AC/DC in DüsseldorfHöllentrip mit Lokomotive

Sänger Brian Johnson in Düsseldorf. (Bild: dpa)
Copyright: Lizenz
DÜSSELDORF - Die Vorfreude ist überall im Düsseldorfer ISS-Dome zu spüren. Selbst auf der Männertoilette. „Dä-dä-dä!“, brummt ein Kuttenträger an den Pissoirs leise und erntet von seinen Nebenmännern die phonetische Fortführung des berühmten Gitarrenriffs von „Highway to Hell“. Nach Jahren der Abstinenz befindet sich Australiens Hardrock-Legende AC / DC wieder auf weltweiter Höllentour.
Ein Showmarathon, bei dem vor allem die Stimme von Sänger Brian Johnson leidet. Nicht selten hatte sich der mittlerweile 62-Jährige spätestens in der zweiten Konzerthälfte heiser geschrien, so dass nur noch Geschnatter à la Donald Duck übrig blieb. Doch so klar wie in Düsseldorf krächzte der Frontmann lange nicht mehr. Um Punkt 21 Uhr nimmt der Zug Fahrt auf. 12 500 Besucher sehen auf der Videowand einen Comicfilm, in dem Gitarrist Angus Young als teuflischer Lokomotivführer Kohlen nachschiebt. Sein Gefährt scheint in Richtung Hölle zu rasen, als ihm zwei leicht bekleidete Frauen unmissverständlich klar machen, dass Jungen nicht nur mit der Eisenbahn spielen können.
Prompt kracht die Lokomotive durch die Bühnenwand, wo sie schräg qualmend stehen bleibt. Darunter sitzt Phil Rudd am Schlagzeug, während Angus Young schon in die Saiten haut: „Rock'n'Roll Train“ - ein sensationeller Auftakt. „Spätestens nach fünf Sekunden musst du merken, dass es ein AC / DC-Song ist“, lautet die Maxime von Angus Young. Und so fügen sich die neuen Stücke des aktuellen Albums „Black Ice“ nahtlos in die mit Klassikern gespickte Setlist ein. „War Machine“, „Big Jack“ oder „Anything goes“ könnten auch schon 20 Jahre oder älter sein. Bei AC / DC muss man keine Überraschungen befürchten.
Pulsierende Rhythmen, vibrierende Stromgitarren, ein Sänger, der wie ein betrunkener Handwerker über die Bühne torkelt - und eben Angus Young, das Markenzeichen der Band: Der 1,57 Meter kleine Wirbelwind entledigt sich beim Blues „The Jack“ seiner Schuluniform und zelebriert einen Striptease, bei dem er zum Schluss seine schwarz-rot-goldene Unterhose präsentiert. Noch besser jedoch spielt er Gitarre. Höhepunkt ist das wahnwitzige Solo bei „Let there be Rock“, in dessen Verlauf er wild klampfend auf dem Rücken liegt und wie ein strampelnder Käfer auf einer Hebebühne empor gefahren wird.
Derweil haut Schlagzeuger Phil Rudd mit stoischer Ruhe auf seine Töpfe, ebenso gehen Angus' Bruder Malcom und Bassist Cliff Williams ihrer ehrlichen Arbeit nach. Auf AC / DC ist Verlass. Ein „Ruhepol“ in Zeiten der Finanzkrise. Binnen weniger Minuten waren alle Tickets ihrer Hallentournee vergriffen, und selbst die großen Stadion-Konzerte, wie das am 19. Mai in Köln, sind längst ausverkauft.
Der 1980 verstorbene Sänger Bon Scott träumte davon, eines Tages größer als die Rolling Stones zu werden. Er selbst hat es nicht mehr mitbekommen. „For those about to rock, we salute you“ ist die standesgemäß letzte Zugabe. Auf dem Bühnendach feuern Kanonen nach knapp zwei Stunden etliche Salut-Böller ab. Das biergeschwängerte Publikum ist aus dem Häuschen. Mehr geht nicht.