Marien-KrankenhausRückenschmerz, ein Teufelskreis

Feinarbeitmit Mikroskop<$0>: Mit winzigem Werkzeug operiert Dr. Eva-Maria Buchholz. Die Eingriffsstellean der Wirbelsäule wird durch ein Metallröhrchen erreicht, das die Muskelfasern nichtverletzt. (Foto: Luhr)
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BERGISCH GLADBACH – Wenn es um die Wirbelsäule geht, gerät Dr. Eva-Maria Buchholz regelrecht ins Schwärmen: „Sie ist das Zentrum unseres Seins, sie macht es uns möglich aufrecht zu gehen. Sie ist Schutzorgan und Hauptautobahn für unsere Nerven und das Rückenmark, also letztlich für alle Informationen, die von der „Schaltzentrale“ Hirnstamm an die Organe gehen und umgekehrt. Die Wirbelsäule ist das Kommunikationszentrum des Menschen.“
Faszinierend findet die Neurochirurgin, die seit einem Jahr am Marien-Krankenhaus ein Wirbelsäulenzentrum aufbaut, die Komplexität dieser hochsensiblen Konstruktion. Aber das ist gleichzeitig das Problem, weiß Dr. Buchholz: „Man nimmt die Wirbelsäule nie als Ganzes mit allen Facetten wahr.“
Die Folge dieses „Tunnelblicks“ kennen Patienten aus teilweise jahrelanger, leidvoller Erfahrung: Eine endlose, frustrierende Odyssee vom Hausarzt zum Orthopäden, Neurochirurgen, Neurologen, Rheumatologen, Physiotherapeuten, Osteopathen, Homöopathen und anderen, das Ergebnis oft gegen null. Denn Rückenschmerz, betont die Fachfrau, hat viele Facetten und viele Ursachen, es grenzt oft an Detektivarbeit, die wahre Ursache herauszufinden.
Der erste Reflex bei akutem Schmerz: ein Bandscheibenvorfall. Es kann aber auch eine Arthrose sein oder ein Tumor, eine rheumatische Entzündung, Osteoporose oder ganz einfach akute Dysbalancen der Muskulatur oder Gelenke, „die können extrem schmerzhaft sein“. Organe wie Nieren, Lunge, Magen, Darm oder Herz liegen in nächster Nähe der Wirbelsäule und kommen ebenfalls in Frage. Nicht zuletzt Depressionen, die Rückenschmerzen hervorrufen, aber auch die Folge von Rückenschmerzen sein können. „Ein Teufelskreis“, hat Dr. Buchholz beobachtet. „Jeder, der mal lange, sagen wir ein Jahr, Rückenschmerzen gehabt hat, wird zermürbt.“
Ein Team muss also her, um all diese Ansätze zu bündeln. Hauptakteur: ein Spezialist, wie Dr. Buchholz, die die Wirbelsäule wirklich kennt. Im Marien-Krankenhaus hat die Neurochirurgin alle Facetten vorgefunden: „Von A wie Anästhesie bis Z wie Zentrum für Psychologie und Beratung.“ Es gibt versiertes OP-Personal und ein modernes technisches Equipment zur Durchführung von Operationen - zum Beispiel ein OP-Mikroskop, „das absolute Muss“.
Zudem wurde ein neues Grundinstrumentarium angeschafft, mit dem praktisch alle „Basiseingriffe“ an der Wirbelsäule minimal-invasiv durchgeführt werden können. Bei dieser Methode wird ein Metallröhrchen bis zum Eingriffspunkt vorgeschoben - „ohne dass die Muskulatur verletzt wird“, betont Dr. Buchholz. „Mit dem OP-Mikroskop kann ich über diesen Zugang fast jede Wirbelsäulenoperation durchführen.“
Besonders dankenswert ist diese Methode bei der Spinalkanalstenose: „Die häufigste Diagnose des Alters,“ erklärt Eva-Maria Buchholz. „Die Rückenschmerzen der Patienten werden immer schlimmer - bis zur Gehunfähigkeit.“ Minimal-invasiv sei es heute kein großer Aufwand mehr, auch „älteste Patienten“ an der Verengung des Nervenkanals zu operieren. Die OP-Wunde ist nur noch ein „zugeklebter“ Zwei-Zentimeter-Schnitt.
„Die Patienten sind total begeistert.“ Ihr ältester war 96 Jahre alt. Nicht zuletzt deshalb ist Buchholz besonders froh, dass auch die Geriatrie das Wirbelsäulenzentrum unterstützt: „Der ältere Mensch muss behandelt werden wie ein rohes Ei, wie ein Neugeborenes, da ticken die Uhren anders.“
Ihr fünftes Wirbelsäulenzentrum bundesweit hat Dr. Buchholz im Marien-Krankenhaus auf den Weg gebracht, angefangen in Köln-Merheim. 450 Wirbelsäulen-Patienten hat sie im ersten Jahr in Gladbach behandelt, davon über 200 Operationen durchgeführt, inklusive der akuten Notfälle. Das Dreifache dessen, was zunächst angedacht war.
„Es spricht sich schnell herum“, ist ihre Erfahrung. In der täglichen Sprechstunde sitzen Patienten, die schon zehn Jahre und länger Beschwerden haben. Das Ausmaß der Verzweiflung ist groß. Aber: „Für jeden Wirbelsäulenpatienten die richtige Therapie zu finden ist Ziel, aber manchmal, trotz großer Bemühungen, unerreichbar.“