneiden. Ihr Leben im Tageslicht ist sehr überschaubar. Sie kommen für rund zwei Monate heraus, feiern Hochzeit, befruchten ein Weibchen – und das war es. Viel Bestäubungsarbeit leisten sie nicht. „Wildbienen-Jungs essen nicht viel, die interessiert nur eins, die wollen heiraten“, erzählt der Leverkusener Biologe. Die Weibchen fliegen dafür umso emsiger von Blümchen zu Blümchen und sammeln all den Proviant für ihren Nachwuchs.

Optimale und schlechte Nisthilfen

In Leverkusen haben sie lange getüftelt und probiert, welche Art von Nisthilfen besonders gut funktionieren. Die größten Fehler sind auf jeden Fall: Röhren mit einem zu großen Durchmesser. Ausgefranste Eingänge an den Niströhren. Keine Rückwand. Überflüssig sind so Dinge wie Tannenzapfen, die in den Varianten der Baumärkte oft zu finden sind. Damit können die Bienen nichts anfangen.

Am besten geeignet ist über mehrere Jahre getrocknetes Hartholz von der Esche oder von Obstbäumen. Der Durchmesser der Röhren sollte zwischen drei und neun Millimetern betragen, die Länge der Röhren 12 bis 15 Zentimeter. Wichtig ist es, von der Rindenseite her in das Holz zu bohren, da es bei Bohrungen von der Stirnseite aus (also von dort, wo man die Jahresringe sieht) schnell reißt. Und zugige Röhren mit Seiteneingängen für Räuber mögen die Bienen ebenso wenig wie schimmeliges Holz.

Die Eingänge zu den Röhren sollten sorgfältig abgeschliffen werden, da abstehende Holzfasern die zarten Flügel der jungen Bienen verletzen können. Hinten müssen die Röhren geschlossen sein, sonst nehmen die Bienen sie nicht an. Ein Dach schützt vor Regen und sorgt für Ruhe beim Anflug. Und ein Drahtgitter davor hindert Spechte daran, das Bienenhaus als leckeres Buffet anzusehen.

Bienenhaus aus Dose und Halmen

Auch aus hohlen Pflanzenstängeln können für die Bienen attraktive Nisthilfen gebaut werden. Aus Bambus, Schilf oder Strohhalmen. Zum Beispiel so: Den Boden einer Konservendose mit einer rund ein Zentimeter dicken Lehmschicht bedecken. Dort werden 15 Zentimeter lange Halme verschiedenen Durchmessers (drei bis neun Millimeter) hineingesteckt. Fertig! Für die Installation im Garten ist wichtig: Die Bienen mögen es sonnig und windgeschützt. Ihre Häuser dürfen nicht herumschaukeln, sondern sollten sicher befestigt sein. Und es muss Nahrungsquellen in der Nähe geben, etwa eine Wildblumenwiese.

Wichtig zu wissen ist auch, dass nur etwa ein Drittel der Bienen ihre Eier in Niströhren im Holz ablegt. Alle anderen nisten im Boden, am liebsten in sandiger Erde mit einem Lehmanteil. Dazu reicht ein kleines Fleckchen, das von Bewuchs befreit und mit einer Natursand-Lehmmischung versehen wird. Mit einem Holzrahmen kann man drum herum wachsende Pflanzen etwas zurückhalten. Eine kleine Trockenmauer aus Natursteinen nutzen die Bienen gern als Sonnenterrasse oder zum Übernachten – und viele andere Tiere fühlen sich dort ebenfalls wohl. Ebenso in einem kleinen Lager aus altem Holz.

Gärten der Natur nachahmen

Fazit: Mit zwei, drei Nisthilfen, ein paar Steinen, etwas altem Holz, einem Fleckchen freier Erde und einer Wildblumen-Samenmischung lässt sich schnell und einfach ein Bienenparadies im eigenen Garten zaubern. „Wir müssen in unseren Gärten die Natur nachahmen“, sagt Hans-Martin Kochanek. Das tue nicht nur den Bienen gut, sondern auch uns selbst: „Wir sind ja selbst ein Stück Natur und fühlen uns deshalb in der Natur am wohlsten.“ Und unseren Kindern tut das auch gut: „Sie können die Bienen beobachten und entwickeln so keine Angst vor der Natur, im Gegenteil, wir fördern ihre Freude an der Natur.“

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