Folgen der KriseBekomme ich später weniger Rente, wenn ich jetzt in Kurzarbeit bin?

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Symbolbild Kurzarbeit Rente

Welche Auswirkungen hat Kurzarbeit auf die Rente?

Köln – Die zweite Welle der Corona-Pandemie schiebt ein mögliches Ende der Kurzarbeit weiter in die Ferne, einige Unternehmen sind wieder darauf angewiesen. Für Arbeitnehmer ist die aktuelle Situation belastend genug – wie wirkt sich aber diese Zeit langfristig auf den Geldbeutel aus? Hat Kurzarbeit Folgen für ihre spätere Rente?

Vorneweg: Spurlos geht die Kurzarbeit auch an der Rente nicht vorbei, für viele Arbeitnehmer sind die direkten Auswirkungen aber überschaubar. Anders sieht es aus, wenn die Arbeitszeit stark heruntergefahren wird und die Kurzarbeit lange andauert.

Bekomme ich später weniger Rente, wenn ich heute in Kurzarbeit bin?

Auch bei Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit werden Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt, betont die Deutsche Rentenversicherun (DRV). Man sammelt also nicht weniger Beitragsjahre, was später ein wichtiger Faktor für den Rentenanspruch ist. Dadurch solle sichergestellt werden, dass sich Krisen nicht auf den Rentenanspruch durchschlagen und Arbeitnehmer durchgehend abgesichert sind.

Allerdings wirkt sich Kurzarbeit auf die Höhe der Rentenbeiträge aus und damit auch auf die Höhe der Rente – wenn auch in abgeschwächter Form, erklärt die Gewerkschaft IG Metall. Wie stark sie sich im Einzelfall bei der Rente bemerkbar macht, ist vor allem davon abhängig, wie lange die Kurzarbeit andauert und wie viel weniger man arbeitet.

Wie viel wird während der Kurzarbeit in die Rentenkasse eingezahlt?

Die Rentenbeiträge sinken leicht maximal um 20 Prozent und die Last teilt sich anders auf. Für die geleistete Arbeitszeit ändert sich nichts, sie wird vergütet und es werden Rentenbeiträge eingezahlt, zur Hälfte vom Chef, zur Hälfte vom Arbeitnehmer. Für die ausgefallene Arbeitszeit erhält der Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld, es beträgt zwischen 60 und 87 Prozent seines Nettoentgelts. Außerdem werden 80 Prozent der fehlenden Rentenbeiträge eingezahlt. Dank einer Corona-Sonderregelung wird dem Arbeitgeber aktuell beides von der Bundesagentur für Arbeit erstattet: zusätzlich zum Kurzarbeitergeld auch die Sozialbeiträge.

Ein Beispiel: Eine Angestellte arbeitet in Kurzarbeit noch 75 Prozent. Aus 4000 Euro brutto werden 3000 Euro brutto, auf die sie und ihr Arbeitgeber jeweils Rentenbeiträge zahlen. Zusätzlich bekommt sie Kurzarbeitergeld. Auf 80 Prozent der fehlenden 1000 Euro werden ebenfalls Rentenbeiträge fällig. Die zahlt ihr Arbeitgeber allein und lässt sie sich erstatten. Statt für 4000 Euro werden also noch Rentenbeiträge für 3800 Euro eingezahlt.

Um wie viel Euro sinkt meine Rente, weil ich wegen Corona in Kurzarbeit bin?

Selbst wenn ein Arbeitnehmer in Kurzarbeit gar nicht mehr arbeiten darf, würden immer noch 80 Prozent der regulären Beiträge eingezahlt, erklärt die IG Metall. Dadurch habe Kurzarbeit nur einen geringen Effekt auf die spätere Rente. Das sei wichtig, denn: „Die gesetzliche Rente ist gerade in Krisenzeiten ein wichtiger Stabilisator für die Altersvorsorge.“

Einige Fallbeispiele: Wer ein ganzes Jahr lang in Kurzarbeit ist und in dieser Zeit noch 50 Prozent arbeitet, bekommt bei einem Durchschnittsgehalt später 3,40 Euro weniger Rente im Monat, erklärt die IG Metall. Also etwa 40 Euro weniger Rente im Jahr. Das Durchschnittsgehalt liegt derzeit bei 40.551 Euro brutto beziehungsweise 3.379,25 Euro brutto im Monat.

Bei einem höheren Gehalt von monatlich 5000 Euro brutto und einem Jahr lang halbierter Arbeitszeit bekommen Versicherte 5 Euro weniger im Monat, also 60 Euro weniger im Jahr, erklärt die DRV. Dauert die Kurzarbeit ein halbes Jahr bei halber Arbeitszeit, bekommen die Gutverdiener 30 Euro Rente weniger im Jahr. Bei 75 Prozent sind es nur noch 15,60 Euro, die sie wegen der Kurzarbeit verlieren.

Selbst wer ein ganzes Jahr gar nicht arbeiten darf, verliert laut IG Metall bei einem Durchschnittsgehalt immerhin nur 6,80 Euro Rentenanspruch im Monat, das sind 81,60 Euro im Jahr. Für das höhere Gehalt von 5000 Euro brutto wären es in diesem Fall 10 Euro Rente weniger im Monat, also 120 Euro weniger im Jahr.

Lohnt es sich, die Beiträge aus eigener Tasche zu auszugleichen?

Es gibt Möglichkeiten, diesen Verlusten vorzubeugen. Generell gilt: Jeder Versicherte kann freiwillig zusätzliche Beiträge in die Rentenkasse einzahlen, um seinen Rentenanspruch zu erhöhen. Also zum Beispiel die niedrigeren Beiträge während der Kurzarbeit aus eigener Tasche ausgleichen. Allerdings ist die finanzielle Lage vieler Arbeitnehmer ohnehin angespannt. Sinn kann das für diejenigen machen, die von Kurzarbeit betroffen sind, normalerweise aber keine finanziellen Sorgen haben oder für Kurzarbeiter, die ein finanzielles Polster haben und keine Einbußen bei der gesetzlichen Rente hinnehmen wollen. „Dazu sollte man sich von der Deutschen Rentenversicherung beraten lassen“, rät die IG Metall. Für wen es sich im Einzelfall lohnt, lasse sich nicht sagen, ohne die individuelle Situation zu kennen.

Wie sieht es bei Kurzarbeit mit der Betriebsrente aus?

Ähnliches gilt für die Betriebsrente: Hier sei die Lage in den deutschen Unternehmen unübersichtlich und komplex, erklärt die IG Metall. „Ohne Prüfung der jeweiligen Vertragssituation kann daher keine sinnvolle individuelle Handlungsempfehlung gegeben werden.“ Genauere Informationen und Hilfe könnten Arbeitnehmer sich beim Betriebsrat oder der Personalabteilung einholen.

Wird meine Rente nächstes Jahr niedriger ausfallen?

Nein, die Rente darf nicht sinken; maximal ist eine Nullrunde bei der Rentenerhöhung möglich. Eine Sicherungsklausel im Gesetz garantiere die bisher erworbenen Rentenansprüche, erklärt Dirk von der Heide, Sprecher der DRV Bund. Für 2021 ist bislang geplant, die Renten nach jahrelangen Steigerungen auf demselben Niveau zu belassen beziehungsweise sie im Osten nur geringfügig anzuheben um 0,7 Prozent. Die endgültige Entscheidung fällt wie immer im Frühjahr.

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Gundula Roßbach, Präsidentin der DRV Bund, betont: „Die Rente wird ohne Wenn und Aber gezahlt. Dies war zu keinem Zeitpunkt in der Corona-Krise in Gefahr. Und das gilt auch in der Zukunft.“

Werden die Beiträge für die Rentenversicherung jetzt steigen?

Nein, zumindest vorerst werden die Beiträge wohl gleich bleiben bei 18,6 Prozent des versicherungspflichtigen Lohns. Bis 2025 darf der Beitragssatz die 20-Prozent-Marke nicht überschreiten, das schreibt ein Rentenpaket der Bundesregierung vor. Das Rentenniveau ist für diese Zeit auf mindestens 48 Prozent festgelegt. „Der Beitragssatz bleibt voraussichtlich weitere zwei Jahre stabil bei 18,6 Prozent“, erklärt DRV-Präsidentin Roßbach. „Danach wird eine Anhebung nötig sein.“ Das sei das Ergebnis einer Finanzschätzung, die jedes Jahr im Juli gemacht werde.

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