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Ein schwarzer Tag für Sötenich

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SÖTENICH. Ein schwarzer Tag für Sötenich, die Gemeinde Kall und die Region. Die Zementklinkerproduktion des Sötenicher Zementwerks Lafarge wird Ende März eingestellt. Nur noch das Mahlwerk bleibt bestehen. Die Produktion wird von 340 auf 120 Tonnen im Jahr heruntergefahren. Von den 83 Mitarbeitern behalten nur 17 ihren Arbeitsplatz: 15 im Mahlwerk und zwei im Vertrieb. Drei gehen bis zur Schließung in Rente oder ihr Arbeitsvertrag läuft aus. 63 Menschen stehen dann ohne Arbeit da. Dementsprechend war gestern die Stimmung in der Mannschaft.

Auf die Frage, ob wenigstens das Mahlwerk Überlebenschancen habe, antwortet Lafarge-Geschäftsführer Frédéric Fleuret: „Dies ist geplant, es klebt aber kein Haltbarkeitsdatum daran.“ „Wir glauben, das Mahlwerk hat Zukunft“, so der sehr betroffene Werkleiter Dr. Matthias Liersch.

Der im Steinbruch gebrochene Kalkstein wird über einen Ofen zu Zementklinker verarbeitet. Klinker, weil der Rohstoff gebrannten Backsteinen ähnelt. Im Mahlwerk werden dem Klinker Kalkmehl, Hüttensand und Gips zugesetzt. Nach dem Mahlen entsteht Zement.

Im nächsten Jahr wird der gesamte Steinbruch stillgelegt - und der nordöstlich der L 204 gelegene Teil des Werkes samt Ofen wird eine Industriebrache. Was daraus wird, weiß noch niemand. Im Mahlwerk wird produziert, der Klinker dafür aus Schwesterwerken angekarrt.

Wie es zu dem Schlag für die Belegschaft und ihre Familien kommen konnte, vor allem, da Lafarge in Sötenich seit gut anderthalb Jahren mit Ersatzbrennstoffen arbeitet, erklärten gestern Fleuret, Pressesprecher Ralf Krenzin und Liersch. Die Zementproduktion benötige sehr viel Energie. Bei der dramatischen Erhöhung der Kosten für Strom und Brennstoffe sei es nicht möglich, das Werk Sötenich profitabel zu betreiben. Schon 2007 habe man es bezuschussen müssen, so Fleuret. 2010 sei mit einem Anstieg der Energiepreise um 20 bis 30 Prozent zu rechnen. Mit der jetzigen Lösung könne man wirtschaften. Hinzu komme, dass in NRW über zehn Zementhersteller sich das Leben schwer machten. Seit drei Jahren stagniere der Markt - dies sei optimistisch ausgedrückt. Der enorme Preisdruck mache die Produktion in Sötenich unwirtschaftlich.

In Sötenich solle weiterhin hochwertiger Zement produziert werden, so genannter „grüner Zement“, der CO2-arm sei. Vom Standort Sötenich könne man dann die Kundschaft weiter beliefern. In Deutschland unterhält Lafarge noch Werke in Wössingen bei Karlsruhe und Karsdorf bei Leipzig. Einige wenige Arbeitnehmer aus Sötenich könnten dort untergebracht werden, sagt Fleuret. Ein Wohnungswechsel sei aber nicht zu vermeiden.

Das Sötenicher Werk ist das kleinste von Lafarge in Deutschland. Weltweit betreibt die Firma 160 Zementwerke.

Ein Genehmigungsverfahren für eine Erweiterung der Steinbruchflächen ist fast abschlossen. Dieses Verfahren wird durchgezogen, obwohl kaum jemand daran glaubt, dass im Steinbruch noch einmal gearbeitet wird.

Wie Fleuret, Liersch und Krenzin gestern ausdrücklich betonten, hat die Schließung mit den Aktivitäten der Bürgerinitiative KriBeMitZ (Kritische Begleitung der Mitverbrennung im Zementwerk) nichts zu tun.

„Wir wollen sozialverantwortlich agieren“, verspricht Fleuret den im kommenden Jahr arbeitslos werdenden Mitarbeitern. Das „Maximale an Unterstützung“ werde aufgeboten. Ab sofort werde mit den Betriebsräten ein Sozialplan erarbeitet. Es wurde bereits Kontakt zur Agentur für Arbeit und zur Wirtschaftsförderung des Kreises aufgenommen. Die vier Auszubildenden, das versichert Liersch, können ihre Ausbildung beenden.