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BahnserieDreifachmord im Gasthaus Naaf

Lesezeit 3 Minuten

Tatort des grausigen Geschehens: Das Gasthaus Naaf in Durbusch. In diesem heute nicht mehr existierenden Gebäude starben vor 103 Jahren drei Menschen durch Mörderhand. (Bild: Geschichtsverein Rösrath)

Dorbusch – Es war mit Abstand das dunkelste Kapitel in der Geschichte des Tunnelbaus zwischen Hoffnungsthal und Honrath. In einem Gasthaus in Durbusch ermordeten drei Eisenbahnarbeiter den Hausherrn, seine Gattin und deren Tante. Der Geschwätzigkeit einer Frau ist die Aufklärung zu verdanken.

Es ist der Morgen des 20. Juli 1907. Aus dem Gasthaus Naaf dringen Hilfeschreie von zwei kleinen Mädchen auf die Straße: „Unsere Großmutter liegt tot im Treppenhaus“, rufen die zehn- und elfjährigen Enkelinnen. Die Türe ist verschlossen, über Leitern verschaffen sich die Nachbarn Zutritt. Ihnen bietet sich ein Bild des Grauens. Auf dem Speicher liegt Gastwirt Daniel Naaf mit durchschnittener Kehle in einer riesigen Blutlache. Im Hausflur derselbe Anblick bei der Wirts-Gattin. Deren Tante, die Witwe Lohmar, finden die Nachbarn in ihrem Bett, ebenfalls mit durchtrennter Hauptschlagader.

Das Haus ist von oben bis unten durchwühlt. Daniel Naafs Taschenuhr fehlt, 330 Mark werden vermisst. Ein dreifacher Raubmord im beschaulichen Durbusch. Lediglich die Enkelinnen überleben, weil sie sich vor Angst unter der Bettdecke versteckt hatten und wieder eingeschlafen waren, als die Täter ihr furchtbares Werk verrichteten. Die Polizei nimmt die Ermittlungen auf, findet aber von den Mördern zunächst keine Spur.

Erst eine ungarische Köchin, die für Bahnarbeiter an der Strecke Koblenz-Mayen die Speisen zubereitet, brachte ungewollt Licht ins Dunkel. Sie hatte gehört, dass kroatische Arbeiter einen Gastwirt in Durbusch ausrauben wollten. Das erzählte sie einer Geschäftsfrau, die wenig später von der Untat im Bergischen in der Zeitung las. Ihr Gatte verständigte die Polizei, die am 26. Juli 1907 insgesamt fünf Personen verhaftete. Jopan Vlatkovic (auch als Georg Rupcic bekannt), Nico Baic und Obras Kokotovic wurden des Mordes angeklagt. Daniel Beslac und Milos Kantar, die das Trio animiert hatten, mussten sich ebenso vor dem Kölner Schwurgericht verantworten. Die Köchin und zwei weitere Bahnarbeiter klagte das Gericht als Mitwisser an.

Nicht nur in Hoffnungsthal, auch in Koblenz waren viele Kroaten beim Bau der Bahnstrecken beschäftigt. Milos Kantar und Daniel Beslac hatten von einem reichen Wirt in Durbusch gehört, der seinen Gästen immer wieder seine prall gefüllte Brieftasche unter die Nase hielt. Was die Gastarbeiter nicht wussten: Bei den Hundertmarkscheinen handelte es sich um Falschgeld. Die Täter fielen auf die Durbuscher Blüten herein und entschlossen sich, Naaf das Geld zu rauben.

Die drei machten sich auf den Weg. Im Gepäck: scharfe Messer mit langen Klingen. Im Gasthaus von Durbusch waren am 16. Juli 1907 noch Gäste sowie der Sohn des Hauses anwesend, als die späteren Täter das erste Mal die Gaststätte betraten. Der Sohn konnte die Männer bei der Verhandlung identifizieren. Vlatkovic, Baic und Kokotovic geduldeten sich bis zum Abend des 19. Juli 1907. Die ersten beiden ließen sich von Naaf ins Schlafgemach führen, während Kokotovic die Türe verriegelte. Oben würgten die Kroaten Daniel Naaf, dann stürzte sich Baic auf den Wirt und stach zu. Brutal töteten sie ihre Opfer. Dem Richter sagte Baic, er habe Naaf „geschlachtet“.

Am 23. Oktober 1907 begann die Verhandlung. Die drei Mörder und die beiden Mitwisser wurden mit dem Tod durch das Fallbeil bestraft. Marko Kantar musste zweieinhalb Jahre hinter Gitter, Georg Beslac sechs Monate. Die Köchin wurde freigesprochen.