In Dreiborn wird wieder Mode gemacht
DREIBORN. Es ist eiskalt im riesigen Konferenzraum der ehemaligen Hirsch AG in Dreiborn. Warum heizen? In der Firma herrscht seit Monaten kein Betrieb mehr. Gestern Abend brennt Licht, aber die Heizung läuft nicht. Doch das soll sich bald ändern. An dem langem Tisch sitzen Beate Nolden und Ralf Stoff. Nolden strahlt Zuversicht aus. Sie berichtet: Ich habe heute die La Rochelle GmbH gekauft.
La Rochelle ist eine Modefirma aus Herzebrock bei Rheda-Wiedenbrück. Ich will das Unternehmen nach Dreiborn holen, sagt Nolden. Sie will dort wieder Mode machen. Schuster, bleib bei deinen Leisten, sagt die 42-Jährige. Ich habe in 20 Jahren bei Hirsch so viel gelernt, ich kann jetzt meine Frau alleine stehen. Sie weiß, dass sie ein Risiko eingeht. Aber sie zeigt sich optimistisch. Ich bin voller Enthusiasmus, dass ich das schaffen werde.
Anfangen will Nolden zu Jahresbeginn mit zwölf Mitarbeitern. Stoff ist einer von ihnen. Er hat schon bei Hirsch mit Beate Nolden zusammengearbeitet. Ab Januar soll die La Rochelle-Kollektion von Dreiborn aus verkauft werden. 2500 Quadratmeter Fläche, eine Etage in dem großen Dreiborner Firmengebäude, will Nolden zunächst nutzen. Die gesamten Liegenschaften der früheren Hirsch AG in der Eifel haben wir gekauft, sagt Nolden. Mit Wir meint sie sich selbst und ihre Familie. Beate Nolden hat eine Firma gegründet - die Sofie GmbH. Die Betreibergesellschaft verwaltet in Zukunft die Liegenschaften. Einen Teil davon hat sie an die Firma Stocko aus Hellenthal, einen weiteren an ein Outlet-Geschäft vermietet. Im Hauptgebäude will Beate Nolden selbst aktiv werden. Zunächst wird die bestehende Kollektion von La Rochelle verkauft. Dann will Nolden selbst wieder Mode kreieren. Wir werden die gleiche Zielgruppe wie Hirsch ansprechen. Der deutsche Markt schreit nach Röcken, so die Modefrau. Diese Nachfrage will sie bedienen.
Auf Stoffmessen fahren, Stoffe kaufen, Muster erstellen, Kollektionen entwickeln - der kreative Geist soll der La Rochelle-Kollektion schon bald aus Dreiborn eingehaucht werden. Ich bin nicht mehr Hirsch. Ich bin jetzt La Rochelle, stimmt Nolden auf die Zukunft ein. Die Produktion wird noch nicht dort stattfinden. Die Logistik, EDV und Verwaltung werden in Dreiborn angesiedelt. Vielleicht wird auch irgendwann mal wieder hier produziert, so Nolden. Die Löhne in Osteuropa seien stark gestiegen. Die Transportkosten hinzugerechnet, könne es sich bald lohnen, wieder hier zu produzieren, so die 42-Jährige.
Mittelfristig sollen wieder Arbeitsplätze im Stadtgebiet Schleiden geschaffen werden. Innerhalb der nächsten drei Jahre könnten hier wieder 35 Leute arbeiten, setzt sich Nolden ein ehrgeiziges Ziel. Ihre Leute, die früher für die Hirsch AG gearbeitet haben, will sie dabei nicht vergessen und versuchen, für diese wieder Arbeit zu schaffen. Die Nachrichten über die Firma Hirsch in den vergangenen Wochen und Monaten haben sie nach eigenen Angaben keinesfalls kalt gelassen.
Mit dem Kauf von La Rochelle hat sich Beate Nolden ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk gemacht - ein sehr arbeitsintensives. Auch wenn einige mich für verrückt erklärt haben, ich werde das durchziehen, gibt sie sich kämpferisch. Als sie aus dem großen Konferenzzimmer geht, sagt sie mit strahlendem Lächeln: Auf zu neuen Ufern.