Immer mehr greifen zum scharfen Utensil

Der Bart ist wieder in: Fußballer Kevin Kuranyi vom VfB Stuttgart (links) und Handballer Stefan Kretzschmar vom SC Magdeburg.
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Vor allem Männer, die es nass mögen, entdecken ein neues Utensil: Das Rasiermesser. Denn vor allem moderne Bärte erfordern messerscharfe Geräte. Eine Rasur mit Rasiermesser ist von der Qualität nicht mit einer herkömmlichen Nassrasur zu vergleichen, sagt Heike Deubler vom Berliner Friseurgroßhandel Diehm. Es ist sehr viel glatter. Waren es in den vergangenen Jahren vor allem türkische Friseure, die die scharfen Dienste anboten, bekommt die Rasur mit dem Messer immer größere Breitenwirkung. Das hat auch Thomas Lamprecht, Inhaber des Hofbarbier auf der Kölner Weidengasse, an seiner Kundschaft beobachtet. Mancher Mann kommt morgens früh in den Laden, um dann ganz sauber und frisch zur Arbeit zu gehen, berichtet Lamprecht. Die Rasur mit dem Messer ist viel feiner und hält auch länger.
Sicherlich kann die Vorstellung, sich von einer so scharfen Klinge auch noch im Gesicht behandeln zu lassen, einige Furcht hervorrufen. Doch der Hofbarbier beruhigt: Das Rasieren mit dem Messer gehört zur Ausbildung dazu. Geübt habe er damals an Luftballons, immer wieder, bis sie nicht mehr platzten. Heute passiere nur sehr selten etwas.
Aus hygienischen Gründen wird die Klinge nach jedem Kunden gewechselt. Das Einseifen erfolgt wie vor einer ganz normalen Nassrasur, je nach Hauttyp verwendet Lamprecht Seife oder Schaum. Wenn es dann wirklich ans Werk geht, müsse man darauf achten, mit dem Haarwuchs zu schneiden, sonst ist es arg schmerzhaft. Dabei führt der Meister das Messer ziemlich flach - als Richtwert wird in der Regel ein Winkel von 30 Grad angegeben - an das Gesicht seines Kunden.
Der Trend zum Messer freut auch die Hersteller. Allein der Solinger Klingenproduzent Dovo verzeichnet steigende Nachfrage: 7000 Rasiermesser wurden 1995 verkauft, 50 000 sind es zurzeit. Die jungen Männer interessieren sich mehr dafür, sagt Vertriebsleiterin Cornelia Vahl. Mit dem Rasiermesser können die Konturen besser bearbeitet werden. Konturen lautet das Zauberwort: Denn die modernen, so genannten Techno-Bärte lassen sich nur mit der scharfen Edelstahlklinge in Form bringen. Und auch der Wohlfühl-Faktor darf nicht unterschätzt werden, denn eine fachmännische Rasur hat ein durchaus enormes Entspannungspotenzial.
Inzwischen bieten vereinzelte Parfümerien Kurse an, in denen Bartträger den Umgang mit dem Messer lernen können. In einer Hamburger Parfümerie leitet Friseurmeister Adamo Patsis einen Rasierkurs, der an die lockere Hand erinnert, und daran, dass man nicht verkrampfen dürfe. Junge Leute wie der 36-jährige Jörg Tintelott nehmen so ein Angebot gerne an. Der hatte sich vor drei Jahren ein richtig gutes Rasiermesser gekauft. Ich dachte, damit kann man sich besser rasieren. Ziemlich schnell hat er aber gemerkt: Das geht gar nicht. Es gehört eben schon viel Übung dazu, zudem das ruhige Händchen - und viele geplatzte Luftballons. (ani / ap)