Ein Gnadenhof für über 150 Tiere
Esch - Als Carmen Weltersbach von einem Lieferanten die bestellte Tiernahrung entgegennahm, machte dieser die Tierheilpraktikerin auf ein Paket aufmerksam, dass einige Meter entfernt vor ihrer Praxistüre stand.
Sofort lief Weltersbach zu ihrer Praxis und entdeckte den durchnässten Karton. „Nachmittags sagte mir der Lieferant bescheid. Also musste der Karton schon die ganze Nacht dort gestanden haben.“ Als Weltersbach das Paket öffnete, traf sie fast der Schlag: Vier süße Katzenaugen blickten sie verstört an. Die beiden Katzenbabys saßen bis zum Bauch im Wasser.
„Die kleinen Kätzchen waren sterbenskrank.“ Dank der unendlichen Tierliebe von Carmen Weltersbach bekamen die zwei einen Namen und durften bei ihr zu Hause gesund werden.
Das ist nur einer von dutzenden Fällen, mit denen die Tierschützerin regelmäßig konfrontiert wird. Denn Tiere, die keiner mehr haben will, landen bei ihr auf dem Gnadenhof. In ihrem Haus und in ihrem Garten in Esch beherbergt sie rund 150 Tiere verschiedener Arten.
Dazu gehören 16 Katzen, vier Hunde, 50 Tauben, zwei Pferde, eine Schafherde sowie zahlreiche Meerschweinchen, Kaninchen, Hühner, Enten und Gänse. Fast alle Tiere haben auch einen Namen.
Die Katzen und Hunde leben mit ihr im Haus - und das sogar total harmonisch. „Hier gibt es keinen Stress unter den Tieren.“ Dies sei nur eine Sache der richtigen Erziehung. „Ich kümmere mich auch um die Vermittlung von Tieren“, erzählt Weltersbach.
Seit über 30 Jahren setzt sich die Escherin für den Tierschutz ein. „Alles fing mit einer kleinen Katze an, die mein Sohn John mit nach Hause brachte.“ 1982 legte Weltersbach die Ausbildung zur Tierheilpraktikerin ab und eröffnete ihre eigene Praxis.
Einige Jahre später siedelte Weltersbach von Düsseldorf nach Esch um, und hier sei es dann richtig los gegangen. Vor neun Jahren gründete sie den Verein „Tierhaus“, dem 50 Mitglieder angehören.
Mit Hilfe der zwei Tierschutzvereine „ETN“ und Atlantisstiftung sowie den Mitgliedsbeiträgen finanziert sie ihr Tierhaus.
Für ihren unermüdlichen Einsatz erhielt Carmen Weltersbach den Tierschutzpreis des Landes Nordrhein-Westfalen. Die mit 3000 Euro dotierte Auszeichnung wurde zum ersten Mal vergeben.
„Das Geld deckt die Kosten für einen Monat“, verrät die überraschte Gewinnerin. Tine Ledermann, eine gute Freundin, hatte sie für den Preis vorgeschlagen.
Doch mit einem Sieg habe sie überhaupt nicht gerechnet. Darum freue sie sich umso mehr.
Für Weltersbach kennt Tierschutz keine Grenzen: Auch eine total unterernährte Schafherde nahm sie ohne lange zu überlegen bei sich auf. „Ich habe sie einfach in meinen Garten gelassen.“
Auf ihrem Gelände lebt auch der 38 Jahre alte Wallach „Puppa“, den sie in letzter Minute vor dem Schlachthof retten konnte. Jetzt, dreieinhalb Jahre später, lebt das an chronischer Arthrose erkrankte Pony zufrieden auf dem Hof von Weltersbach.
„Das Problem ist nur, wenn das Pony hinfällt, dann muss ich es mit einem Flaschenzug hochheben.“
Jeden morgen und jeden Abend müssen alle ihre 150 Tiere versorgt werden. Glücklicherweise wird sie dabei von guten Freunden und einer Ein-Euro-Kraft unterstützt.
Unglaublicherweise gehört zur tierischen Familie auch eine Krähe, die einst von Weltersbach großgezogen wurde. Mit Vogelfrauchen und Kindern wacht sie über den Hof und erhält jeden morgen ein Frühstück von der Ziehmutter.
Wenn Weltersbach auf Mitgliederfang für ihren Verein unterwegs ist, werde sie von manchen mit der Frage konfrontiert: „Und was tun Sie für arme Kinder?“ Eine in den Augen von Weltersbach unverschämte Frage. „Das kann man doch gar nicht miteinander vergleichen.“ Grundsätzlich setze sie sich für alle Lebewesen ein, die Hilfe brauchen. Deshalb gründete sie 1978 den Verein „Kinderhilfe Bangladesch“, der ein Kinderheim finanziell unterstützt.
„Für alle 400 Kinder haben wir Pateneltern gefunden“, freute sie sich. Auch sie übernahm eine Patenschaft für eine Waise.