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„Menschenverachtende Tat“

Lesezeit 3 Minuten

Fahndungsfotos der Limburger Polizei zeigen Jasmin (l) und Yvonne (r).Die Mädchen waren im Oktober 1994 nach einem Disco-Besuch sadistisch gequält und mit einer Überdosis Chloroform vergiftet worden.

LIMBURG. Wegen der heimtückischen Sexualmorde an zwei 16 Jahre alten Mädchen soll das im Limburger „Sadisten-Prozess“ angeklagte Ehepaar nach dem Willen der Staatsanwaltschaft lebenslang in Haft. Der Ablauf der menschenverachtenden Tat spreche für die „Kaltblütigkeit und Professionalität“ der Eheleute, sagte Staatsanwältin Ingrid Richter gestern in ihrem Plädoyer vor dem Limburger Landgericht. „Sie waren beide Täter.“

Der nur vermindert schuldfähige 42-jährige Lutz K. müsse aber auf Grund seiner schweren Persönlichkeitsstörung in einer Psychiatrie untergebracht werden.

Das Paar aus dem rheinland-pfälzischen Westerwald-Dorf Girkenroth hat die beiden Schülerinnen Jasmin und Yvonne der Anklage zufolge vor mehr als acht Jahren nach einem Disco-Besuch verschleppt, zwei Mal mit Chloroform betäubt und stundenlang sexuell gequält. Die Opfer waren an einer Überdosis des Narkosemittels gestorben. Der 42 Jahre alte Maurer Lutz K. und seine ein Jahr ältere Frau Monika hatten die Tat zwar bereits zu Beginn des Prozesses im Kern gestanden, aber jede Tötungsabsicht bestritten und den Tod der Mädchen als Unfall dargestellt.

Bei einem von Anfang an geplanten Doppelmord habe der 42-Jährige zwar die Fäden in der Hand gehalten, sagte die Staatsanwältin. „Er hat seine Lust über das Recht auf Leben gestellt.“ Ohne die tatkräftige Unterstützung seiner Frau hätte er die beiden „arglosen Opfer“ vor der Diskothek aber niemals in sein Auto locken können. Die 43-Jährige hatte eingeräumt, den Mädchen eine Mitfahrgelegenheit angeboten zu haben.

Am Abend des 8. Oktober 1994 habe Monika K. ihrem Mann nach einem Streit einen „pervertierten Liebesbeweis“ erbringen wollen, erklärte die Staatsanwältin. Wer auf die Idee zur Entführung und Ermordung gekommen sei, habe sich nicht klären lassen. Auch wer den Mädchen die grausamen Verletzungen zugefügt habe, sei unklar.

Die von den Angeklagten vorgetragene „Unfalltheorie“, die den Tod der beiden Mädchen allein auf Unkenntnis über die Wirkungsweise von Chloroform zurückführt, hält die Staatsanwältin für „haarsträubend“. Es seien keinerlei Spuren einer „ernsthaften Wiederbelebung“ der Opfer entdeckt worden, wie sie der Angeklagte vor Gericht behauptet hatte. Die brutalen Verletzungen seien den Mädchen zudem eindeutig vor ihrem Tod zugefügt worden: „Es sollte kein Sexualverbrechen vorgetäuscht werden, sondern es war tatsächlich eins.“

Zur Vertuschung der Tat habe das Paar die Toten „sehr gründlich und professionell“ gewaschen, um Spuren zu vernichten. In der folgenden Nacht hätten sie die Leichen in einem Waldstück bei Wetzlar abgelegt. Auf einem Leichnam hatten die Ermittler eine weiße Tennissocke gefunden, in der sich Gen-Spuren von Lutz K. fanden. Bei einem Massengentest im September 2001 war ihm die Polizei auf die Spur gekommen.

Selten habe er einen Angeklagten „mit einer derartigen Arroganz und Selbstdarstellung“ erlebt, sagte Staatsanwalt Bernd Weiß. Eine Sicherungsverwahrung kommt nach Darstellung der Anklage nur deshalb nicht in Betracht, weil diese Regelung erst seit Anfang 1995 gelte. Jasmin und Yvonne waren aber zwei Monate früher ermordet worden.

Die Eheleute waren zunächst auch wegen sexuellen Missbrauchs mehrerer Frauen und dem Besitz von 13 000 kinder- und gewaltpornografischen Bildern angeklagt. Auf Grund der geringen Bedeutung für das Strafmaß hatte das Gericht diese Punkte jedoch fallen gelassen. Wann mit dem Urteil zu rechnen ist, ist noch unklar. (dpa)