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„Die Hand ist der Spiegel der Seele“

Lesezeit 3 Minuten

HÜRTH. Heute schon zu wissen, was morgen, übermorgen oder in einem halben Jahr passiert: Die Aussicht auf einen Blick in die eigene Zukunft ist verlockend. Gerade am Anfang eines neuen Jahres haben Wahrsager und Sternendeuter Konjunktur. So muss kein Hellseher sein, wer den Besuchern vor dem Zelt der Handleserin „Marla“ im Einkaufszentrum Hürth-Park für die nächste Zukunft eines prophezeit - eine lange Wartezeit in den zugigen Arkaden.

Aber Marlies Stein sieht nach eigenem Bekunden noch viel mehr, wenn sie sich von ihrem Gegenüber die Hand reichen lässt. „Die Hand ist ein Abbild des Menschen, ein Spiegel der Seele“, sagt die 60-Jährige. Die Form der Ballen und Linien sei einzigartig und lasse in Verbindung mit dem Gesamteindruck des Menschen und mit viel Erfahrung Rückschlüsse auf die Vergangenheit und Prognosen für die Zukunft zu. „Ich kann es nicht genau erklären, aber manche Dinge sehe ich einfach“, behauptet die Handleserin.

Die Handlesekunst, auch Chiromantie genannt, hat eine lange Tradition. Schon vor 5000 Jahren lasen die alten Ägypter das Schicksal aus den Handflächen. Selbst Philosophen wie Platon und Aristoteles erkannten das Handlesen an. Vor allem im Mittelalter waren die Weissagungen aus dem Handteller gefragt. Aber auch heute glauben viele an das Los der Linien, die für Leben, Herz, Intelligenz und Glück stehen sollen.

Marlies Stein, die ein paar Semester Psychologie studiert hat, sagt, sie habe ihr besonderes Talent schon früh bemerkt. „Viele Menschen sind wie ein offenes Buch für mich.“ Sie wurde Lebensberaterin. Erst nachdem sie ihren Mann Helmut, einen Astrologen, kennen gelernt habe, habe sie ihre Fähigkeiten in Seminaren systematisch geschult.

Seit über 20 Jahren liest sie nun schon die Zukunft aus der Hand, im Hürth-Park schon zum vierten Mal. Bis zum 16. Januar deutet sie hier die Zeichen. Am häufigsten muss Marla Fragen nach Liebe und Partnerschaft beantworten, dicht gefolgt von den beruflichen und finanziellen Perspektiven. Stets sei sie um Ehrlichkeit bemüht: „Ich sage den Leuten auch, wenn etwas nicht so toll läuft.“

Viele Anhänger der Handlesekunst hören sehr genau zu und versprechen sich Lebenshilfe von der kurzen Sitzung, die im Hürth-Park gerade zehn Minuten dauert, aber kostenlos ist. Die Bäckereifachverkäuferin Martina (32) ist anschließend überzeugt, dass sich das Werben um ihren Ex-Freund nicht lohnt.

Doch nicht jeder, der vor dem blauen Zelt mit den funkelnden Sternen wartet, nimmt die Weissagung so ernst. „Ich höre mir das einfach mal an“, sagt der 17-jährige Gymnasiast Sascha. „Was ich dann daraus mache, ist ja meine Sache.“