Das hohe C teuer bezahlt

Giuseppe di Stefano und Maria Callas in Hamburg (Archivfoto Oktober 1973).
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MAILAND. Er war Tenor, Lebemann und König der Klatschblätter: Giuseppe Di Stefano stand in seinen Glanzzeiten privat und beruflich oft im Rampenlicht. Als er sich Ende der 80er Jahre endgültig von den internationalen Bühnen zurückzog, verlor die Welt einen der bedeutendsten Sänger seiner Generation. „Ich habe mich nie geschont und immer mein Letztes gegeben“, sagte er einmal in einem Interview. Gestern starb der Opernstar im Alter von 86 Jahren in seinem Haus in der Nähe von Mailand, wie seine deutsche Ehefrau Monika Curth mitteilte.
Stets im Schatten von Mario del Monaco
Der Tod des Sängers ist vor allem auf ein tragisches Ereignis im Jahr 2004 zurückzuführen: Damals war er in seinem Haus an der kenianischen Küste südlich von Mombasa überfallen worden. Die Täter schlugen auf ihn ein und verletzten ihn so schwer, dass er später ins Koma fiel. Di Stefano lebte gemeinsam mit seiner Ehefrau jeweils mehrere Monate im Jahr in dem ostafrikanischen Land. Von den Verletzungen des Überfalls hatte er sich nie wieder erholt.
Für seinen Erfolg hatte der gebürtige Sizilianer manches Mal hart kämpfen müssen. Nie wurde er unbestritten als der „Größte“ gefeiert, immer wieder musste er sich mit dem sechs Jahre älteren Mario del Monaco messen. Und der stand bei Kritik und Publikum oftmals höher in der Gunst. Dafür galt der meisterliche Interpret insbesondere des italienischen Repertoires immerhin als der bestbezahlte Sänger der Welt. „Die Zahl meiner Auftritte hängt von meinem Kontostand ab“, sagte er offen. Sein Debüt feierte Giuseppe Di Stefano 1946 als Des Grieux in Massenets „Manon Lescaut“ an der Oper von Reggio Emilia. Es folgten Auftritte als Herzog von Mantua in Verdis „Rigoletto“ und als Mario Cavaradossi in Puccinis „Tosca“ in Mailand, New York, Rom und Venedig, 1951 bekam er sein erstes festes Engagement an der Scala. Sir Rudolf Bing, Chef der New Yorker Met, schwärmte 1949, Di Stefanos hohes C sei der schönste Ton auf Erden: „Er hielt es neun Sekunden lang und ließ es dann im feinsten Pianissimo verklingen.“ Letzte große Erfolge feierte der Tenor 1966 im Berliner Theater des Westens, wo er in Lehars „Land des Lächelns“ auftrat. Bekannt wurde er vor allem durch seine häufigen Auftritte mit Maria Callas. „Der Tenor der Callas“, hieß er deshalb bei seinen Fans. Noch 1973 begleitete er die Diva auf ihrer Abschiedstournee, um damit sein eigenes Comeback zu versuchen.
Die ersten stimmlichen Probleme hatten sich jedoch bereits 1963 bei der Aufführung von Puccinis „La Bohème“ am Covent Garden bemerkbar gemacht. Im folgenden Jahr musste er durch einen jungen Sänger ersetzt werden: Luciano Pavarotti, dessen Weltkarriere damit begann. Kritiker warfen ihm vor, seine Stimme über Jahre übermäßig beansprucht zu haben. Auch ein letzter großer Comeback-Versuch Mitte der 80er Jahre misslang. Einige Jahre später trat Di Stefano noch als Opernregisseur hervor - so 1988 in Taormina mit „Cavalleria Rusticana“ - , dazwischen sang er auch immer mal wieder Gassenhauer aus Neapel und italienische Folklore.
Noch 1992 spielte er in den römischen Caracalla-Thermen den alten König Timor in Puccinis „Turandot“, dem in der Oper nur ein paar Takte zufallen. Dies sei seine schönste Rolle gewesen, scherzte er einmal: Von so einem kurzen, gut bezahlten Gastspiel habe er schon immer geträumt.