Enkelin vergewaltigt: Oma holte keine Hilfe
Mit einem Strafbefehl in Höhe von 450 Euro wegen unterlassener Hilfeleistung hat eine Amtsrichterin eine Rentnerin belegt, die im Mai letzten Jahres nicht verhindert hatte, dass ihre damals 17-jährige Enkelin in ihrer Kölner Wohnung vergewaltigt worden war. Laut Staatsanwaltschaft hatte die Enkelin in der Wohnung der Oma mit mehreren Bekannten eine Fete gefeiert, bei der kräftig dem Alkohol zugesprochen wurde. Als dann ein gleichaltriger Bekannter über die 17-Jährige herfiel, soll die Rentnerin auf das Geschehen von Zeugen aufmerksam gemacht worden sein.
Laute Hilferufe des Mädchens soll die 68-jährige damit kommentiert haben, die Enkelin „wisse schon was sie tue,“ und „sie müsse Erfahrungen machen“. Damit habe die Frau bewusst die Notsituation der Enkelin missachtet und dadurch auch ihre Fürsorgepflicht verletzt, erläuterte der Pressesprecher des Amtsgerichts, Jürgen Mannebeck, gestern.
Nicht die 68-Jährige, sondern andere hätten einen Rettungswagen gerufen, als die Enkelin nach der Vergewaltigung hilflos am Boden lag. Gegen den Strafbefehl hatte die Großmutter jedoch Einspruch eingelegt und sagte im jetzt anberaumten Hauptverhandlungstermin, sie sei sich keiner Schuld bewusst, weil sie überhaupt nichts mitbekommen habe.
Obwohl sie von Amtsrichterin Uta Borchard auf die erdrückende Beweislage aufmerksam gemacht worden war, zeigte sie sich zunächst uneinsichtig. Erst auf den Hinweis der Richterin, sie könne nach einer ausführlichen Beweisaufnahme auch eine erheblich höhere Strafe verhängen, zog die Angeklagte den Einspruch zurück und ersparte ihrer Enkelin einen Auftritt im Zeugenstand. (huh)