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Belgische KaserneCamp Altenrath verschwindet

Lesezeit 3 Minuten

Massiv einsturzgefährdet sind alle Gebäude auf dem Gelände. Entsprechend vorsichtig müssen die Arbeiter sein.

TROISDORF – Vor genau zehn Jahren haben die belgischen Streitkräfte ihre Kaserne Camp Altenrath in der Wahner Heide aufgegeben. Jetzt hat der Abriss begonnen. Bis 2014 sollen die 120 Gebäude und die Verkehrsflächen verschwunden sein, danach wird das Kasernengelände wieder ins Naturschutzgebiet Wahner Heide integriert. Das Projekt dient als Ausgleich für die Versiegelung von Flächen beim Ausbau der Autobahn 3 zwischen Köln-Dellbrück und Mülheim. Auf zwei Millionen Euro schätzt Laurenz Braunisch, Sprecher des Landesbetriebs Straßen NRW, die Gesamtkosten. Die teilen sich der Landesbetrieb und der Eigentümer des Areals, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Den Abriss der Gebäude bis zur Kellerdecke übernimmt die Bundesanstalt, der Landesbetrieb trägt die Kosten ab der Kellerdecke – denn nur dieser Schritt gilt als Entsiegelung und kann als Ausgleich angerechnet werden.

Keine der nach dem Abzug der Truppen diskutierten Lösungen war umgesetzt worden, 2005 verabschiedete sich auch die Stadt Troisdorf, die hier Planungshoheit ausübt, von allen Ideen einer Folgenutzung. Damals hatte die Natur längst schon begonnen, das Areal zurückzuerobern. „Seltene Arten haben sich hier angesiedelt“, weiß Achim Urmes, stellvertretender Leiter des Bundesforstbetriebs Rhein-Weser, zu dem auch das Forstamt Wahner Heide gehört. Biologin Maria Luise Regh aus Bonn hat ein Gutachten erstellt und ermittelt, dass Schleiereulen hier nisten, Mehl- und Rauchschwalben. Außerdem sind Schling- und Ringelnatter heimisch, Kammmolch und Kreuzkröte. Siebenschläfer sind in die Ruinen eingezogen, seltene Orchideen öffnen hier ihre Blüten. Das kompliziert den Abriss deutlich. „Wir müssen Ausgleich für den Ausgleich leisten“, sagte Urmes gestern.

Dazu gehören so genannte Schwalbenhotels, die schon ab Ende Februar auf einem sechs bis acht Meter hohen Stahlgerüst Nisthilfen bieten können.Hier sollen die flinken Flieger in Wohngemeinschaft mit Fledermäusen unterkommen; errichtet wird bis Ende April auch ein Eulenturm, zusätzlich werden Nisthilfen für die Fledermäuse und Kästen für die Schleiereulen installiert.

Auch auf den zeitlichen Ablauf des Rückbaus wirken sich die Naturschutzbedenken aus: In drei Etappen gehen die Abrissbagger auf dem insgesamt 40 Hektar großen Areal vor, von dem etwa die Hälfte bislang versiegelt war. „Nur außerhalb der Nist- und Setzzeiten“, hat die Biologin den Verantwortlichen vorgegeben; zudem in der Vegetationsruhe. Nach der ersten Etappe bis Ende Februar wird es im September 2012 weitergehen und erneut im Februar 2013 enden. Abschließende Arbeiten werden zwischen Herbst 2013 und Frühjahr 2014 erledigt.

Frühestens dann wird auch der Zaun verschwinden, der die Kaserne von der Heide trennt. „Das Gelände ist hochgefährlich“, weiß Achim Urmes: Keines der Gebäude sei nicht massiv einsturzgefährdet, weshalb auch beim Abriss besondere Vorkehrungen getroffen werden. Statt die Hallen erst zu entkernen und dann einzureißen, werde zunächst der Bau zusammengeschoben und dann der Schutt sortiert – um die Arbeiter nicht in Gefahr zu bringen. Der Beton der Straßen und Plätze wird geschreddert und im Straßenbau neue Verwendung finden.

Geht der Zeitplan auf, wird 2014 nichts mehr an die Kaserne erinnern – fast nichts mehr: Die beiden Panzerwaschanlagen und die Fläche der ehemaligen Tankstelle werden einzige Zeugnisse der militärischen Vergangenheit sein. Diese wurden zwar vor Jahren schon saniert – Altlasten im Sinne des Gesetzes sind auf dem gesamten Gelände nicht zu erwarten –, doch gibt es die Auflage, diese Flächen nicht zu entsiegeln. Die Tankstelle wird Stellplatz für Autos bieten, die Panzerwaschanlagen sind längst wertvolle Biotope für seltene Tiere und Pflanzen.