Es ist nicht „das“ Phantom der Oper
FIRMENICH. So mancher Kunde hat die leidvolle Erfahrung „mit dem Kleingedruckten“ schon gemacht: Das, was groß drauf steht, muss längst nicht drin sein in der Packung, wenn das Kleingedruckte etwas anderes besagt. „Mogelpackung“ nennt so etwas der Volksmund.
Das „Phantom der Oper“ am 25. Dezember in der Babylonhalle dürfte der absolute Veranstaltungsknüller zu Weihnachten sein, wenn, ja wenn die Sache mit dem Wörtchen „das“ nicht wäre. Das „das“ findet sich wohlgemerkt nicht auf den Plakaten oder im Programmheft. Dort steht nur: „Phantom der Oper“. Und das „das“ wurde auch nicht einfach vergessen. Es lebe halt der feine Unterschied: Irgendwie muss sich das „Phantom der Oper“ ja von jenem bekannten „Das Phantom der Oper“ nach außen hin unterscheiden, zumal auch das Titelbild auf den Plakaten und Flyern sehr stark an die Hamburger Inszenierung erinnert.
Unterscheiden tun sich die beiden Inszenierungen hingegen musikalisch und textlich, und zwar erheblich, denn mit dem berühmten Musical von Andrew Lloyd Webber, das in Hamburg jahrelang erfolgreich lief, hat die Produktion in der Babylonhalle inhaltlich nur eines gemeinsam: den literarischen Stoff.
Ob die jetzige Produktion mit der Musik von Arndt Gerber und das professionelle Ensemble das Publikum zufriedenstellen wird, muss sich zeigen. Ob die Aufführung aber die Erwartungen des Publikums erfüllt, ist eine andere Frage. Denn auf jene durch Funk und Fernsehen bekannten Ohrwürmer wie das berühmte „All I ask...“, das auch Startenor Peter Hoffmann schon sang, wird man vergeblich warten. Komponist Gerber, in Berlin lebender studierter Musiker, Keyboarder und Produzent „baute“ in seine Phantommusik dafür Melodien von George Bizet und Jacques Offenbach ein.
Verkauft haben sich die Aufführungen in der Zikkurat rasant, trotz der nicht ganz billigen Eintrittspreise von 34,28 bis 45,28 Euro. Die geplante Abendvorstellung in Firmenich ist mit gut 700 Zuschauern restlos ausverkauft, die Nachmittagsvorstellung bis auf wenige Restkarten ebenfalls.
Aus Sicht des Regisseurs Manfred von Wildemann ist das alles ganz okay. Beim Webberschen Phantom, so sagt er, handele es sich doch eigentlich um eine Oper - und nicht um ein Musical. Und in der „Webber-Oper“ sorgten eh nur zwei herausragende Titel für Aufsehen. Das von ihm ins Leben gerufene Phantom gehöre eher zur Gattung Musical, so von Wildemann. Auch seien die Partien besser singbar.
Ein Ensemble von 38 Mitgliedern, das als „Central Musical Company“ firmiert, wurde zusammengstellt, um die Gerber-Version des „Phantoms der Oper“ zu präsentieren. Sechs Ballettdamen, zehn Sängerinnen und Sänger, 17 Musiker und diverse Techniker steuern nun die unterschiedlichsten Häuser und Bühnen an.
Die Hauptrolle der Christine übernimmt Brigitta Stern. Die junge Frau studierte in Essen an der Folkwang-Hochschule Musical und arbeitet nun frei. An der Rolle der Christine reizt sie die Vielschichtigkeit. Als weitere Interpretin für die Hauptrolle steht Alexandra Herhausen bereit. In die Maske des Phantoms schlüpfen entweder Wolfgang Krupp oder Paul Pattloch, ebenfalls professionelle Akteure.
63 Spielstätten stehen auf dem Tourplan, insgesamt 600 Mal wurde die Gerber-Phantom-Fassung in den vergangenen Jahren dargeboten, erklärt der Regisseur. „Nur wenige Leute gehen raus,“ beobachtete von Wildemann. Trotzdem zeigte sich der Regisseur selbst etwas verwundert darüber, wie unglaublich gut der Vorverkauf in der Eifel lief.
Hajo Wiesel von der „babylonevent“ mochte die Kritik der Rundschau, dass ja möglicherweise eine „Mogelpackung“ für den Verkaufserfolg gesorgt habe, so nicht gelten lassen: „Ich wusste ganz genau, dass es sich nicht um die Webber-Fassung handelte, habe das auch nie behauptet. Die Produktion hat nur den gleichen Titel, weil das Buch so heißt. Ich finde das Thema interessant.“
Und so nannte Wiesel auch gleich noch einen weiteren Event-Termin: Am 25. Januar 2003, 18 Uhr, gibt es im babylon eine „Nacht der fünf Tenöre“. Wer die fünf Tenöre sind, darüber darf noch spekuliert werden.