Fernseh-Koch Rach„Zwiebeln und Speck erst am Schluss“

Hat sein eigenes Restaurant zugemacht, weil er nicht mehr 80 Stunden in der Woche arbeiten wollte: Christian Rach (Bild: RTL / Thomas Pritschet)
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Der Sternekoch Christian Rach wurde erst mit seinem Restaurant und dann mit mehreren RTL-Serien bekannt. Über beide Karrieren sprach er mit Sven Winterschladen.
Herr Rach, wer kocht eigentlich bei Ihnen zu Hause?
CHRISTIAN RACH Das ist ganz unterschiedlich und bei uns nicht anders, als in vielen anderen Familien auch. Mal koche ich, mal meine Frau, oft aber auch gemeinsam. Das macht doch am meisten Spaß.
Und was kommt dann auf den Tisch?
RACH Gestern Abend zum Beispiel gab es seit langem mal wieder Spaghetti Bolognese. Es geht bei uns zu Hause nicht um Hummer und Kaviar, sondern um gutes, einfaches Essen.
Was ist einfaches und gutes Essen? Auch Bratkartoffeln? Das ist eines Ihrer Lieblingsthemen, weil sie fast überall angeboten werden, aber selten zu Ihrer Zufriedenheit.
RACH Bei Bratkartoffeln kann man viel falsch machen. Gute Bratkartoffeln sind köstlich, aber gut müssen sie sein. Wenn Chefköche jedoch nicht in der Lage sind, Bratkartoffeln ordentlich auf den Teller zu bringen, dann kristallisiert sich das ganze Problem eines Ladens meist auf dieses eine Produkt.
Dann sagen Sie doch mal: Wie bekommt man Bratkartoffeln perfekt hin?
RACH Es gibt zwei grundsätzliche Varianten. Entweder macht man sie aus rohen oder gekochten Kartoffeln. Beides ist möglich, aber beides hat einen anderen Ansatz. Was mir jedoch ganz wichtig ist: Wenn Sie Zwiebeln und Speck an die Bratkartoffeln machen, dann doch bitte erst ganz zum Schluss, in der letzten Minute. Sonst verbrennen die, das ist ganz häufig ein Fehler.
Werden Sie eigentlich beim Einkaufen beobachtet, nach dem Motto: „Was Christian Rach kauft, muss gut sein“?
RACH Ja, schon. Ich merke häufig, dass die Leute mir genau in den Einkaufswagen schauen. Das ist sehr, sehr auffällig. Sie glauben gar nicht, wie oft ich gefragt werde, was man denn heutzutage noch bedenkenlos essen kann.
Und, was antworten Sie den Leuten? Muss es immer Bio sein oder kann es auch mal ein Tiefkühlgericht sein?
RACH Natürlich muss es nicht immer Bio sein, das ich doch Quatsch. Und das Teuerste ist nicht gleichzeitig auch immer das Beste. Es gibt zum Beispiel wunderbare Fertigprodukte. Aber man sollte sich etwas auskennen. Wenn man ausschließlich zu Fertigprodukten greift, weil man mit den ursprünglichen Zutaten nichts anfangen kann, weil man sie nicht zubereiten kann, dann ist das schlecht.
Sie sind vor allem durch die RTL-Serie „Rach, der Restauranttester“ bekannt geworden. Gab es eigentlich auch mal eine Folge, die nicht ausgestrahlt wurde?
RACH Ja, das kam sogar mehrfach vor. Ich habe gesagt, dass man diese Sendung nicht zeigen kann. Das war nicht zu verantworten.
Was war so schlimm?
RACH Wir machen im Fernsehen zwar Unterhaltung. Aber wir haben auch eine Verantwortung. Und die nehme ich sehr ernst. Wenn sich zum Beispiel während der Dreharbeiten zeigt, dass jemand krank ist, dann müssen das nicht mehrere Millionen Menschen sehen. Ich würde zum Beispiel niemals Alkoholismus thematisieren, ebenso wenig wie andere psychische Erkrankungen.
Im Fernsehen versuchen Sie, Restaurants zu retten, Sie selbst haben aber kürzlich nach fast 23 Jahren das „Tafelhaus“ in Hamburg geschlossen. Wie passt das zusammen?
RACH Alles hat seine Zeit, aber die ist jetzt vorbei. Es war wunderbar, aber ich freue mich jetzt auf den neuen Lebensabschnitt. Das war damals ja eine völlig ungezwungene Entscheidung. Wir waren immer Wochen im Voraus ausgebucht, es hatte also keine wirtschaftlichen Gründe. Ich wollte einfach nicht mehr 80 Stunden in der Woche arbeiten.
Dann haben Sie ja jetzt mehr Zeit für Ihre Fernsehkarriere.
RACH Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Es geht mir nicht um meine Fernsehkarriere. Es geht mir darum, dass ich mehr Zeit für meine Familie habe. In den vergangenen Jahren habe ich fast alles verpasst: Kindergeburtstage und die Einschulung zum Beispiel. Jetzt können wir sogar mal gemeinsam Abendessen machen. Das ging 30 Jahre lang nicht. Früher habe ich von neun Uhr morgens bis Mitternacht in der Küche im Tafelhaus gestanden.
Waren Sie seitdem schon einmal bei Ihrem Nachfolger?
RACH Nein, ich bin zwar eingeladen worden. Aber so weit bin ich noch nicht. Ich brauche noch etwas Abstand. Wenn ich da irgendwann mal hingehe, dann möchte ich mir auch Zeit nehmen.
Also genießen Sie jetzt Ihr neues Leben?
RACH Es ist nicht so, dass ich jetzt viel mehr Freizeit habe. Aber ich habe mehr Freiheit. Wenn ich also einen wichtigen privaten Termin habe, dann sage ich alles andere ab. Das ging früher nicht. Da hatte ich teilweise 95 Angestellte, jetzt sind es noch zwei. Ich nehme Verantwortung für andere Personen sehr ernst. Es ist auch etwas Druck von mir abgefallen. Sie müssen sich doch nur mal anschauen, wie ich teilweise im Fernsehen ausgeschaut habe. Ich hatte tiefe, dunkle Augenränder. Es war einfach alles extrem anstrengend.
Warum haben Sie sich die nicht von einer Maskenbildnerin wegschminken lassen?
RACH Weil das nicht meine Art ist. Ich habe nie eine Maskenbildnerin dabei. Das hat für mich etwas mit Ehrlichkeit zu tun. Ich will mich nicht braun gebrannt und gut gestylt präsentieren. Ich will das wahre Leben zeigen und nicht irgendein Abbild.
Wählen Sie eigentlich auch Ihre teilweise schon legendären bunten Hemden selbst aus?
RACH Ja, das ist eine Stimmungsfrage bei mir. Ich habe auch schon öfter Hemden von Firmen geschickt bekommen. Ich bedanke mich dann höflich für das Geschenk, teile aber ausdrücklich mit, dass man dafür bitte keine Gegenleistung in Form von Werbung oder Ähnlichem erwarten solle. Aber es stimmt schon: Frauen lieben Schuhe, ich liebe Hemden. So ist das.
Waren Sie eigentlich zuletzt auch mal in Köln essen?
RACH Ja, natürlich. Ich bin öfter bei Ihnen in der Stadt.
Und? Wie war das Essen?
RACH Die Kölner Küche hat lange keine Rolle gespielt. Aber in den vergangenen fünf bis sechs Jahren hat sie sich Köln gastronomisch sehr positiv entwickelt und ist inzwischen bundesweit auf Augenhöhe. Es gibt mittlerweile großartige Restaurants, es sind viele tolle Köche dort. Für mich ist das „Le Moissonnier“ eines der besten Kölner Restaurants. Die Atmosphäre ist so ungezwungen, und es wurde nichts verändert mit dem zweiten Stern. Sie kochen dort großartig kreativ. Das Restaurant im Hotel im Wasserturm ist ebenfalls toll. Aber es gibt auch viele andere Restaurants, die sehr zu empfehlen sind. Ich war neulich mal im „Vintage“ – tolles Ambiente, gute Weine, großartig.
Und die typisch kölsche Küche? Mögen Sie Himmel und Ääd mit Bloodwoosch?
Rach Ja, es gibt diese zwei, drei Gerichte, auf die der Kölner so stolz ist. Wenn die gut gemacht sind, sind die köstlich. Aber das ist bei einer Haxe in Bayern oder beim Grünkohl mit Bregenwurst bei uns im Norden nicht anders.
Das Gespräch führte Sven Winterschladen
Zur Person
Privat Christian Rach wurde am 6. Juni 1957 im Saarland geboren. Sein Studium der Philosophie und Mathematik brach er kurz vor dem Abschluss ab, um Koch zu werden. Rach lebt mit seiner Familie in Hamburg.
Berufliches Im Hamburger Hafen eröffnete Christian Rach 1989 sein Restaurant „Tafelhaus“, das er bis Oktober 2011 führte. Seit 1991 konnte er jedes Jahr die Auszeichnung mit einem Michelin-Stern halten. Zusätzlich betrieb und betreibt Rach noch andere kleinere Betriebe. Bekannt wurde er aber vor allem als „Rach, der Restaurantester“. In der RTL-Serie versucht er finanziell angeschlagene Restaurants zu retten. Für das Format wurde er in den vergangenen Jahren mit diversen Fernsehpreisen ausgezeichnet. Außerdem ist Rach Autor einiger Kochbücher. Sein aktuellstes heißt „Besser: besser essen !“ und ist im Edel-Verlag erschienen. Diesem sind auch die beiden Rezepte auf dieser Doppelseite entnommen.Aktuell Derzeit laufen aktuelle Folgen von „Rach, der Restauranttester“ (immer montags, 21.15 Uhr, RTL). Seit einigen Tagen ist Rach in Berlin für Dreharbeiten zu einer neuen Staffel von „RachsRestaurantschule“. Dabei versucht der 54-Jährige, mit einer Gruppe Arbeitsloser ein Restaurant zu eröffnen. Auf seiner Internetseite gibt es die Rubrik „Rach getestet“. Darin stellt er gute Produkte vor, die von Lebensmitteltechnikern geprüft worden sind.www.christianrach.de