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Neues NRW-JustizkonzeptJugendanstalt statt U-Haft

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Ort des schrecklichen Geschehens im November 2006: die JVA Siegburg.

DÜSSELDORF - Heim statt Knast: Mutmaßlichen jugendlichen Straftäternin Nordrhein-Westfalen soll bei weniger schweren Delikten dieUntersuchungshaft künftig möglichst erspart bleiben. MehrStraffällige zwischen 14 und 18 Jahren sollen stattdessen bis zumProzessbeginn in Heimen der Jugendhilfe untergebracht werden. Diessieht ein am Dienstag von Justizministerin RoswithaMüller-Piepenkötter und Jugendminister Armin Laschet (beide CDU)vorgestelltes Konzept vor.

Die Ministerin betonte, dass fürnotorische Gewalttäter oder Mord-Verdächtige die "Haftvermeidung"nicht gedacht sei. Das Ministerium habe "nicht das illusorischeZiel", die durchschnittlich drei Monate dauernde U-Haft für jungeMenschen aufzugeben.

Im vergangenen Jahr kamen landesweit knapp 500 junge Leute inU-Haft. "Wir meinen, das ist zu viel", sagte Müller-Piepenkötter. Nur26 Jung-Straftäter wurden in Heimen untergebracht. Ziel sei, dieseZahl zunächst zu verdoppeln.

Ministerin: Kein geschlossenes Heim

Eine Flucht der Jugendlichen aus Heimen soll durch"Rund-um-die-Uhr-Betreuung" bis hin zu Bewegungsmeldern odernächtlichem Verschließen von Türen verhindert werden. Dennoch handelees sich nicht um geschlossenen Heime, sagte Müller-Piepenkötter. Einevöllige Fluchtsicherheit sei laut Gesetz auch gar nicht nichtVoraussetzung für den Heimaufenthalt. "Wir wollen keinefluchtsicheren Ersatzgefängnisse, aber wir müssen auf die Sicherheitim Sinne der Bevölkerung achten", sagte sie. Laschet erklärte, dieJugendlichen seien in den Heimen ständig im Blick der Erzieher.Fluchtfälle kämen "so gut wie nicht vor".

Die Jugendlichen sollen bis zum Prozess im Heim intensivpädagogisch betreut werden, zugleich aber drohen ihnen auchSanktionen wie Ausgangsverbote und eingeschränkte TV- oderRadionutzung. Auch der Drogenmissbrauch soll verhindert werden,betonte die Ministerin. U-Haft und Heim können auch kombiniertwerden. So könnten Jugendliche nach einigen Tagen im Gefängnisanschließend auch von einem Heim aufgenommen werden.

Bisher drei vergleichbare Heime

Die Anforderungen an die Heime sind hoch: So müssen sie siebenTage in der Woche junge Delinquenten aufnehmen können, diese rund umdie Uhr betreuen und sie bis zum Gerichtsprozess pädagogischbegleiten. Die Kosten von täglich 200 bis 250 Euro pro Jugendlichemübernimmt die Justiz. Laschet sagte, die Standards in den Heimenmüssten so angesetzt werden, dass sowohl Jugendhilfe als auch Justizdamit leben könnten.

Derzeit gibt es landesweit drei Heime in Iserlohn, Herne undSolingen, die junge Straftäter bis zum Gerichtsprozess aufnehmen.Davon ist "Stop and Go!" ein Kooperationsprojekt der EvangelischenJugendhilfe in Iserlohn und Herne/Wanne-Eickel. In zwei Gruppenwerden dort jeweils bis zu sechs Jugendliche 24 Stunden betreut.Zudem stellt der Landschaftsverband Rheinland (LVR) im Jugendheim"Halfeshof" in Solingen sieben Plätze für junge Männer bereit. Zweiweitere Heimträger seien inzwischen für das neue Konzeptgefunden worden, sagte Müller-Piepenkötter. (dpa, kr)