Neuer TrendRückkehr des Trockenshampoos

Billiger als Trockenshampoo ist es auf jeden Fall, die Haare zu waschen. Und es riecht auch besser. (Bild: dpa)
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Es ist wieder da. Früher hieß es einfach "Frottee", heute "Got2be rockin' it", "Volume lift", "Trend it up Spray-on" und "Cotton Fresh". Die Kosmetikfirmen überschwemmen derzeit die Drogeriemarktregale mit Trockenshampoos - als Spray und modisch aufgepeppt. Dem verstaubten Trockenshampoo, das Menschen über 40 noch aus ihrer Kindheit kennen, wurde ein neues Image verpasst.
Früher benutzte es die Großmutter, wenn sie ihre kunstvolle Dauerwelle - die nur der Friseur waschen und legen konnte - zwischendurch auffrischte. Oder man behalf sich mit dem Puder, weil eine Zeit lang der Grundsatz galt: Zu häufiges Haarewaschen schadet der Kopfhaut und den Haaren.
Das Puder wurde einfach mit einem Handtuch auf dem Kopf einmassiert und gut wieder ausgebürstet. Der Fettansatz war dann zwar weg, aber dafür hatten dunkle Haare einen Grauschleier und der penetrante Geruch des Pulvers ging einem nicht mehr aus der Nase. Aber das weiße Zeug gehörte zur Zeit.
Die Regisseurin und Schriftstellerin Doris Dörrie (Jahrgang 1955) beschrieb ihr schlimmes Fettige-Haare-Leid als Schulkind in den 60er Jahren einmal so: "Eine kleine hellblau-weiß geschwungene Dose mit einer silbernen Banderole: »Frottee Trockenshampoo für Zwischendurch«. Von den Göttern für mich erfunden. Allein der Name. Frottee. Das war ziemlich neu, dieses Wort, es gab Frotteehandtücher und -bademäntel, ohne Trockenshampoo konnte ich nicht mehr leben. Mein gesamtes Taschengeld ging dafür drauf." Doch dann rieselte das Trockenshampoo aus der Zeit, war über Jahrzehnte vergessen. Nur Modeschöpfer Karl Lagerfeld bekannte sich durchgängig als Dauerbenutzer.
Gab man den Suchbegriff "Trockenshampoo" im Internet ein, dann stieß man bis vor kurzem vor allem auf Tierfell-Pflegeprodukte. Nun haben findige Marktstrategen das Trockenshampoo wieder aus der Versenkung geholt. Die Firma Henkel bewirbt ihr Syoss-Dry-Shampoo als "neues Produkt" heftig im Fernsehen. Und auf einmal ist der Staub auf dem Kopf ein Handwerkszeug der Stylisten. Angeblich gehöre Trockenshampoo bei "internationalen Fashion-Shows backstage längst zu den Geheimtipps".
Eine Notlösung wird plötzlich zum Trend erklärt für die vielbeschäftigte Frau, die auf Reisen oder zwischen den Meetings keine Zeit zum Haarewaschen hat (aber im Werbespot immerhin soviel Zeit, zum Friseur zu gehen und ihn um Rat zu fragen).
Viele der neuen Produkte richten sich ausdrücklich an junge Mädchen - also eine Generation, die vorher noch nie von Trockenshampoo gehört hat und deshalb ganz unbelastet ist. Mit Trockenshampoo könne man sich den Partygeruch vom vorausgegangenen Abend herausbürsten. Auf Musikfestivals, bei denen es keine Duschen gibt, oder zwischendurch in der heißen Disco könne man damit den Style retten. Und wer morgens mal verschlafe, für den gebe es nun eine schnelle Lösung. Und die jungen Kundinnen kaufen - erstmal aus Neugierde.
In Mädchenforen im Internet wird kräftig diskutiert: "Kennst du das, hast du es schon ausprobiert?" Profis halten vom Trockenshampoo-Hype wenig. Birgit Ritter-Giesen (Jahrgang 1965) führt mit ihrem Bruder den Salon "Ritter Friseure" in Hürth, der von der Fachzeitschrift "Top Hair International" zum Salon des Jahres 2011 gekürt wurde. "Bei uns wird Trockenshampoo überhaupt nicht nachgefragt. Das führen wir auch nicht in unserem Shop. Ich glaube, das läuft sich bald tot." In den 60er, 70er Jahren habe das Produkt noch Sinn ergeben. Da wurde nicht jeden Tag geduscht, die Dauerwell- und Föhnfrisuren mussten lange halten. "Heute treiben die meisten Frauen Sport, fast jede wäscht sich die Haare ohnehin jeden Tag", sagt die Salonchefin. "Die Industrie sucht ständig nach neuen Produkten, die sie auf den Markt bringen kann. Und wenn einer mit etwas Neuem kommt, ziehen die anderen nach. Aber beim Trockenshampoo wird das nur ein kurzes Revival sein", so ihre Prognose.
Und im Internet stehen mittlerweile neben positiven Bewertungen - "eine Offenbarung", das Haar wird "fluffig" - auch enttäuschte Kommentare. Denn so "neu" die Produkte auch sind, die alten Probleme gibt es noch immer: Spuren auf den Haaren und der Kleidung, juckende Kopfhaut und ein Geruch "ein bisschen wie Badezimmer". Und einige der jungen Konsumentinnen kommen zu dem Schluss: "Ich wasche mir lieber die Haare, das ist auch billiger. "