Interview mit Sascha Breuer-Rölke„Wir haben oft über den Tod geredet“
Köln – Ihr Freund und Sängerkollege starb am 10. Dezember 2009 durch einen Herzinfarkt. Wie schaffen Sie es, trotzdem aufzutreten und gute Laune zu verbreiten?
Man muss wissen, dass Henning im Januar für sechs Monate zur Kur gehen und abspecken wollte. Für die Zeit hatte er selbst als Ersatz den Stevie vorgeschlagen (Stefan Gabel, Anm. d. Red.). Die Session war also von vornherein ohne ihn geplant. Aber es fällt trotzdem sehr schwer.
Wann war der erste Auftritt nach seinem Tod?
Silvester - das wäre der letzte planmäßige mit Henning gewesen. Wir haben lange überlegt, ob wir ihn mit Stevie wahrnehmen sollen, ob wir das überhaupt können - und haben dann nicht abgesagt.
Warum?
Auch oder leider aus finanziellen Gründen. Wir leben schließlich davon. Henning hätte es auch nicht gewollt, einen Auftritt abzusagen.
Wie sehr kann man nach so einem Schlag Profi sein?
Auf der Bühne kann man das ausblenden. Da musst du auf so viele Sachen achten. Hart wird es eher in den Momenten dazwischen, wo man darüber nachdenkt, wenn einige Sachen wieder hoch kommen. Ich kann es häufig noch immer nicht glauben kann, dass er nicht wiederkommt.
Henning war nicht nur bei den Wanderern gefragt. . .
Er war bei den „Popolskis“, hatte die Rock-Band „Savage Dream“, hat für Hape Kerkeling gearbeitet und und und.
Hat er gemerkt, dass er für seine Gesundheit etwas tun muss?
Es war immer ein Thema. Ich weiß nicht, wie viele Millionen Gespräche ich mit ihm darüber geführt habe. Aber er hat immer sehr schnell trotzig reagiert und zugemacht. Erst in den letzten zwei Jahren haben wir mit den Wanderern einen Zugang gefunden.
Was war er für ein Mensch?
Er war sehr melancholisch und nachdenklich. Das Essen und die Musik waren - so wie er immer selbst sagte - die beiden einzigen Sachen, die ihm überhaupt noch richtig Freude bereitet haben. Musik war das Wichtigste für ihn, um Menschen von sich zu überzeugen. Ich hab neulich noch gedacht: Wie muss es für ihn gewesen sein, durch die Stadt zu gehen?
Die Leute starren dich an. . .
Du wirst angeglotzt, unter dem Motto: „die fette Sau“. Wenn Henning auf die Bühne kam, dann haben die Leute zuerst gelacht oder waren entsetzt. Und im Laufe des Auftritts wandelte sich das: Man sah ihn nicht mehr als Freak, sondern als Künstler: „Wow, diese Stimme!“ Er hat den Leuten was gegeben, und er hat den Respekt zurückbekommen.
Woran hat er gelitten?
Das ist komplex. Man kann aber sagen, dass er sich über Jahre einen Schutzpanzer angefressen hatte.
Hatte er Vorerkrankungen?
Nein, er war dabei, eine Bronchitis bei seiner Mutter auszukurieren. Am Abend hat er sich kreidebleich auf einen Stuhl gesetzt. Eine Minute, bevor der Rettungswagen da war, ist er umgekippt.
Wann haben Sie davon erfahren?
Ich habe nachts eine SMS von seinem Bruder bekommen.
Haben Sie mit Henning mal über den Tod gesprochen?
Ja, sehr oft. Er hat dabei häufig Witze gemacht. Der Standardsatz war: Ich möchte mit Mitte 40 beim Singen tot umkippen.
Das war aber nicht ernst gemeint. . .
Ich weiß es nicht. Er hat es zwar immer im Lachen gesagt, aber etwas Ernst war, glaube ich, immer dabei, weil er es schon in Betracht gezogen hat.