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EskimosNasi-Nasi im Eis-Iglu

Lesezeit 4 Minuten

Pinguine und Eisbrecher: Die Antarktis ist das unwirtliche Umfeld der Eskimos. (Bild: dpa)

Wir sind einigen Fragen und Vorurteilen einmal nachgegangen.

Eskimo oder Inuit

Weit verbreitet ist die Annahme, Eskimos seien ein einziges „Volk“. „Eskimo“ ist lediglich eine weit verbreitete umgangssprachliche Bezeichnung für die verschiedenen Völker, die die nördlichen Polargebiete bewohnen, etwa die Inuit, Yupik, Inupiat oder auch die Kalaallit auf Grönland.

Heute wird statt „Eskimo“ vielfach das Wort „Inuit“ genutzt, weil es als „politisch korrekter“ galt. Zwar bemühen sich heute tatsächlich einige Inuit wie die Organisation der „Inuit Circumpolar Conference“ um die Durchsetzung der Bezeichnung Inuit.

Aber so einfach ist die Sache nicht. Die Yupik in Alaska etwa wollen sich mit „Inuit“ nicht anfreunden - in ihrer Sprache gibt es das Wort nicht, sie grenzen sich selbst vom Volk der Inuit ab. Und auch die Inuit selbst sind entzweit, nennt sich doch etwa die Kooperative der Inuit von Cape Dorset im Territorium Nunavut seit ihrer Gründung bis heute „West Baffin Eskimo Cooperative“.

Nasi-Nasi statt Kuss

Eskimos küssen sich nicht auf den Mund, sondern reiben ganz exotisch ihre Nasen aneinander - so kennen wir das aus Spielfilmen. Die Realität ist allerdings weitaus profaner: Auch Eskimos küssen sich auf die Lippen. Der Irrtum geht wahrscheinlich auf Missionare zurück, die sich Anfang des 18. Jahrhunderts auf Grönland aufhielten, und den Nasenkuss erstmals als „typische Eskimositte“ beschrieben - was Völkerkundler später ungeprüft übernahmen. In Wahrheit handelt es sich um den sogenannten „Riechgruss“, der etwa in Tibet oder auch der Mongolei sowie anderen asiatischen Gebieten verbreitet ist. Dabei berührt man sich schnüffelnd mit der Nase an Wange, Hals und eben auch an der Nase. Da die Eskimos Grönlands aus Asien eingewandert sind, brachten sie diese Sitte einfach mit.

Pinguinjäger

Auch wenn es heute selbst im letzten Winkel des Planeten schon Fastfoodketten gibt, schwören viele Eskimos auch heute noch durchaus auf Robbenfleisch, das ist wahr. Die ihnen oft nachgesagte Pinguinjagd hingegen ist ein komplettes Märchen. Pinguine kommen nur in der Antarktis vor, also in der Südpolarregion, nicht aber im hohen Norden. Mit den Eskimos ist es aber genau umgekehrt und so können sie sich schwerlich von Pinguinen ernähren.

100 Wörter für „Schnee“

Es scheint irgendwie jedem einzuleuchten: Wer viel mit Schnee zu tun hat, der hat auch viele verschiedene Wörter für die einzelnen unterschiedlichen Arten. Also haben Eskimos 100 verschiedene Ausdrücke für Schnee-Arten. Nun gibt es ja aber nicht ein Volk der Eskimos, sondern viele Völker mit verschiedenen Sprachen. Wenn man alle Synonyme für Schnee in allen Sprachen zusammenzählt, mag man auf 100 kommen. Zuvor wäre aber zu klären, was als eigenständiges Wort gilt. Fallen auch Zusammensetzungen wie unser Schneematsch oder Schneeregen darunter? Und es müsste geklärt werden: Welche Völker sind denn nun Eskimos? Alle, die sich selbst so bezeichnen? Das Ergebnis der Wörterzählerei ist also stark von den jeweiligen Vorannahmen abhängig und so mag es Forscher geben, die auf exakt 100 kommen, oder auf 101 oder 99 . . .

Eskimos wohnen in Iglus

Ganz klar, wer im ewigen Schnee und Eis zu Hause ist, der baut auch sein Haus aus Schnee und Eis, ein typisches Iglu eben. So ein Iglu mag auf uns ja ganz kuschelig und gemütlich wirken - so lange wir schön im Warmen auf dem Sofa sitzen und es uns in Bildbänden oder im Fernsehen anschauen. Tatsächlich ist es in einem Eisblock-Iglu keineswegs urgemütlich. Verständlich, dass nicht einmal die kältegewöhnten Eskimos gerne in aus Iglus bestehenden Siedlungen leben. Deshalb wohnen sie wie wir - in schmucken Reihenhäuschen, Holzhäusern oder auch in Plattenbauten. Das sind genau besehen alles Iglus, denn Iglu bedeutet einfach „Wohnung“ oder „Behausung“, aber nicht „Schneehütte“. Die Jäger, die oft fernab jeglicher Zivilisation auf Robbenjagd gingen, bauten sich einen typischen Schneeiglu, so wie wir ihn uns heute vorstellen, lediglich als Behelfsunterkunft, um nicht im Freien übernachten zu müssen. Heutzutage sind sie aber zumeist mit schnellen Schneemobilen auf der Jagd, so dass die gute alte Behelfsschneehütte, das Iglu eben, immer mehr in Vergessenheit gerät.

Lebenspartner-Verleih

Irgendwo hört wohl jede Gastfreundschaft einmal auf, und so verleiht auch kein Eskimo mal eben seinen Lebenspartner an Touristen. Nein, ganz sicher nicht. Dieser Irrtum geht wohl auf einen Brauch zurück, der früher einmal als „Lampenlöschspiel“ bekannt war. Die Eskimos, die früher in kleinsten Gruppen und Gemeinschaften fernab jeglicher Zivilisation zusammenlebten, mussten verhindern, dass die Blutsverwandtschaft allzu eng wurde.

Deshalb war es üblich, benachbarte Gruppen zu besuchen, um dort Partner unter den Gastgebern auszuwählen. Hier ging es aber weniger um romantische Liebesbeziehungen oder lockere Sitten, sondern vielmehr um reine Zweckgemeinschaften, die das Überleben in den unwirtlichen Arktisregionen sichern helfen sollten. Später dann sorgten die ersten Walfänger für eine Blutauffrischung.