Ernte - mitten im Hochsommer
WIPPERFÜRTH / LINDLAR. Die Sonne brennt heiß und Werner kleine Kalvelage hat sich das Hemd aufgeknöpft, sein Sohn Stephan sitzt bereits seit dem frühen Morgen auf dem Traktor. Es ist Erntezeit - mitten im Hochsommer. Nachdem die Bauern die erste Heuernte eingefahren haben, die Scheunen schon gut gefüllt sind mit Rundballen, ist der Moment gekommen für Hordeum Vulgare, zu deutsch: Wintergerste. Der Name leitet sich vom Zeitpunkt der Einsaat her: seit der zweiten Septemberhälfte ruht das Saatgut nun schon im Boden, ist über den Winter gereift und gewachsen (daher auch Wintergerste) und wird nun in den kommenden Tagen geerntet.
So auch in Herkenhähn bei Vellingen auf dem Hof der Familie kleine Kalvelage. Nachdem die Wetterkarte günstige Witterungsverhältnisse zeigt, nämlich warm und trocken, beginnt das Prozedere der Ernte. Im Mähdrescher wird die Pflanze zunächst abgeschnitten, dann zerschlagen, gesiebt und mit Wind herausgeblasen, erklärt Agrar-Diplomingenieur Stephan kleine Kalvelage. Als Mann vom Fach und Sohn des Hofes hat der 26-Jährige auch eine Erklärung parat, warum nun gerade Wintergerste angebaut wird und nicht etwa Sommergerste. Die Wintergerste passt bei uns gut in die so genannte Fruchtfolge. Nach der Gerste kommt die Rapsernte, dann der Mais und zum Schluss der Weizen. So werden die Felder das ganze Jahr über optimal genutzt.
Die kleine Kalvelages füttern das gemahlene Korn dann an ihre Schweine, das übrig gebliebene Stroh wird als Einstreu verwendet. Im Lehrbuch werden allerdings auch Nachteile der Frühsaat genannt, nämlich die Anfälligkeit für Krankheiten. Trotzdem ist die Wintergerste, auch wenn es dem Nicht-Landwirt vielleicht noch nicht aufgefallen ist, in dieser Gegend recht verbreitet und ist zudem die älteste aller Getreidearten im Bergischen.
Auch die kleine Kalvelages fahren gut mit ihrer Wintergerste, die nun schon in der dritten Generation angebaut wird. Der Mähdrescher ist im Übrigen ein ganz besonderer: Dieser hier wird gezogen von einem Trecker und ist zudem schon über 30 Jahre alt. Das Gerät der Firma Sahr eignet sich sehr gut für die kleine Kalvelages, da das Gerstenfeld starkes Gefälle aufweist. Eine große Mähmaschine, die nicht gezogen wird, sondern Eigenantrieb hat, könnte hier nicht genutzt werden, so Claudia kleine Kalvelage.
Noch ein paar Tage Sonnenschein, dann ist das Gerstenstroh trocken genug zum Einfahren und dann wird Ende September schon wieder die neue Gerstenernte beginnen mit einer neuen Einsaat.