Beim TierarztWas sich heute für Besitzer von Hunden und Katzen ändert

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Eine Tierärztin untersucht einen kleinen Hund in ihrer Praxis.

Im November erhöhen Tierärzte ihre Preise.

Haustierhalterinnen und -halter müssen ab sofort auch beim Tierarztbesuch tiefer in die Tasche greifen. Und für bestimmte Leistungen sogar bis zu 163 Prozent mehr zahlen. Die neue Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte (GOT) ist am 22. November in Kraft getreten. Mit welchen Mehrkosten Hunde- und Katzenhalter rechnen müssen.

Warum verlangen Tierärzte ab November mehr Geld?

Die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) regelt, wie viel Geld Tierärzte für bestimmte Leistungen verlangen dürfen. Mehr als 20 Jahre lang wurde sie nicht verändert, sprich: an die jeweils aktuellen Gegebenheiten, wie gestiegene Miet-, Praxis-, Energiekosten und neue medizinische Verfahren wie etwa Computertomografie, angepasst.

Laut Bundestierärztekammer (BTK) seien die Praxiskosten, die bis zu 75 Prozent des Umsatzes betragen, wesentlich höher gestiegen als die Inflationsrate. Eine wissenschaftliche Studie zu tierärztlichen Leistungen und deren angemessener Abrechnung, die das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) beauftragt hat, und die im November vergangenen Jahres veröffentlicht wurde, ergab: Die aktuellen Gebühren reichen bei weitem nicht mehr aus, um kostendeckend zu arbeiten und sicherzustellen, dass es auch künftig genügend Fachpersonal in den Praxen und den Notdiensten gibt.

Wie der Deutsche Tierschutzbund berichtet, ist die medizinische Versorgung von Haustieren aufgrund des Fachkräftemangels in einigen Regionen Deutschlands schon jetzt nicht mehr sichergestellt. Das BMEL hofft, den Beruf durch die Gebührenerhöhung attraktiver zu machen.  

Wozu dient die Gebührenordnung genau?

Die gesetzlich vorgeschriebene GOT soll für Transparenz sorgen und Tierhalterinnen und-Tierhalter vor Übervorteilung schützen, sagt der BTK-Präsident Uwe Tiedemann. Ein Wettbewerb zwischen Tierärzten sollte schließlich über die Leistung und nicht über den Preis stattfinden. Außerdem sichere sie eine angemessene Bezahlung der Mitarbeitenden, die Bereitschaft zur Investition und Fortbildung und damit eine hohe Qualität der tierärztlichen Leistung.

Neu ist, dass Veterinäre nun verpflichtet sind, Wegegeld zu berechnen, wenn sie nicht in der Praxis oder Klinik behandeln. Das galt zwar vorher lange, konnte aber leicht umgangen werden. Die neue Regelung soll nun verhindern, dass Tierärzte damit werben, dass bei ihnen kein Wegegeld anfällt. Neu ist auch, dass alle Tierärztinnen und Tierärzte ab 22. November eine Rechnung ausstellen müssen, in der explizit aufgelistet ist, welche Leistungen wie abgerechnet wurden. 

Beispiele neuer Kosten für Hund und Katze 

• Allgemeine Untersuchung bei einem Hund: 23,60 Euro statt bisher 13,60 Euro, bei einer Katze 23,60 Euro statt bisher 9 Euro.

• Impfungen bei Hund und Katze: 11,50 statt 5,77 Euro.

• Röntgenaufnahmen bei Hund und Katze: 36,57 Euro statt 25,65

• Kaiserschnitt einer Hündin: 183,37 Euro

• Kastration Hund/Hündin: 70,60 Euro /192 Euro statt 51,31 Euro / 160,34 Euro

• Kastration Kater/Katze: 30,32 Euro / 89 Euro statt 19,24 Euro / 76,97 Euro

•  Zahn ziehen bei Hund und Katze: 10,26 Euro statt 6,41 Euro

• Ultraschall bei Hund und Katze: 58,92 Euro statt 42,34 Euro

• Einschläfern lassen von Hund und Katze: 30,78 Euro statt 19,24 Euro 

Was bedeuten die Abrechnungs-Sätze?

Die GOT gibt keine pauschalen Preise an, sondern die Gebühr für die einzelnen Behandlungsschritte. Tierarztkosten werden nach dem einfachen, zweifachen, dreifachen oder vierfachen Satz berechnet. Die einzelne Leistung kann mit dem ein- bis dreifachen, im Notdienst vom zwei- bis vierfachen des jeweiligen Gebührensatzes berechnet werden.

Das heißt: Der einfache Satz ist der Preis, den der Tierarzt mindestens verlangen muss. Je nachdem, wie hoch der (Zeit-)Aufwand, wie schwierig die Behandlung ist und zu welchem Zeitpunkt sie erfolgt, etwa nachts oder am Wochenende, kann auch ein höherer Satz angewendet werden, maximal jedoch der vierfache. Auch entscheidend ist der Wert des Tieres. So paradox das klingen mag, könnte es theoretisch drei Mal mehr kosten ein Rassetier untersuchen zu lassen als einen Straßenmischling.

Bei einem Tierarztbesuch kommen in der Regel aber noch weitere Kosten hinzu, etwa für Beratung, Labor, Narkose, ausgegebene Medikamente und Materialien. Außerdem veranschlagen Tierärzte für jede Behandlung 19 Prozent Umsatzsteuer.

Welche Untersuchung wird wie viel teurer? Eine Auswahl

Nach Angaben der Bundestierärztekammer steigt der Preis für eine allgemeine Untersuchung bei einem Hund um knapp zehn Euro von 13,60 Euro auf 23,60 Euro. Das bedeutet ein Plus von 73 Prozent. Katzenbesitzerinnen und -besitzer zahlen dafür um 163 Prozent mehr, nämlich 23,60 Euro statt bisher neun Euro. Die Kosten für Impfungen bei Hund und Katze verdoppeln sich beinahe von 5,77 Euro auf 11,50 Euro, was bedeutet, dass die Impfungen 99 Prozent teurer werden. Bei Röntgenaufnahmen fällt der Preisunterschied von 36,57 Euro statt 25,65 Euro etwas geringer aus.

Je nach individueller Behandlung können die Kosten, wie gesagt, allerdings höher sein. Zum Beispiel sind künftig für Leistungen, die den Praxisbetrieb erheblich stören, zusätzlich 41,04 Euro fällig, für den Kaiserschnitt einer Hündin 183,37 Euro. Hinzukommt die Umsatzsteuer und die oben genannten Kosten.

Kritik des Tierschutzbundes an der neuen Gebührenordnung

Der Deutsche Tierschutzbund e.V. befürchtet, dass bei vielen Halterinnen und Haltern die Bereitschaft sinken wird, ihr Tier behandeln zu lassen oder diese versuchen, ihre Tiere abzugeben. Viele Tierheime seien aber schon jetzt überfüllt oder hätten Aufnahmestopps verhängen müssen. Die Tierschützer schlagen Alarm: „Die Tierarztkosten werden explodieren, die Energiekosten durch die Decke gehen. Hinzu kommt die Kostensteigerung durch den Mindestlohn und die allgemeine Inflation. Die vielen Tiere in Betreuung bringen das Personal an seine Grenzen. Da aufgrund der Inflation und der angespannten wirtschaftlichen Situation infolge des Ukraine-Krieges auch die Spendenbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger spürbar sinkt, droht dem praktischen Tierschutz in Deutschland der härteste jemals erlebte Herbst und Winter“, sagt Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

Der Deutsche Tierärzteverband indes argumentiert, dass die Gebührenerhöhung letztendlich dem Tierschutz diene, da nur so ein hohes Qualitätsniveau der tierärztlichen Leistung und der flächendeckenden Versorgung der Tiere gewährleistet werden könne.

Kann eine Tierkrankenversicherung die Kosten abfedern?

Laut der Verbraucherzentrale bleiben Hund- und Katzenhaltern nur zwei Optionen: Regelmäßig Geld für den Tierarztbesuch zurückzulegen oder eine Tierkrankenversicherung, beziehungsweise Operationskosten-Versicherung abzuschließen. Auch der Deutsche Tierschutzbund geht davon aus, dass eine solche Versicherung höhere Tierarztkosten ausgleichen könne, plädiert aber auch dafür, dass Übergangslösungen für schlechter betuchte Hunde- und Katzenhalter etwa in Form von Gutscheinen geschaffen werden.

Bei der Wahl der Versicherung sei allerdings höchste Umsicht geboten: Denn laut Angabe der Verbraucherschützer seien die Beitrags- und Leistungsunterschiede zwischen den Anbietern enorm, weshalb es wichtig sei, die Angebote mehrerer Versicherer, miteinander zu vergleichen. Denn wie so oft, steckt der Teufel im Detail. Auch seien Krankenvollversicherungen, die sowohl die Tierarzt- wie auch mögliche OP-Kosten abdecken, meist drei Mal so teuer wie reine OP-Versicherungen. Deshalb lautet der Tipp der Verbraucherschützer: Niedrige Beiträge zahlen nur diejenigen Tierhalter, die ihr gesundes Tier so früh wie möglich versichern. Es kann aber sinnvoll sein, eine reine OP-Kostenversicherung abzuschließen, um die teuren Operationskosten mindestens zu einem Teil erstattet zu bekommen.  

Auf folgende, wichtige Vertragsdetails sollten Tierhalterinnen und -halter achten: Welche Anforderungen werden gestellt? Können nur junge Tiere versichert werden, oder nur bestimmte Rassen? Manche Versicherer lehnen Tiere ab, die zu besonders krankheitsanfälligen Rassen zählen, wie Französische Bulldoggen oder Möpse. Welche Behandlungen werden ausgeschlossen? Und welche Leistungen für Krankheiten, die das Tier schon vor Versicherungsabschluss hatte? Kann die Versicherung nach einem Leistungsfall gekündigt werden? Werden nur Schäden bezahlt, die nach einem Unfall entstanden sind, und nicht andere medizinischen Notfälle? Welcher Höchstbetrag wird pro Jahr und Versicherungsfall gezahlt? Und wie hoch ist die Selbstbeteiligung? Schließlich sollte man auf den Satz achten, den die Versicherung übernimmt: In der Regel berechnen die Tierarztpraxen für alle Behandlungen den dreifachen Satz der GOT, neuerdings können sie ja auch den vierfachen Satz berechnen. Von Versicherern wird aber meist nur der zweifache Satz bezahlt.

Diese Hunde-OP-Versicherungen empfiehlt die Stiftung Warentest

Zuletzt hat die Stiftung Warentest Vollkrankenversicherungen und OP-Versicherungen verglichen und 61 Hunde-OP-Versicherungen mit Blick auf deren Leistungsumfänge untersucht. OP-Versicherungen kommen für Operationskosten auf, die sich je nach Behandlung und Diagnose auf mehrere tausend Euro belaufen können. Leistungsstarke Hunde-OP-Versicherungen gibt es allerdings schon für unter 200 Euro im Jahr, so die Warentester, weshalb sie, wie auch die Verbraucherzentralen eher zu einer OP- statt einer Vollkrankenversicherung raten. 

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