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KundenansturmBrummendes Geschäft mit Gold

Lesezeit 3 Minuten

Der steigende Goldpreis bringt viele Menschen dazu, ihren alten Schmuck zu verkaufen. (Foto: Böschemeyer)

Bonn – Man könnte, sollte, müsste. Irgendwo zwischen diesen drei Hilfsverben fällt die Entscheidung, wenn es um den Verkauf von Omas Armreif geht. Und der hohe Goldpreis bietet einen zusätzlichen Anreiz, gerade jetzt beim Juwelier den Ahnenschatz zu Geld zu machen.

Bei den Goldankäufern brummt es deshalb mächtig. „Manchmal stehen wir zu dritt an der Theke, und die Kunden müssen trotzdem warten. Ich arbeite seit 20 Jahren in der Branche, aber so groß war der Ansturm noch nie“, sagt Elke Velten-Tönnies, die Filialleiterin des Bonner Goldankaufs in der Gangolfstraße. Was da auf der Theke landet, reicht vom goldenen Ohrring bis zum Amulett, vom Kerzenständer bis zum Zahngold.

Auch das Tafelsilber wird in diesen Tagen gerne veräußert, denn der Silberpreis steht ebenfalls hoch. Ein Mann aus Ippendorf hat seinen Taufkelch verkauft, der Name ist eingraviert, noch, denn das gute Stück wird eingeschmolzen. Wie Elke Velten-Tönnies erklärt, tauge nicht jedes Stück zur Wiederaufbereitung durch den Goldschmied und damit zum Wiederverkauf.

Sabine Wassermeyer nennt das „Schrotteln“, wenn sie und ihre Kollegin Karina Schotten „die Guten ins Töpfchen und die Schlechten ins Kröpfchen“ sortieren - nach genauer Analyse selbstverständlich. Kürzlich erst, erzählt Karina Schotten, hatte sie mal wieder die „dicke Kette mit dem Pantheranhänger“. Die sei furchtbar 80er Jahre und könne keinen Käufer mehr hinter dem Ofen hervorlocken, also ab zum Einschmelzen.

41,30 Euro - diese Summe legte die Degussa am Mittwochmorgen für ein Gramm Feingold fest, aber das Wort festlegen hat im Goldgeschäft eine Bedeutung, die fünf Minuten später wieder überholt sein kann. Doch dass der Kurs, an dem sich auch der private Goldverkauf orientiert, seit Monaten gut steht, ist eine Tatsache. Immer wenn es kriselt in der Finanzwirtschaft, wird der Schrei nach etwas Festem, etwas Sicherem lauter.

Wenn der Preis dann steigt, erinnert sich der Kopf an die alten Schätzchen von vorgestern, die seit Jahrzehnten keiner mehr getragen hat. So erging es auch einer Frau aus Königswinter, die nur schwerlich Abschied nehmen will von Großmutters Goldkette, „obwohl ich emotional tiefe Erinnerungen an meine Oma habe, für die ich ihren Schmuck nicht brauche“. Letztlich ringt sie sich doch dazu durch, den Schmuck gemeinsam mit ein paar eigenen Stücken zu Geld zu machen.

Thomas A. Bröckel vom Berufsverband des Deutschen Münzfachhandels mit Sitz in Köln bestätigt, dass die Goldkontore derzeit „schwer zum Luftholen“ kommen. Es sei ein regelrechter „Hype“ um Edelmetalle ausgebrochen. Ein Trend, der sich zwar nicht in konkreten Zahlen ausdrücken ließe, aber bundesweit gelte. Wo Gewinner sind, gibt es aber auch Verlierer. Seit anderthalb Jahren schießt der Goldpreis dermaßen in die Höhe, dass die Nachfrage nach Zahngold in den Zahnarztpraxen stark zurückgegangen ist. „Die Klienten steigen vermehrt auf günstigeren Zahnersatz wie NE-Legierungen und Keramik um“, berichtet Horst Joachim Schlieker, stellvertretender Obermeister der Zahntechniker-Innung Köln, die auch für Bonn zuständig ist. Die reinen Zahngoldspezialisten, die nächsten sitzen in Düsseldorf, stöhnen also über Umsatzrückgänge.

Fälschungen werden angeboten

Auch beim Bonner Goldankauf gibt es eine negative Entwicklung: Dort tauchen vermehrt Fälschungen auf. Messingringe beispielsweise, die bloß vergoldet sind und sich dann bei der Analyse durch die Goldexperten schnell als wertlos erweisen. „Da gibt es immer wieder Betrüger, die unseren Kunden falsche Ware auf der Straße verkaufen“, warnt Elke Velten-Tönnies.

Beim Verkauf merkt die Filialleiterin übrigens keinen Unterschied. Besondere Manschettenknöpfe oder seltene Brillantteile seien stets gefragt. Aber der teure Goldpreis halte eben umgekehrt die Käufer ab, gerade jetzt zuzuschlagen, es sei denn, sie wittern ein Schnäppchen. Deshalb hat Velten-Tönnies den schweren Schmuck schon aus den Verkaufsvitrinen geholt, „denn unter Goldpreis verkaufen werde ich nicht und täglich die Wertigkeit anpassen, dazu fehlt uns die Zeit“.