BäckereienDer feine Unterschied

Brötchen ist nicht gleich Brötchen - das Steuergesetz unterscheidet, ob sie in der Bäckerei oder Zuhause gegessen werden und erhebt unterschiedliche Mehrwertsteuern. (Bild: dpa)
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KÖLN - Belegtes Brötchen ist nicht gleich belegtes Brötchen. Nicht nur, dass es zahlreiche Varianten gibt - vom Baguettebrötchen über Mehrkorn- bis zu Vollkornbrötchen - und ebenso viele Möglichkeiten, sie zu belegen. Auch wenn in einer Bäckerei ein normales Brötchen mit einer Scheibe Käse und einem Blatt Salat über die Theke geht, gibt es feine Unterschiede. Und für die sorgen die Steuergesetze
Steckt die Verkäuferin das Brötchen für den Verzehr außer Haus in eine Tüte, werden sieben Prozent Mehrwertsteuer fällig. Das belegte Brötchen - ohne Mehrwertsteuer vielleicht 1,50 Euro teuer - kostet dann 1,61 Euro. Reicht die Verkäuferin das Brötchen auf einem Teller für den Verzehr an einem Tisch in der Bäckerei über den Tresen kostet es 1,79 Euro. Denn dann sind 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig.
Diese unterschiedliche Besteuerung ist gar nicht nach dem Geschmack von Josef Pelzer, dem Obermeister der Bäcker-Innung Köln und Rhein-Erft-Kreis. Zum einen werden die Abrechnungen durch die unterschiedlichen Sätze komplizierter. Bei jedem Kauf muss die Verkäuferin eine Taste für den entsprechenden Mehrwertsteuersatz drücken. Fehler sind da schnell passiert, die dann mühsam korrigiert werden müssen, sagt Pelzer.
Auf der Hut sein müssen auch Bäcker, die nur einen Stehtisch im Verkaufsraum haben und eine Mischkalkulation aufstellen. Für die Kunden ist das Brötchen auf die Hand genau so teuer wie das im Verkaufsraum verspeiste. Für das Brötchen am Stehtisch muss der Bäcker dennoch 19 Prozent Mehrwertsteuer abführen. Und richtig kompliziert werde es, wenn eine Bäckerei keine moderne Kasse hat und mühsam Protokoll führen muss. Denn bei Steuerprüfungen werde ganz genau hingesehen, ob auch die richtigen Mehrwertsteuersätze abgeführt würden, so Pelzer.
Der Obermeister wünscht sich einen einheitlichen Steuersatz von sieben Prozent. Vorbilder dafür sieht er jenseits der Grenzen. „In der Gastronomie haben bereits zwölf europäische Länder den reduzierten Mehrwertsteuersatz eingeführt“, sagte Pelzer.
Eine geringere Mehrwertsteuer in der Gastronomie würde auch die gesunde Nahrungsaufnahme und die Ess- und Genusskultur in Deutschland fördern, so Pelzer. Denn gesund oder gesellig sei das Brötchen auf die Hand nicht - auch wenn es im Trend liege.
Manch einer möchte gerne fünf Minuten länger schlafen und frühstückt auf dem Weg zur Arbeit oder in die Schule. Auch die steigende Anzahl an Single-Haushalten fördere den Verzehr von Nahrungsmitteln außer Haus. Ein Single isst lange an einem Paket Butter und den handelsüblichen Mengen Wurst oder Käse. Da ist das belegte Brötchen eine Alternative. Aber steuerbegünstigt sollte das ungesunde Essen im Vorbeigehen nicht auch noch sein, findet Pelzer.
Große Gewinne seien mit belegten Brötchen übrigens nicht einzufahren, so Pelzer. Der Belag müsse in kleinen Mengen gekauft und gelagert, nicht verkaufte Ware müsse am Abend teuer entsorgt werden. Denn nur bis 23 Grad kaufen die Kunden Brötchen oder Snacks. Ist es wärmer als 25 Grad greifen sie zu Eis oder Getränken, so die Erfahrung der Bäcker.
Auch das richtige Belegen kostet Zeit. Dafür gibt es Kurse, so Pelzer: Nicht zu viel Butter, mit dem Löffel aufgetragen, auf keinen Fall zu viel Remoulade, die dann auf Kleid oder Hemd tropft, Gurken- oder Tomatenscheibe, Salatblatt und Belag nett drapiert. Belegtes Brötchen ist eben nicht gleich belegtes Brötchen.