„Deutschrussen“-Mafia wird zum Problem
DÜSSELDORF / HANNOVER. In der Kriminalität in Deutschland gibt es nach den Beobachtungen mehrerer Polizeibehörden eine neue Problemgruppe: Junge Aussiedler, insbesondere aus Russland, die zum Teil bereits in Banden organisiert sind, in Läden und auf Straßen Raubüberfälle begehen und die Opfer mit Faustschlägen und Drohgebärden davon abhalten, die Polizei einzuschalten.
Mit dem Düsseldorfer Innenminister Fritz Behrens hat kürzlich erstmals ein ranghoher Politiker die neue Gefahr öffentlich gemacht: „Zunehmend stellt die Polizei aggressives Verhalten bei jungen männlichen Aussiedlern fest.“ In Köln lieferten sich am Rosenmontag Jungtürken und junge Russlanddeutsche eine Massenschlägerei im Schatten des Doms. Erst der Einsatz von 150 Polizisten brachte die Lage unter Kontrolle. 45 Personen wurden festgenommen. Am Niederrhein mischten junge Russlanddeutsche Abiturienten-Feten auf und schlugen Mobiliar kurz und klein. In Hannover versetzen Jugendbanden von Russlanddeutschen ganze Stadtbereiche in Angst und Schrecken. In einigen Polizeibezirken mit hohem Aussiedleranteil soll inzwischen die Hälfte aller auf öffentlichen Straßen verübten Raubüberfälle und Körperverletzungen auf das Konto dieser Problemgruppe gehen.
Nach anderen Berichten räumten Gruppen junger Russlanddeutsche „in drohender Haltung“ Regale aus, ohne zu zahlen; demPersonal wurde angedroht: „Keine Polizei! Sonst kommen wir wieder.“
Mehrfach weigerten sich Gruppen, in Bussen Fahrscheine zu lösen. Die Fahrer unternahmen nichts, weil sie sich von den Jugendlichen bedroht fühlten. Auch die „Kriminalität rund um das Auto“ erheblich angestiegen. Radios, Airbags, komplette Räder und andere Teile werden zu einem großen Teil auf osteuropäischen Ersatzteilmärkten verkauft. Die Ermittler haben den Verdacht, dass Gruppen junger Russlanddeutscher als „Beschaffer“ tätig sind. „Wenn da nicht schnell gegengesteuert wird, haben wir eine organisierte ,Deutschrussen’-Mafia“, fürchten Polizeibeamte. Erste Ansätze gibt es bereits. Das LKA Hannover konnte gerade die Zerschlagung einer Bande aus mindestens 29 jungen Spätaussiedlern melden, die einen Teil des Drogengeschäfts in Niedersachsen kontrollierte.
Behrens hat die Parole ausgegeben, den jungen Aussiedlern müsse jetzt „Respekt vor dem Rechtsstaat“ vermittelt werden. Der Duisburger Kriminalhauptkommissar Wilfried Albishausen, Vorstandsmitglied des „Bundes deutscher Kriminalbeamter“, verlangte als ersten Schritt: „Unsere Kriminalstatistik unterscheidet nur nach Deutschen und Ausländern. Wir brauchen jetzt schnellstens eine Sonderauswertung durch die Landeskriminalämter.“
Seit 1998 hat Deutschland rund 600 000 Aussiedler, vorwiegend aus der Ex-UdSSR, aufgenommen. Im Gegensatz zu früheren Jahren haben die Kinder der Aussiedler kaum Deutsch-Kenntnisse. Sie schaffen deshalb meist keinen Schulabschluss und finden dann auch keine Arbeit. Unter Gleichaltrigen spielen sie die Rolle von Außenseitern ohne Anerkennung. Aus Frust, Drogen und Alkohol wächst eine brisante Mischung.