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Dorn-MethodeSanfte, aber umstrittene Therapie

Lesezeit 3 Minuten

Schmerzen im Rücken sollen durch die Dorn-Methode gelindert werden.(Bild: dpa)

„Das ist nur selten der Fall“, sagt Dieter Dorn aus Lautrach (Bayern). Er ist der Begründer der „Methode Dorn“. „Auch falsch stehende Wirbel kann man damit in die richtige Position bringen, ohne dass Sehnen, Bänder oder Muskeln beschädigt werden“, sagt er. Mit seiner Methode ließen sich Beckenschiefstände und auch die sogenannte Skoliose, eine seitliche Verkrümmung der Wirbelsäule, behandeln und korrigieren. Unter Medizinern ist die Behandlung allerdings umstritten.

Nach dem Überprüfen der Beinlänge untersucht der Dorn-Therapeut das Becken. „Es kommt oft vor, dass das zu lange Bein auch das Becken und damit das Kreuzbein verschoben hat“, erklärt Dorn. Dann überprüft der Therapeut mit dem Daumen die gesamte Wirbelsäule. „Dabei erspüren wir selbst kleinste Abweichungen von der Normalstellung, die unter Umständen großen Schaden anrichten können, und schieben, wenn erforderlich, die Wirbel wieder in die richtige Position zurück.“ Ein verrutschter Halswirbel könne beispielsweise Bluthochdruck, Migräne oder andere Kopfschmerzarten verursachen.

„Gelenkblockierungen sind nicht unbedingt etwas Dramatisches“, sagt allerdings Andreas Gassen, Vizepräsident des Berufsverband der Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie in Berlin. „Oftmals lösen sie sich wieder ganz von selbst.“ Das Gleiche gelte für funktionelle Beckenschiefstände. Das größte Problem sieht der Arzt daher darin, dass die Wirkweise der Dorn-Methode auf keiner wissenschaftlichen Grundlage fußt.

„Bei funktionellen Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Verspannungen im Rücken- und Nackenbereich kann die Dorn-Methode Erleichterung verschaffen“, räumt Gassen zwar ein. Vorsicht sei aber bei ernsten Erkrankungen wie Bandscheibenvorfällen oder Skoliose geboten. Hier sollten Patienten in jedem Fall zunächst einen Orthopäden aufsuchen, um eine schwerwiegende Erkrankung ausschließen zu können. „Sonst können durch solche Methoden auch zusätzliche Schädigungen auftreten“, warnt Gassen. Dorn selbst sagt, dass seine Methode nicht bei Osteoporose, Entzündungen oder Krebsmetastasen angewandt werden darf.

Dieter Dorn ist eigentlich Sägewerkbesitzer. Das brachte ihn dazu, die nach ihm benannte Methode zu entdecken. Vor etlichen Jahren bekam er einen Hexenschuss und suchte einen „Einrichter“ auf. „Was dieser mit seinem Daumendruck an der Wirbelsäule erreichte, löste bei mir helle Begeisterung aus, denn ich konnte mich wieder frei bewegen“, erzählt Dorn. Er eignete sich daraufhin die Methode an und modifizierte sie.

Mittlerweile haben etliche Heilpraktiker und Physiotherapeuten die Ausbildung zum Dorn-Therapeuten absolviert. Es handelt sich dabei allerdings nicht um einen geschützten Beruf. „Und Physiotherapeuten ist die Manipulation der Wirbelsäule nicht erlaubt“, betont Angelika Heck-Darabi vom Deutschen Verband für Physiotherapie (ZVK) in Köln. Das gelte insbesondere für Behandlungen, die über eine mobilisierende Therapie hinausgehen, oder wenn in Schmerzen hineingearbeitet wird. Manipulative und invasive Behandlungen seien in Deutschland Ärzten und Heilpraktikern vorbehalten.

„Die 'Dorn-Methode' ist nur eine von mehreren Möglichkeiten, bestimmte Beschwerden wie Migräne oder Blockaden zu behandeln“, ergänzt ZVK-Sprecherin Ute Merz. Mit der manuellen Therapie etwa, einer herkömmlichen physiotherapeutischen Methode, ließen sich die gleichen Ergebnisse erzielen. Sie wird eingesetzt, um Funktionsstörungen an Gelenken, Nerven und Muskeln zu behandeln. Die Dorn-Behandlungen dauerten länger - und gehören eher zum Bereich Wellness. Dementsprechend müssen Patienten aus eigener Tasche bezahlen, während die manuelle Therapie von Ärzten verschrieben werden kann.

„Man darf aber den psychologischen Aspekt einer Dorn-Behandlung nicht unterschätzen“, wendet Gassen ein. Schließlich befasse sich der Therapeut zeitlich intensiv mit seinem Patienten und gehe auf dessen Bedürfnisse und Beschwerden ein. „Das kann insbesondere bei der Heilung von psychosomatisch kranken Menschen eine Rolle spielen.“