Das härteste Gesicht in Hollywood: Charles Bronson ist tot

Spielte vorzugsweise harte Männer: Charles Bronson
Copyright: Lizenz
Er war kein Verwandlungskünstler wie Alec Guinness und erst recht kein nobler Schönling wie Gregory Peck. Aber Charles Bronson hatte das härteste Gesicht Hollywoods, das seinen Standard-Part als wortkarger Rächer markant beglaubigte. „Ich sehe aus wie ein Steinbruch, in dem eine Ladung Dynamit explodiert ist“, bekannte er ziemlich zutreffend, als sich seine verwitterte Hässlichkeit schon in Millionengagen auszahlte. Da hatten „Spiel mir das Lied vom Tod“ und „Ein Mann sieht rot“ längst das Image des rauen Einzelgängers zementiert.
Die tiefen Furchen brauchte ihm niemand aufzuschminken, und die Muskelpakete musste kein Fitness-Studio liefern. Nicht wenn man eigentlich Charles Dennis Buchinsky heißt, eines von 15 Kindern einer litauischen Einwandererfamilie in Ehrenfield / Pennsylvania ist und so hart in den Kohlenminen schuften muss, dass einem der Kriegsdienst schon wie Urlaub vorkommt.
Und die Schauspielerei erst! „Es war das Einfachste, was ich je gemacht habe, deshalb bin ich wohl dabei geblieben.“ Zunächst ziemlich erfolglos. Er stand bei den „Glorreichen Sieben“ oder im „Dreckigen Dutzend“ im Schatten der Stars und wäre wohl ewig auf Chargen abonniert geblieben, wenn ihn Alain Delon nicht als Partner für einen französischen Thriller gewollt hätte. „Bei Bullen singen Freunde nicht“ hieß das verschwitzte Tresorknacker-Drama, und plötzlich kannte man Bronson.
Allerdings nur in Europa. „Charley Bronson? Sie wollen uns wohl hochnehmen!“ musste sich Sergio Leone bei United Artists anhören, und erst als er zu Paramount wechselte, durfte er „seinen“ Mann mitbringen. Prompt wurde der namenlose Held „Mundharmonika“ zum mysteriösen Mittelpunkt in „Spiel mir das Lied vom Tod“ (1968). Nicht nur weil Leone Bronsons schmale Reptilienaugen leinwandfüllend aus der Kraterlandschaft des Gesichts ins Parkett blicken ließ. Nein, dieser große Schweiger mit der traumatischen Vergangenheit definierte Western-Action aus dem Geist des Buddhismus neu: Wie ein dösendes Raubtier wartete er schier endlos auf seine Chance, um dann erbarmungslos zuzuschlagen.
Diese Aura stoisch-latenter Gefährlichkeit nahm Bronson mit in seine nächsten Filme, und als 51-Jähriger war der Spätstarter nicht nur der bestbezahlte Star, sondern für die „Golden Globe“-Jury auch „der populärste Schauspieler der Welt“. Wenig später sollte er mit „Ein Mann sieht rot“ (1973) zum umstrittensten werden. „Faschistisch“ schimpften Rezensenten das Selbstjustiz-Drama, worauf Bronson die „fettärschigen Kritiker“ für irrelevant erklärte. Tatsächlich hatte Regisseur Michael Winner die Story perfide konstruiert: Bronson mimt den pazifistischen Architekten, dessen Frau und Tochter Opfer einer marodierenden Bande werden. Der geschockte Familienvater vertraut zunächst der Polizei, doch als die aufreizend untätig bleibt, macht er New York zum Schauplatz eines Privatkriegs.
Was Skeptiker empörte, war die Selbstgerechtigkeit dieser Rache, die Bronsons „Held“ mit einem mokanten Lächeln unterm Schnurrbart unterstrich. Mit solcher Minimalmik schaffte es der Star locker durch vier Fortsetzungen des Kassenschlagers. Überhaupt drehte er eine Fülle flacher Thriller („Kalter Hauch“, „Kalter Schweiß“ etc.), die auch wegen der vertraglich garantierten Mitwirkung seiner Ehefrau Jill Ireland wie geklont wirkten. „Er machte seine Arbeit mit Bescheidenheit, wie ein Maurer “, erinnerte sich Produzent Dino de Laurentiis.
Dabei sprengte Bronson den harten Rollenpanzer nur selten. Immerhin spielte ausgerechnet er, der den Namen Buchinsky auch aufgrund der Kommunistenjagd unter McCarthy abgelegt hatte, in Don Siegels „Telefon“ einen sympathischen KGB-Agenten.
Irgendwann hatte sich Hollywood an seinem Granitgesicht satt gesehen. Und als Jill Ireland 1990 an Krebs starb, wirkte der fürsorgliche Vater von sechs Kindern innerlich wie äußerlich gebrochen. Man sah ihn noch - ungewohnt nachdenklich - in Sean Penns „Indian Runner“, doch Charles Bronson war ein Mann von gestern. 1998 heiratete er die 40 Jahre jüngere TV-Produzentin Kim Weeks, die den an Alzheimer leidenden Star pflegte und auch am Sterbebett des 81-Jährigen war. Der Unbeugsame, Unbesiegbare als Pflegefall - das Leben schreibt doch die härtesten Drehbücher.