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Die wirtschaftlichen Folgen eines Irak-Krieges: Angst vor brennenden Feldern

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Bittere Erfahrungen: Schon vor zwölf Jahren ließ Saddam Hussein zahlreiche Ölfelder in Flammen aufgehen. Ein weiterer Irak-Krieg könnte ihn erneut dazu treiben. Der Irak besitzt nach Saudi-Arabien die zweitgrößten Ölreserven.

Wenn am Persischen Golf Ölfelder und Raffinierien brennen sowie Tanker versinken, dann . . . ja, was dann? Wären diese Bilder tatsächlich der Anfang einer weltweiten Rezession, wie etwa der Chefvolkswirt der Deka-Bank, Michael Hüther, prophezeit? Bringen ein Krieg im Irak, dramatische Ölknappheit und Barrel-Preise von - nicht selten genannten - 100 Dollar den Handel mit dem weltweit wichtigsten Energieträger wirklich zum Erliegen? Und dass bei der ohnehin schon schlaffen Konjunktur?

Zwei der vier Nachkriegsrezessionen in Deutschland hatten bislang ihre Ursache in einer Ölkrise. Ein steigender Preis für den Grundstoff von Millionen Produkten schmälert schließlich die Kaufkraft der Menschen und lässt die Produktionskosten der Betriebe hochschnellen. Schon jetzt, sagt Klaus Matthies vom Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archiv (HWWA), habe die aus dem Irak-Konflikt resultierende „Angstprämie“ beim Ölpreis die Industrieländer mehrere Milliarden Dollar gekostet. Statt eines Preises für ein Barrel (159 Liter) Opec-Öl von aktuell 30 Dollar seien angesichts des realen Verhältnisses von Angebot und Nachfrage eigentlich 20 bis 25 Dollar gerechtfertigt.

Ein um zehn Dollar erhöhter Ölpreis, hat das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) ermittelt, lässt das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland um immerhin 0,3 Prozentpunkte schrumpfen. Zwar belastet die Unsicherheit nahezu alle Branchen, doch Grund zum Jammern sehen vor allem die Chemie- und die Autofirmen. Henrick Meincke, Chefvolkswirt des Chemieverbandes VCI, rechnet vor, dass 80 Prozent aller in der Branche hergestellten Produkte aus Rohöl gewonnen werden. Und da 30 Prozent der Produktionskosten aufs Öl entfielen, seien die Auswirkungen nun mal immens. Bernd Gottschalk, Präsident des Autoverbandes VDA, lässt wissen, das Öl-Problem schlage schon heute „bremsend zu Buche“.

Doch was passiert wenn? HWWA-Mann Matthies rechnet damit, dass der erste Kanonenschuss im Irak das Öl flugs auf etwa 40 Dollar verteuern wird. Ein schnelles Kriegsende dürfte den Rohstoff dann, wie schon beim ersten Golfkrieg 1991, schnell wieder verbilligen. „Unproblematisch ist es, so lange der Schaden auf die irakische Förderung beschränkt bleibt“, sagt Matthies. Dann könnte die Opec die Ausfälle locker ausgleichen. Heikel werde es aber, falls der Krieg mehrere Monate dauere und sich ein Flächenbrand auf die Nachbarn und Opec-Länder Saudi Arabien und Kuwait ausweite. Würden etwa auf der Straße von Hormuz, dem als Nadelöhr bekannten Ausgang des Persischen Golfs, Öltanker beschossen, dann beeinträchtigte dies durchaus die Versorgung zahlreicher Industrieländer. Und dann müssten viele Staaten, die Ölvorräte für rund ein viertel Jahr horten, wohl erstmals an ihre Reserven ran.

Zwar bezieht Deutschland nach Angaben des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV) gerade mal einen Anteil von 0,04 Prozent seines Öls aus dem Irak. Und da nur knapp ein Zehntel der Menge aus einem Opec-Land kommt, drei Viertel derweil in der Nordsee und in den ehemaligen GUS-Staaten gefördert werden, dürfte auch das Öl weiter reichlich ins Land fließen. Ins Land schwappen aber eben über den Faktor Preis auch die Probleme. Denn die sieben Opec-Ölsorten genießen an den Welt-Handelsplätzen einen Leitstatus und wirken stets auf die Preise anderer Sorten, etwa des Nordsee-Öls Brent, ein. MWV-Sprecherin Barbara Meyer-Bukow: „Es gibt genug Öl, aber so ist nun mal die Markt-Psychologie.“