Kleine Dose, große Wirkung
STÜLINGHAUSEN. Entwarnung nach dem Giftgas-Unfall am Dienstagmittag im VdK-Hotel: Fast alle Bediensteten und zwei Einsatzkräfte der Feuerwehr (insgesamt 15 Personen), die vorsorglich zur Beobachtung in die umliegenden Krankenhäuser gebracht worden waren, sind inzwischen aus der Behandlung entlassen worden. Lediglich eine Frau, die schon vor dem Zwischenfall Probleme mit einer Atemwegserkrankung hatte, muss weiter stationär im Krankenhaus bleiben.
Kreisdirektor Norbert Wolter erleichtert: Ich bin froh, dass alle den Umständen entsprechend wohlauf sind. Das hätte auch anders ausgehen können. Andererseits zeige das Beispiel, dass gerade im Umgang mit hochgiftigen Chemikalien möglicherweise gesetzliche Bestimmungen zu lasch gefasst sind. Solche Mittel gehören nach seiner Meinung nur in die Hand von Fachleuten, die über die entsprechende Sachkunde verfügen. Wolter: Wir als Aufsichtsbehörde werden Lehren aus dem Vorfall ziehen. Ich kann mir vorstellen, dass auch Kontrollen unsererseits im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen verschärft werden.
Sehr giftig, leicht entflammbar: Jede Menge Kleingedrucktes warnt auf den Polytanol-Dosen - in Stülinghausen handelte es sich um eine 125-Gramm-Dose der Chemischen Fabrik Wülfel aus Hannover - vor den immensen Gefahren. Doch wie der Zwischenfall von Stülinghausen am Dienstagmittag zeigt, passieren immer wieder Unfälle mit den hochgiftigen Schädlingsbekämpfungsmitteln, sobald es nur für Fachleute vorhersehbare chemische Reaktionen gibt.
Dennoch: Polytanol gibt es für jeden Erwachsenen im Fachhandel zu kaufen. Es handelt sich um eine Art Granulat, das gegen Wühlmausplage eingesetzt werden und bei Kontakt mit Feuchtigkeit in den unterirdischen Schlupfwinkel der Tiere chemisch reagieren. Voraussetzung für den Verkauf ist, dass der Verkäufer eine so genannte Pflanzenschutzprüfung bei der Industrie- und Handelskammer abgelegt hat. Selbstbedienung ist also auch im Baumarkt ausgeschlossen, denn giftige Substanzen müssen immer verschlossen aufbewahrt werden. Im Giftbuch des Händlers wird jeder Kauf vermerkt. Per Unterschrift bestätigt der Käufer, dass er über eventuelle Gefahren vom Verkäufer aufgeklärt worden ist. Ein Händler: Ich kann mir vorstellen, dass viele unsere Warnungen und Anwendungshinweise nach ein paar Stunden vergessen haben. Dann sollte man wenigstens vor öffnen der Dosen oder Flaschen das Kleingedruckte aufmerksam lesen. Aber ob das jeder macht?
Inzwischen hat sich auch das Kölner Bundesamt für Arbeitsschutz in die Ermittlungen eingeschaltet.