Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Massenangriff auf TürsteherProzess gegen Hells Angels

Lesezeit 3 Minuten

Die Staatsanwaltschaft Bonn hat zwei Mitglieder der Hells Angels angeklagt. (Bild: dpa)

Bonn – Die Anklageliste ist umfassend – und entspricht durchaus den Vorstellungen, die landauf landab von Mitgliedern der Motorradgang Hells Angels existiert und von den Protagonisten selbst offensichtlich auch mit Vorliebe bedient werden: Das gilt für ein neues Verfahren gegen zwei Mitglieder einer Kölner Untergruppe der Hells Angels, die sich seit gestern vor dem Bonner Landgericht verantworten müssen. Im Rotlichtmilieu zu Hause, in dem sie in der Regel ihren Lebensunterhalt verdienen, wird ihnen Zuhälterei vorgeworfen, auch Menschenhandel mit jungen Mädchen – teilweise unter 18 Jahren –, die sexuell ausgebeutet werden.

Schließlich gehören nach Überzeugung der Bonner Staatsanwaltschaft auch noch räuberische Erpressung, Nötigung und gefährliche Körperverletzung dazu.Neun Fälle zählt die Anklage gegen die beiden 39 und 44 Jahre alten Hells Angels-Mitglieder.

Der Fall Nummer zwei sticht dabei besonders hervor, der sich am 29. Oktober 2010 vor der Diskothek „Rheinsubstanz“ in Bad Honnef abgespielt haben soll. An diesem Abend, gegen 23 Uhr, soll es einen gewalttätigen Massenangriff auf das Sicherheitspersonal des Tanzlokals gegeben haben. Zunächst soll der 44-Jährige mit zwei weiteren Männern um Einlass begehrt haben. Als ihnen das als Mitglieder der Hells Angels verweigert wurde, sollen sie auf die drei Türsteher eingeschlagen und eingetreten haben. Dann sollen aus dem Hinterhalt (sie hatten sich unter der Fußgängerbrücke bedeckt gehalten) 20 weitere Sympathisanten erschienen sein, die mit Schlagringen und auch Stöcken bewaffnet losprügelten.

Die drei Türsteher erlitten zahlreiche Verletzungen, mussten in der Klinik behandelt werden. Einer war arbeitsunfähig. Den Angriff organisiert haben soll der 39-jährige Angeklagte, der aus Bad Honnef stammt. Mit dem gezielten Überfall habe er, so die Anklage, den Discobetreiber unter Druck setzten wollen, damit künftig für die Einlasskontrollen „Personal aus der Hells Angels-Szene“ eingesetzt werde.

Der 39-Jährige jedoch hat gestern im Prozess das Motiv bestritten: Vielmehr habe er seinen kleinen Bruder rächen wollen, der zuvor von einem Türsteher der Disco schlecht behandelt worden sei und dabei einen Nasenbeinbruch erlitten habe. Er räumte ein, versucht zu haben, der Security einen „Denkzettel“ zu verpassen. Auch die anderen Strafvorwürfe wurden von den Angeklagten maßvoll eingeräumt, die eigene Tatbeteiligung jedoch stets verharmlost; jedenfalls würde Gewalt keinerlei Rolle spielen, auch nicht im Umgang mit „seinen Prostituierten“, die immer freiwillig angeschafft und für ihn gearbeitet hätten.

Unbeantwortet jedoch blieb gestern, wieso die jungen Mädchen (darunter eine 17-Jährige) über 50 Prozent ihres Dirnenlohns an ihn abgeben mussten. In einem Fall soll der Mann laut Anklage einer 20-Jährigen, die das Bordell wechseln wollte, klar gemacht haben, dass sie eine Ablöse von 3000 Euro zahlen müsse: Immerhin sei sie sein persönliches Eigentum und diene ihm zur Bereicherung seines Lebensunterhaltes.

Als die beiden Angeklagten im Mai 2011 festgenommen wurden, fanden die Ermittler im Mercedes des Älteren ein privates, illegales Waffenlager: Springmesser, Teleskopschlagstock, Samurai-Schwert, einen Dolch sowie eine funktionstüchtige Patrone am Lederband. Die Angeklagten sitzen seit sieben Monaten in Untersuchungshaft, „weil sie tief verstrickt in die organisierten Kriminalität“ seien. Der 44-jährige ist bislang nicht vorbestraft, der Jüngere wurde bereits 2005 wegen Menschenhandels und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu eineinhalb Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Für den Prozess sind sechs weitere Verhandlungstage angesetzt.